Sachverhalt
Der Beschwerdeführer wollte von seinem
Wohnort in den Nachbarort fahren. Da
er sich nach seinen eigenen Angaben mit
den verschiedenen Tickets und Preisstufen
nicht auskenne, habe er sich am nahegelegenen
Hauptbahnhof ausführlich beraten
lassen. Eine Bahn-Mitarbeiterin habe dem
Beschwerdeführer dann für seine Fahrt eine
Kurzstreckenstreifenkarte empfohlen mit
der Begründung, „dass man mit dieser Karte
unabhängig von den Tarifzonen in eine Richtung
ab der Einstiegshaltestelle fahren könne“.
Daraufhin kaufte der Beschwerdeführer
die empfohlene Kurzstreckenstreifenkarte.
Bei der Kontrolle wurde dann jedoch die
vorgezeigte Fahrkarte beanstandet, da der
Beschwerdeführer mit dieser Fahrkarte
„nicht so weit fahren könne“. Ihm wurde eine
Fahrpreisnacherhebung über 40 Euro ausgestellt.
Antwort der Beschwerdegegnerin
Gegen diese Forderung legte der Beschwerdeführer
Widerspruch ein und wies darauf
hin, dass ihm diese Fahrkarte am Schalter
nach einem Beratungsgespräch empfohlen
worden sei. Zwar wurde die Forderung aufgrund
des Widerspruchs auf 20 Euro reduziert.
Damit zeigte sich der Beschwerdeführer
aber weiterhin nicht einverstanden und
bat die Schlichtungsstelle um Prüfung und
die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens.
Durch die falsche Beratung habe er
keine richtige Fahrkarte erwerben können.
Schlichtungsarbeit
Die söp prüfte das Anliegen des Beschwerdeführers
und kam zu dem Ergebnis, dass
das erhöhte Beförderungsentgelt unberechtigt
sein könnte.
Zwar stellte die söp zugunsten des Verkehrsunternehmens
fest, dass rein objektiv
die Voraussetzungen für den erhöhten
Fahrpreis nach § 12 Abs. 1 lit. a) Eisenbahn-Verkehrsordnung
(EVO) gegeben waren, da
der Beschwerdeführer bei Antritt der Reise
nicht mit einem gültigen Fahrausweis versehen
war. Für die zurückgelegte Strecke hätte
er eine Fahrkarte der Preisstufe 3 benötigt.
Darüber hinaus stellte die Schlichtungsstelle
positiv fest, dass die Forderung bereits auf
20 Euro ermäßigt worden war.
Dennoch ließ sich nach den glaubhaften
Schilderungen des Beschwerdeführers
nicht gänzlich ausschließen, dass der
Grund für den Kauf der falschen Fahrkarte
die fehlerhafte Auskunft des Verkaufspersonals
war. Gemäß § 9 Abs. 1 VGN-Gemeinschaftstarif
ist der Fahrgast zur
Zahlung eines erhöhten Beförderungsentgelts
nicht verpflichtet, wenn das Beschaffen
eines gültigen Fahrausweises aus
Gründen unterblieben ist, die der Fahrgast
nicht zu vertreten hat. Dies könnte hier der
Fall sein, da sich der Beschwerdeführer auf
die Aussage des Verkaufspersonals verlassen
hat und infolgedessen die Kurzstreckenfahrkarte
kaufte. Eine Beförderungsleistung
wollte er sich offensichtlich nicht
erschleichen.
Zwar ist der Fahrgast grundsätzlich verpflichtet,
die gekaufte Fahrkarte auf deren
Gültigkeit zu überprüfen. Wenn der Reisende
jedoch nicht weiß, welche Fahrkarte er
benötigt, er sich aus diesem Grund beraten
lässt und ihm eine Fahrkarte empfohlen wird,
die dann nicht korrekt ist, hat er gar nicht
die Möglichkeit, die Fahrkarte auf ihre Gültigkeit
zu prüfen. Zugunsten des Beschwerdeführers
kam die Schlichtungsstelle daher
zu dem Ergebnis, dass eine Falschberatung
von Seiten des Verkehrsunternehmens nicht
ausgeschlossen werden kann, so dass die
söp den Verzicht auf die offene Forderung
anregte.
Das Verkehrsunternehmen teilte hierzu
mit, dass das geführte Verkaufsgespräch
nicht mehr rekonstruiert werden könne.
Allerdings sei auch nicht auszuschließen,
dass dem Beschwerdeführer vor Ort eine
falsche Information gegeben wurde. Daher
bot das Verkehrsunternehmen einen Vergleich
dahingehend an, die Forderung auf
den Fahrpreis von 3,30 Euro zu reduzieren.
Mit diesem Vorgehen zeigte sich auch der
Beschwerdeführer einverstanden, so dass
die Angelegenheit gütlich geklärt werden
konnte.
Dr. Katja Schmidt
Reisen per Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff
können von Verkehrsunternehmen wie von
deren Kunden noch so gut geplant und
organisiert sein: Es wird immer wieder zu Problemen
kommen, die Anlass zur Beschwerde
geben. Wer auf seine Beschwerde keine zufriedenstellende
Antwort bekommt, kann sich
an die söp, die Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr, wenden. Sie erarbeitet
dann einen Schlichtungsvorschlag zur
einvernehmlichen und außergerichtlichen
Streitbeilegung. Das erspart allen Beteiligten
Geld, Zeit und Ärger. SIGNAL-Leserinnen und
-Leser können in jeder Ausgabe anhand eines
konkreten Falls einen Einblick in die praktische
Arbeit der söp bekommen.
Aber auch Fahrgäste im Nahverkehr der
Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-
Vorpommern und Sachsen-Anhalt können
sich an die söp wenden, wenn sie auf ihre Beschwerde
hin von der BVG, der S-Bahn Berlin
GmbH oder einem anderen teilnehmenden
Verkehrsunternehmen der Region keine sie
zufriedenstellende Antwort erhalten haben.
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Internet: www.soep-online.de
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
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