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Hier am Lienhardweg entstand diese Stumpfendstelle. Wer zügig nach Wendenschloß will, steigt lieber hier aus und läuft zu Fuß weiter, statt 8 Minuten auf den SEV zu warten. Foto: Tom Gerlich |
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Baustelle Wendenschloßstraße
600 Meter Abwasserkanal mussten auf dem
Abschnitt in der Wendenschloßstraße zwischen
den Haltestellen Lienhardweg und
Wendenschloss erneuert werden. Hierzu
wurde am Lienhardweg eine provisorische
Stumpfendstelle eingerichtet. Fahrgäste, die
normalerweise an den nicht mehr angefahrenen
Haltestellen Müggelbergallee oder
Wendenschloß aussteigen, sollten an der
Haltestelle „Zur Nachtheide“ (eine Haltestelle
vor Lienhardweg) in einen Bus umsteigen.
Der Haken an der Sache: Der Bus fährt täglich
rund um die Uhr nur alle 20 Minuten, die
Straßenbahn alle 10 Minuten. Zugleich wurden
Fahrgästen in beiden Richtungen ganze
8 Minuten eingeräumt – für die Abfahrt am
selben Haltestellenmast in die eine Richtung
bzw. das bloße Überqueren einer Straße in
die Gegenrichtung.
Obwohl der Schienenersatzverkehr (SEV)
von keinerlei Stau oder operativen Sperrungen
betroffen war, wurde der SEV-Fahrplan
maximal ungünstig zur Straßenbahn gelegt
(siehe Kasten). Wer die beiden vom SEV
bedienten Haltestellen erreichen wollte,
konnte genauso gut eine Haltestelle mit der
Straßenbahn weiterfahren und war bei normaler
Gehweise ebenso schnell dort wie der
Ersatzverkehr.
Baustellen Bahnhofstraße
Wegen Bauarbeiten in der Bahnhofstraße
fuhren vom 2. März bis zum 7. Juni keine
Straßenbahnen durch die Köpenicker Bahnhofstraße
(sowie in Friedrichshagen und
Richtung Mahlsdorf). Ersatzbusse übernahmen
diesen Abschnitt.
Für die Linien 62 und 63 fuhren die Busse
durch die Bahnhofstraße weiter über die
Dammbrücke Richtung Altstadt Köpenick.
Vor dem Rathaus Köpenick war jedoch für
Fahrgäste die Fahrt beendet. Wer hier Richtung
Krankenhaus Köpenick weiter wollte,
musste wieder in die Straßenbahn umsteigen.
Und dies, obwohl der SEV-Bus ab dort
als Betriebsfahrt ebenfalls
zum Krankenhaus Köpenick
fuhr! In einer Zeit, in
der alle aufgrund von Corona
zu Abstand aufgefordert
wurden, setzte die BVG ihre
Fahrgäste vor die Tür und
fuhr 4 Haltestellen zum
Krankenhaus Köpenick leer
weiter!
Auch für die Linien 68
und 61 ließ die BVG bereits
am Rathaus Köpenick die
Fahrgäste aus dem SEV aussteigen,
und dann fuhren
die Busse leer zur Betriebshaltestelle
Köllnischer Platz
über die Lange Brücke.
Nach Beendigung der
Baustelle Bahnhofstraße
konnte die 61 jedoch weiterhin
nicht in ihrer originalen
Linienführung durch
den Müggelseedamm fahren:
Am 5. Juni gab die BVG
bekannt, dass da ja noch
eine Fahrleitung zu sanieren sei und der
Abschnitt zwischen Hirschgarten und Bölschestraße
für weitere 7 Wochen gesperrt
werden muss.
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Der Ersatzverkehr für die Sperrung der Bahnhofstraße fuhr noch weit aus dem Kartenausschnitt hinaus bis Krankenhaus Köpenick und Köllnischer Platz. Nur leider ab Rathaus Köpenick unter Ausschluss der Fahrgäste. Abb: BVG |
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Pikant hierbei: Anfang Juni war der Straßenbahnverkehr
bereits seit 10 Monaten
wegen eines Rohrbruches in der Seelenbinderstraße
in Friedrichshagen eingestellt. Die
Einschränkung aufgrund der Havarie in der
Seelenbinderstraße ging nahtlos über in die
planmäßige Baustelle in der Bahnhofstraße
– und die BVG schaffte es nicht, binnen
40 Wochen die Erneuerung von 2000 Meter
Oberleitung in dieser Sperrpause unterzubringen?
Baustelle Altstadt Köpenick
Nach der Wiedereröffnung der Bahnhofstraße
für den Straßenbahnverkehr am 8. Juni
ging es nahtlos weiter mit der Sperrung der
Gleise in der Altstadt Köpenick. Für die Erneuerung
von 350 Metern Gleis und einer
Weiche wurden die Linien 27, 61, 62, 63, 67
und 68 für 7 Wochen unterbrochen.
