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Hunderttausende Arbeitnehmer treibt es zwischen Berlin und Brandenburg hin und her. Aber nur die sozialvericherungspflichtig Beschäftigten sind statistisch erfasst. Die Dunkelziffer ist viel höher! (rot nach und blau aus Berlin) Grafik: BfVst / Quelle: Bundesagentur für Arbeit |
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Früher hatte man eine Arbeit
in Wohnortnähe oder in
Arbeitsnähe eine Wohnung
bzw. ein Haus und verbrachte
oft sein ganzes Arbeitsleben
beim selben Arbeitgeber. In
den letzten Jahrzehnten hat
sich das grundlegend gewandelt.
Die Arbeitsbiografien
dokumentieren heutzutage
eine zunehmende Mobilität,
auch über Bundesländergrenzen
hinweg. Mit Stand
Juni 2017 pendelten regelmäßig
277 424 Menschen nach
Berlin, von denen 210 225
aus Brandenburg kamen. In
die Gegenrichtung fuhren
regelmäßig 166 350 Berliner
von denen es etwa die Hälfte
(87 073) nach Brandenburg
trieb.
Tatsächlich ist die Zahl der
Pendler aber noch höher,
denn die Zahlen der Bundesagentur
für Arbeit erfassen
nur die sozialversicherungspflichtig
Beschäftigten.
Die Freiberufler, (Lebens-)
Künstler, Schwarzarbeiter,
(Schein-)Selbstständigen,
„Gutverdiener” und alle anderen,
die aus der Sozialversicherungspflicht
herausfallen,
sind hier nicht berücksichtigt.
Demzufolge liegt die
„Dunkelziffer” der Pendler
noch um einiges höher. Die
Pendlerströme wurden dabei
auch nur auf Quelle und
Ziel hin dokumentiert, jedoch
nicht auf die Verkehrsmittelwahl.
Man kann also
davon keine unmittelbaren
Rückschlüsse ziehen, ob die
jeweiligen Pendler mit Auto,
Fahrrad, Bus und Bahn oder
zu Fuß unterwegs sind.
Sehr wahrscheinlich ist
aber, dass die Zahl der Pendler
zwischen Berlin und Brandenburg
weiter zunehmen
wird. Nach allen Prognosen
wird die Einwohnerzahl Berlins
auch bis 2030 steigen. Nur
beim Umfang des Anstiegs
gibt es unterschiedliche Einschätzungen.
Zugleich ist in
Berlin der Wohnraum knapp
und teurer. Die Leerstandsreserven
der 1990er Jahre
sind aufgebraucht und neue
Wohnquartiere rar oder für
den „kleinen Mann” kaum
bezahlbar. Da verwundert es
natürlich nicht, wenn jedes
Jahr über dreißigtausend
Menschen, also in der Größenordnung
einer Stadt wie
Schwedt oder Fürstenwalde,
von Berlin in das nahe Umland
ziehen. Folgerichtig wird
es auch dort mit der Zeit eng
werden.
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Nachfrageentwicklung und Handlungsbedarfe aufgrund von Kapazizätspässen. Quelle: MIL/VBB GmbH, Landesnahverkehrsplan 2018 |
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Also rücken die „Städte
der zweiten Reihe” wie
Brandenburg an der Havel,
Neuruppin, Eberswalde, aber
auch Angermünde, Cottbus
und Frankfurt (Oder) zunehmend
in den Fokus. Eines
der wichtigsten Entscheidungskriterien
ist neben den
günstigen Wohn- und Lebenshaltungskosten
sowie
der sozialen Infrastruktur die
gute Verkehrsanbindung an
Berlin, dem Hauptarbeitsort
brandenburger Pendler. Orte
mit umsteigefreien Fahrten
unter einer Stunde und einer
Taktung von zwei oder mehr
Zügen pro Stunde haben da
die Nase vorn. Hinzu kommt
der wachsende Freizeitverkehr,
vor allem Ausflüge in
die Natur, Besuche von Kultur-
und Sportveranstaltungen,
Einkäufe und natürlich
auch private Besuche.
Das wird künftig noch
höhere Fahrgastzahlen und
demzufolge noch vollere
Züge nach sich ziehen, als
heute schon schmerzlich zu
verspüren ist. „Der Platz, der
Fahrgästen oftmals in den
Zügen zur Verfügung steht,
lässt ungefähr erahnen, wie
sich die armen Viecher in
manch brandenburger Stall
fühlen”, formulierte es der
Abgeordnete Michael Jungclaus
(Bü90/Grüne) im Brandenburger
Landtag recht
treffend. Prognostiziert werden
bis 2030 im Schnitt Zuwächse
von 10 bis 50 Prozent,
auf dem Abschnitt von/nach
nach Königs Wusterhausen
sogar über 90 Prozent. Doch
wie kann das sein? Die Bevölkerung
wird dort wohl kaum
so rasant zunehmen. Natürlich
nicht, denn in die Prognosen
fließen auch andere
Werte, wie beispielsweise
Verbesserungen des Angebotes
und die sich verändernde
Verkehrsmittelwahl
mit ein. Hier geht nämlich
der Trend künftig deutlicher
zur Nutzung öffentlicher Verkehre.
Berliner Fahrgastverband IGEB
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