Erfreulicherweise gab es kaum technisch bedingte Ausfälle, der Wagen war fast
täglich im Einsatz. Das gute Bild, das der Wagen bereits nach 15.000
Kilometern Testfahrt in Wien abgegeben hatte, bestätigte sich nun auch in der
brandenburgischen Landeshauptstadt.
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Auch in Augsburg unterwegs: Combino-Straßenbahn Foto: Siemens |
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Aufgrund der Erfahrungen mit in ähnlicher Konfiguration zusammengestellten
Wagen in Mannheim, Ludwigshafen und Dresden wurden anfangs Probleme
hinsichtlich des Geradeauslaufs befürchtet. Diese Befürchtungen sind
unbegründet, auch nach größerer Laufleistung sind keinerlei Schlingern des
Wagens oder sonstige Abnormitäten im Fahrverhalten feststellbar. Auch
Vorbehalte, das gewählte Antriebskonzept könnte hinsichtlich
Spurkranzverschleiß und Lebensdauer der Getriebe zu Nachteilen führen, konnten
ausgeräumt werden. Der Verschleiß an den Radsätzen ist minimal.
Der tägliche Fahrgasteinsatz bot der Potsdamer Bevölkerung genügend
Gelegenheit, Wünsche und Kritik zu äußern. Viele Hinweise wurden noch
entgegengenommen und fließen in die nun beginnende Serienfertigung ein. Die
gestalterisch interessanten Gruppensitze über den Antrieben werden in der
Anordnung etwas verändert, um allzu intensiven „Beinkontakt" von
nebeneinandersitzenden Fahrgästen zu vermeiden. Als Kinderwagen- und
Rollstuhlstellplätze werden die flächen
gegenüber den Türen II und IV vorgesehen. Zu berücksichtigen war hierbei, daß
der Stellplatz so gestaltet wird, daß ein Rollstuhl bei einer plötzlichen
Bremsung nicht wegrollen kann. Kritiken gab es hinsichtlich der Belüftung des
Wagens. Dies ergab sich aber aus der nicht seriengerechten Zusammenstellung
der Module beim Prototyp. Die Serienwagen werden mit einer ausreichenden
Anzahl von Klappfenstern versehen, für den Fahrerplatz ist eine Klimaanlage
vorgesehen.
Seltsam anziehend wirkt die erste Tür des Wagens. Ausgerechnet diese ist aber
nur einteilig und somit recht schmal. Konstruktiv ist bei diesem Wagentyp aber
mehr nicht drin. Es stand die Alternative, auf diese Tür völlig zu verzichten.
Im Interesse der durchgehenden Begehbarkeit des Zuges wurde aber auf die
vordere Tür Wert gelegt. Auch ist es gerade für ältere Fahrgäste sicherer, im
Sichtbereich des Fahrers ein- und auszusteigen. Sinnvoll wäre die Möglichkeit
einer separaten Betätigung der ersten Tür durch das Fahrpersonal, wie man es
vom Bus kennt. Bei der Schaltung im KT4D (und auch bei allen modernisierten
und neuen Fahrzeugen in Berlin zum Beispiel) kann die erste Tür vom Fahrer nur
dann separat geöffnet
werden, wenn alle anderen Türen auf „Schließen" stehen. Ein kundenfreundliches
Verhalten wird dadurch unnötig erschwert. Auch das soll der Vergangenheit
angehören.
Ausgestanden sind (hoffentlich) die
politischen Querelen um die Entscheidung zum Kauf des „Combino". Der
Aufsichtsrat des ViP steht zu seiner Entscheidung. Maßgebend hierbei: die
Modulbauweise des Combino ist ein entscheidender Beitrag zu günstigeren
Kostenstrukturen im ÖPNV. Immer wieder auftauchende Wortmeldungen aus
politischen Kreisen kann man mittlerweile als Profilierungsversuch fern aller
Sachkenntnis einordnen. Sowohl der Verband Deutscher Verkehrsbetriebe (VDV)
als auch einzelne Betriebe sehen in dem Wagen eine gelungene Konstruktion,
auch die Fachpresse ist sehr optimistisch und schätzt die Potsdamer
Entscheidung als richtig ein. Im Oktober 1998 wird der erste Wagen aus der
jetzt beginnenden Serienfertigung erwartet. Es besteht kein Zweifel, daß er
ohne nennenswerte Probleme dem Betrieb übergeben wird und die Potsdamer
Straßenbahn mit einem modernen, zeitgemäßen Wagenpark die Schwelle zum
neuen Jahrtausend überschreiten kann.
IGEB
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