„Ich will mein Geld zurück!“ Dieser Aufschrei
könnte ab 1. August öfters in den Reisezentren
und Reisebüros zu vernehmen sein.
Denn die Deutsche Bahn erfindet ihr Fahrkartenangebot
im Fernverkehr neu! Nicht
alle Verbesserungen sind bei genauem
Hinsehen tatsächlich Verbesserungen für
die Bahnkunden, sondern eher für das Unternehmen.
Nur eines ist klar: Das Angebot
wird noch unübersichtlicher.
City-Ticket ausgeweitet
Bisher gab es nur exklusiv für Firmenkunden
erster Klasse und BahnCard-Inhaber
das besondere Bonbon: Das City-Ticket, das
im Sparpreis oder Flexpreis mit BahnCard-Rabatt
integriert war und in 127 Städten
eine kostenlose Nutzung des ÖPNV zum
Startbahnhof bzw vom Zielbahnhof ermöglichte.
Wer keine BahnCard hatte, musste
diese Leistung als sogenanntes City-Mobil
dazukaufen. Künftig enthalten alle Sparpreis-
oder Flexpreisfahrkarten mit einer
Mindestentfernung ab 100 km das freie City-Ticket – unabhängig
von einer BahnCard.
Damit verringern sich erneut die Vorteile
einer BahnCard, nachdem man zuletzt die
Rabattierung bei internationalen Fahrkarten
(sog. RailPlus) verschlechtert hatte. Plant
die DB etwa, die BahnCard immer unattraktiver
zu machen, um sie irgendwann ohne
großen Widerstand abschaffen zu können?
Familien-BahnCard abgeschafft
Unter dem Aspekt, familienfreundlich zu
sein, hatte die Bahn für Inhaber einer Bahn-Card25
zweiter Klasse bisher das Angebot,
für den Ehe-/Lebenspartner und die Kinder
für nur je 10 Euro eine Zusatz-BahnCard zu
erwerben. Inhaber ohne Kind können zu ihrer
eigenen BC25 die Partner-BahnCard für
41 Euro (81 Euro erste Klasse) bekommen.
Nun werden die 10-Euro-Zusatzkarten
gestrichen. Während der Partner die teurere
Partner-BahnCard kaufen muss, wird für
Kinder auf die Jugend-BahnCard verwiesen,
die ebenfalls 10 Euro kostet, aber mit einer
Gültigkeit in erster und zweiter Klasse sowie
einer längeren Geltungsdauer vom Ausstellungstag
bis zum Ablauf des 19. Lebensjahres
punkten kann.
Flexpreis flexibler
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Foto: IGEB |
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Der Flexpreis wird flexibler, aber nur für
Geschäftsreisende! Nachdem die Deutsche
Bahn die Flexibilität des Normalpreises reduzierte
und ihn Flexpreis taufte und mit der
Einführung vom „Differenzierten Flexpreis“
die Flexibilität noch weiter schrumpfte,
stellte man erschrocken fest, dass die Firmenkunden
bei ihren Geschäftsreisen mehr
Flexibilität benötigen.
Darum führte die Bahn zum Fahrplanwechsel
im Dezember 2017 den „Flexpreis
Business“ in der ersten Klasse ein. Die Geltungsdauer
der Fahrkarte beginnt bereits
einen Tag vor dem beim Kauf gewünschten
Reisetag – falls es doch einen Tag früher losgehen
soll – und erstreckt sich bis sieben
Tage nach dem angegebenen Wunschreisetag.
Ab dem Fahrtantritt innerhalb der Geltungsdauer
gelten die Flexpreis-Business-
Fahrkarten über 100 km maximal zwei Tage,
Fahrkarten bis 100 km einen Tag.
Da es aber Firmen gibt, die ihren geschäftlich
Reisenden keinen „Ersteklasseluxus“
gönnen oder zahlen können, wird nun
der Flexpreis Business auch in der zweiten
Klasse eingeführt. Die in der ersten Klasse
kostenfreie Reservierung wird hier natürlich
auch gewährt. Diese Flexibilität lässt sich
die Bahn aber mit einem höheren Fahrpreis
versilbern.
Weiter flexibilisiert wird auch die Einnahmenspanne
der Deutschen Bahn beim
Differenzierten Flexpreis für „Normalkunden“.
Ohne großes Aufsehen hat die DB den
tagesabhängigen Ab- bzw. Aufschlag vom
Flexpreis auf bis zu 8,9 Prozent erhöht!
Wie wir bereits befürchtet haben, missbraucht
man den Differenzierten Flexpreis,
um an Tagen mit besser ausgelasteten Zügen
die Kunden verstärkt zur Kasse bitten zu
können. Dabei ist es keineswegs erwiesen,
dass die Dynamisierung von Normal- und
Flexpreisen ein geeignetes Instrument zur
Auslastungssteuerung ist, da vor allem die
Pendlerverkehre kaum verschiebbar sind.
Der sogenannte Maximalpreis für die
einfache Fahrt – also die Obergrenze des
Flexpreises – beträgt nun 163,50 Euro in der
zweiten und 275,50 Euro in der ersten Klasse.
Sparpreis-Storno günstiger
Die Stornierung eines Sparpreis-Tickets wird
günstiger, aber man sieht trotzdem keinen
Cent! Wie geht das?