Diesmal begannen die Ersatzbusse für die
68 am Bahnhof Grünau und für die 61 und
63 in Adlershof und brachten die Fahrgäste
zur Bahnhofstraße. Die Busse für die 27, 62
und 67 begannen nun am Krankenhaus Köpenick,
genau dort wo sie in der vorherigen
Bauphase noch als Betriebsfahrt, also
unter
Ausschluss der Fahrgäste, hinfuhren. Warum
ging das nicht bereits in der Bauphase
davor?
In dieser Bauphase traf es nun Fahrgäste,
die am Bahnhof Köpenick mit der S-Bahn
ankamen und weiter mit 62 oder 63 Richtung
Mahlsdorf fahren wollten: Die Straßenbahnlinien
62 und 63 hielten zwar direkt vor
dem Bahnhof Köpenick in der eigentlich
günstigsten Position, die dieser Umsteigeknoten
überhaupt vorweisen kann: im
Stellingdamm, direkt am Bahnhofseingang.
Dort jedoch brachte es den Fahrgästen leider
nichts, in die Bahn einzusteigen. Diese
fuhr zur Endhaltestelle in der Hirtestraße
und machte dort wochentags erst einmal 7
Minuten Pause. Wer am Wochenende oder
spätabends in die Bahn einstieg, konnte
dem Fahrpersonal sogar 17 Minuten beim
Pausieren zuschauen.
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Erst hier sollen die Fahrrgäste in die Straßenbahn Richtung Mahlsdorf einsteigen. Mit dem üblichen hastigen Übergang vom verspäteten SEV zur Straßenbahn. Ob sie auch wartet? |
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Eine Szene, die sich hier wahrscheinlich besondern in der ersten Woche alle 10 Minuten abspielte. Fahrgäste fragen das Fahrpersonal, ob sie schon einsteigen können. Fotos: Tom Gerlich |
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In der Bauphase der Sperrung der Altstadt Köpenick war ein Großteil des Straßenbahnnetzes in Köpenick gesperrt. Abb: BVG |
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Die Baubetriebsplaner der BVG hatten
sich das anders vorgestellt: Wer am Bahnhof
ankommt, sollte auf einen – dank zugestauter
Bahnhofstraße – unzuverlässigen SEV
warten, um mit diesem eine Station weiter
Richtung Norden zur Haltestelle Mahlsdorfer/
Gehsener Straße vorzufahren. Und dort
wäre der Umstieg zur Straßenbahn.
Das Erstaunliche daran: Die BVG selbst
zeigte noch im Jahr 2017, wie es besser geht:
Die Bahnen kamen von Mahlsdorf und
fuhren in die Gleisschleife Hirtestraße, das
Fahrpersonal machte Pause. Anschließend
fuhren die Bahnen ein zweites Mal an die
Haltestelle am S-Bahnhof Köpenick vor, um
nun die Fahrgäste einsteigen zu lassen. Der
Unterschied in diesem Jahr: Auch die 27 befuhr
die Wendeschleife Hirtestraße. Sofern
dies ein Problem darstellen würde, wäre
eine Möglichkeit gewesen, die 27 in der
Gleisschleife Mahlsdorf Süd wenden zu lassen.
Fazit
Schlecht abgestimmter SEV-Fahrplan in
Wendenschloß, lange Leerfahrten auf verkehrlich
bedeutenden Abschnitten Richtung
Krankenhaus Köpenick und Köllnischer
Platz, schlechte Baukoordination im
Müggelseedamm und unnötige Umstiege
am S-Bahnhof Köpenick mit Gefahr des Anschlussverlustes.
Diese Bilanz zieht die IGEB
aus der Baustellenfahrplanung der BVG in
Köpenick.
Es wäre an der Zeit, dass künftig ein
weiteres unabhängiges Unternehmen, beispielsweise
das für die Kontrolle der BVG
zuständige „Center Nahverkehr Berlin“, die
Fahrpläne von Ersatzverkehren überprüft
und die BVG zu Anpassungen auffordert.
Teil der Prüfung sollte sein: Kurze Anschlüsse,
Leerfahrten vermeiden, fahrgastfreundliche
Umstiege.
Kleine fahrplanerische Aufgabe
Angenommen, Sie sind Fahrplaner bei
der BVG und müssen nun für eine kurze
SEV-Linie, die keine weitere Aufgabe
hat, als einen Zu- und Abbringer zur
Straßenbahn herzustellen, die ideale
Abfahrtsminute ermitteln.
Die Straßenbahn kommt zur Minute
4, 14, 24 an und fährt zur Minute 00, 10,
20 ab. Da der SEV am Umsteigepunkt
keine Aufenthaltszeit einlegen kann,
stellt sich folgende Frage: Wann wäre
die ideale und wann wäre die ungünstigste
Abfahrtszeit?
Die Antwort: Die schlechteste Abfahrtszeit
wäre die zur Minute 2. Aus
beiden Richtungen (Tram-SEV und
SEV-Tram) müssten die Fahrgäste je
8 Minuten beim Umsteigen warten. Die
ideale Abfahrtszeit wäre die Minute 7.
Hier müssten die Fahrgäste je Richtung
3 Minuten warten.
Welche Abfahrtsminute hat die BVG
gewählt? Richtig, die schlechteste. Abfahrt
zur Minute 2!
IGEB Stadtverkehr
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