Mit dem im Masterplan Schienengüterverkehr
beschriebenen Maßnahmenbündel
soll endlich eine dauerhafte Verbesserung
der Wettbewerbs- und Logistikfähigkeit
des Schienengüterverkehrs erreicht werden.
Es wird dazu u. a. – richtigerweise –
festgestellt, dass die Schieneninfrastrukturnutzungsentgelte
auf ein wettbewerbsfähigeres
Niveau gebracht werden müssen.
Eine deutliche Reduzierung der Trassengebühren
senkt die Produktionskosten
im Schienengüterverkehr und verbessert
damit die Wettbewerbsfähigkeit vor allem
gegenüber dem Lkw-Verkehr.
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Zugbildungsanlage Halle (Saale). „Mehr Güterverkehr auf die umweltfreundliche Schiene zu verlagern“ ist eines der Ziele gemäß Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD. Inwieweit die am 29. Juni 2018 eröffnete Zugbildungsanlage Halle (Saale) diesem Anspruch gerecht wird, muss sich dabei noch zeigen, denn nur ein sehr geringer Anteil der Richtungsgleise ermöglicht hier die Bildung von 740 Meter langen Güterzügen – der europäischen Standard-Zuglänge. Foto: André Casper |
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Vor dem Hintergrund der seit Jahren
sinkenden Durchschnitts-Mautsätze und
gesunkener Dieselpreise ist die Höhe der
Trassenpreise gerade für den preissensiblen
Schienengüterverkehr mittlerweile
existenziell. Folgerichtig war als Sofortmaßnahme
die deutliche Reduzierung der
Trassengebühren in den Maßnahmenkatalog
aufgenommen worden. Vorgesehen
war konkret die Bereitstellung von 350
Millionen Euro an Bundesmitteln ab 2018.
Unverständlich: Ende April entschied
die Bundesregierung, dass diese „Sofortmaßnahme“
erst Anfang 2019 umgesetzt
werden soll.
Erst massive Proteste haben zumindest
zu einer teilweisen Korrektur geführt. Im
Rahmen der parlamentarischen Beratungen zum Bundeshaushalt 2018 wurden
175 Millionen Euro für die Reduzierung
der Trassenpreise im Schienengüterverkehr
eingeplant. Mit dem Beschluss des
Haushaltsgesetzes durch den Deutschen
Bundestag am 5. Juli ist eine Umsetzung
der Maßnahme also noch 2018 möglich.
Allerdings sind zuvor noch einige formelle
Hürden zu nehmen.
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Anteil der Güterbahnen am Gesamtverkehr in Deutschland Quelle: Allianz pro Schiene, Basis: BMVI, Destatis. |
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Aber nicht nur in diesem Fall bleibt die
Umsetzung der Einzelmaßnahmen des
Masterplans unbefriedigend.
Mautbefreiung für Elektro-Lkw bedeutet
Bruch der im Masterplan getroffenen
Vereinbarungen
Gemäß dem Entwurf des „Fünften Gesetzes
zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes“
sollen die seit dem 1. Januar
2015 in die Maut eingepreisten Kostenbelastungen
der Luftverschmutzung nun
um die Lärmbelastungskosten ergänzt
werden. Neben dieser zweifellos überfälligen
Korrektur sollen aber auch Fakten
geschaffen werden, die einmal mehr Wettbewerbsnachteile
für den Verkehrsträger
Schiene bedeuten.
So sollen Elektro-Lkw nunmehr komplett
von der Lkw-Maut befreit werden.
Der Gesetzentwurf sieht zwar eine lediglich
„vorübergehende“ Mautbefreiung für
Elektro-Lkw vor; eine konkrete zeitliche
Befristung ist jedoch nicht definiert.
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Erst nach massiven Protesten wurde die Fehlentscheidung, die zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs längst überfällige Trassenpreissenkung in das Jahr 2019 zu verschieben, zumindest teilweise korrigiert. Foto: Christian Schultz |
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In der Konsequenz müsste daher der
elektrisch betriebene Schienengüterverkehr
ebenfalls von den Trassengebühren
befreit werden! Dies ist aber leider nicht
möglich, da EU-Regelungen (Richtlinie
2012/34/EU zur Schaffung eines einheitlichen
europäischen Eisenbahnraums) zwingend
eine Schienenmaut vorschreiben.
Unabhängig von den unfairen Rahmenbedingungen
im Wettbewerb stellt die
Maut-Befreiung für Elektro-Lkw zudem
einen Bruch der im Masterplan Schienengüterverkehr
zwischen Politik und Bahnsektor
getroffenen Vereinbarungen dar. Im
Masterplan wurde nämlich ausdrücklich
festgelegt, dass eine etwaige Privilegierung
von Elektro-Lkw „ausschließlich im
Vor-/Nachlauf zur Schiene im intermodalen
Verkehr“ beschränkt wird.
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Anteile der Verkehrsträger am Güterverkehr 2017 in Deutschland Quelle: Allianz pro Schiene, Basis: BMVI, Destatis. |
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Angesichts unendlicher Lkw-Kolonnen
auf den Bundesfernstraßen, technischer
Mängel an Fahrzeugen, Lenkzeitüberschreitungen
und teilweise ähnlich krimineller
Praktiken des Geschäftsmodells
Straßengüterverkehr und darüber hinaus
regelmäßig schwerster Unfälle auf den
Fernstraßen wäre eine Privilegierung im
Vor-/Nachlauf zur Schiene zu begrüßen.
Stattdessen sollen nun offensichtlich
einmal mehr einseitig die Interessen der
Lkw-Lobby umgesetzt werden.
Fazit
Vom Masterplan Schienengüterverkehr
einmal abgesehen wird mit den jüngsten
Beschlüssen bzw. Entscheidungen das
im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU
und SPD verankerte Ziel, „mehr Güterverkehr
auf die umweltfreundliche Schiene
zu verlagern“, wohl kaum erreicht. Somit
muss bezweifelt werden, ob es überhaupt
ernsthaft gewollt ist, dieses Ziel zu erreichen.
Angesichts der verkehrspolitischen
Rahmenbedingungen in Deutschland
sinken hier die Verkehrsmarktanteile des
Schienengüterverkehrs immer weiter, im
letzten Jahr sogar noch beschleunigt.
Bezogen auf die Verkehrsleistung in
Tonnenkilometern betrug der Marktanteil
der Schiene im Jahr 2011 noch 18,1
Prozent, in 2015 dann 17,9 Prozent und
in 2016 schließlich 17,7 Prozent. Im Jahr
2017 gab es sogar einen Einbruch auf 16,9
Prozent.
Deutscher Bahnkunden-Verband (DBV) und IGEB Fernverkehr
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