Wenn man künftig einen Sparpreis – der
ab 1. August 2018 gekauft wurde – vor dem
ersten Geltungstag storniert, dann kostet
die Stornogebühr keine 19 Euro mehr, sondern
nur noch 10 Euro. Gute Entscheidung!
Der Haken an der Sache ist, dass die Rückzahlung
nicht mehr auf das Konto, die Kreditkarte
oder bar auf die Hand erfolgt, sondern
man erhält nur noch einen Gutschein
ausgehändigt, der dann für die nächste
Fahrt eingelöst werden kann. Dafür hat der
Kunde maximal drei Jahre Zeit. Das Geld behält
die Bahn also einfach ein.
Die Bahnkunden wollen das so, habe die
DB bei Teststudien in einigen Reisezentren
festgestellt. Wirklich? Da konnten die
Kunden nämlich noch wählen, ob sie eine
normale Auszahlung bei voller Gebühr oder
eine günstigere Gebühr gegen Gutscheinausgabe
möchten. Hätte die Bahn das auf
freiwilliger Entscheidungsbasis des Kunden
fortgeführt, wäre es in Ordnung, aber der
Gutscheinzwang ist abzulehnen!
„Super Sparpreis“ kehrt zurück
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Die wichtigsten Konditionen der DB-Angebote im Vergleich. War früher der Preisunterschied über den Komfort der einst vier Wagenklassen definiert, so ist das heute vorherrschende Komfortmerkmal die Flexibilität. Nach Angaben der DB AG, Zusammenstellung: IGEB |
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Der „Super Sparpreis“ kehrt zurück? Schön
wäre es! Mit dem SuperSparpreis, der bis zur
Einführung des PEP-Tarifsystems (PEP: Preisund
Erlösmanagement Personenverkehr) im
Dezember 2002 galt, hat das Angebot leider
nichts mehr zu tun. Vielmehr ist das Ticket,
das es zum 1. August ab 19,90 Euro in der
zweiten und ab 29,90 Euro in der ersten Klasse
geben wird, nichts anderes als ein „Sparpreis
LIGHT”. Bereits seit Jahren gibt es den
Sparpreis ab zuletzt 29,90 Euro und unter
250 km sogar schon ab 19,90 Euro.
Der neue „Super Sparpreis“ soll als „günstiges
Einstiegsangebot“ für diejenigen dienen,
die auf die erweiterten Leistungen des
Sparpreis verzichten können. Im Klartext
verzichtet der Bahnkunde auf das City-Ticket,
eine Nutzbarkeit der DB-Lounge mit
einem Erster-Klasse-Fahrschein, und vor
allem verzichtet er auf die Möglichkeit, die
Fahrkarte vor dem ersten Geltungstag stornieren
oder umbuchen zu können. Hier wird
es so manches böse Erwachen am Fahrkartenschalter
geben: Kann der Kunde die Fahrt
nicht nutzen, ist das Geld für die Mülltonne!
Auch das hätten die Kunden explizit so gewollt!
Wirklich?
Wir halten das für eine Mogelpackung.
Denn mit dem bisherigen Sparpreis gibt
es bereits ein preiswertes Angebot (neu ab
23,90 statt 19,90 Euro!), sofern Kontingente
zur Verfügung gestellt werden. Und daran
wird es hängen: an den Kontingenten.
Da beide Angebote parallel bestehen
werden, stellt sich die Frage: Wie will man
die Kunden dazu bewegen, das Angebot mit
den schlechteren Konditionen zu kaufen?
Über den Preis und die Kontingente! Also ist
wohl davon auszugehen, dass die niedrigen
Preisstufen des Sparpreises künftig seltener
zur Verfügung stehen werden.
Interessant wird dabei sein, wie hoch
künftig der Preisunterschied zwischen Super-
und „Normal“-Sparpreis ausfallen wird:
zehn, zwanzig oder noch mehr Euro!? Hier
gilt es, unauffällig die Schmerzgrenze der
Bahnkunden auszuloten. Nüchtern betrachtet
wird sich der Kunde die Option der Stornierbarkeit
künftig über die Preisdifferenz
(abzüglich von ein paar Euro für die ÖPNVNutzung)
erkaufen müssen!
Wer jetzt zumindest hofft, wenigstens immer
für günstige 19,90 Euro mit dem „Super
Sparpreis“ quer durch Deutschland fahren
zu können, der irrt. Denn auch dieses Angebot
wird in Abhängigkeit von der Zugauslastung
im Preis steigen!
Mit dem „Super Sparpreis Europa“ will die
Bahn übrigens auch den Sparpreis Europa
unterwandern.
Irrweg wird weiter beschritten
Bereits Anfang der 2000er Jahre versprach die
Deutsche Bahn, ein einfaches, günstiges und
transparentes Preissystem schaffen zu wollen.
Mit der neuen „Tarifanpassung“ zum 1. August
2018 hat man sich erneut und noch weiter von
diesem Vorhaben entfernt. Das Streben nach
kurzfristiger Gewinnmaximierung könnte, so
fürchten wir, dem ökologischen Schienen-Fernverkehr zum Verhängnis werden.
Berliner Fahrgastverband IGEB
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