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Ab dem Fahrplanwechsel Ende Mai 2006 will
die S-Bahn Berlin GmbH sogenannte
Vollringzüge fahren, die nicht
mehr von bzw. nach Schöneweide
ein- und ausfädeln. Außerdem
wird der 10-Minuten-Grundtakt auf dem
Ring eingeführt.
Das derzeit praktizierte „Schneckenkonzept"
auf dem Ring mit Übergang von Ringzügen
nach Schöneweide ist relativ störanfällig.
Häufig sind Verspätungen zu beobachten.
Um die Betriebslage zu stabilisieren, favorisiert
die S-Bahn Berlin nun den Vollringbetrieb.
Sie hofft, dass sich auftretende Verspätungen
durch bestimmte Maßnahmen
reduzieren lassen und dass, wenn es doch
Verspätungen gibt, diese für die Fahrgäste
nur geringe Auswirkungen haben, weil alle
Züge denselben Weg fahren.
Eine Runde eine Stunde
Um einen glatten Takt von 10 Minuten zu
gewährleisten, ist es nötig, die Umlaufzeit
für eine Ringrunde von jetzt 63 Minuten
auf 60 Minuten zu drücken. Dazu plant die
S-Bahn:
- Reiner Einsatz von Zügen der modernsten
Baureihe 481 auf dem Ring. Der 481er-Einsatz
ist machbar, wenn die 485er, die
derzeit auf dem Ring unterwegs sind, auf
die S 9 (Spandau—Schönefeld) und die
S-5-Verstärker gelegt werden. Somit können
die 481er auf dem Ring ihre höhere
Beschleunigung sinnvoll ausspielen. Entsprechend
werden auch die in den Ring
mündenden Linien von und nach Schöneweide
mit 481ern betrieben.
- Keine Baustellen auf dem Ring. Die Baustelle
Papestraße ist für den Ring soweit
beendet, dass keine betrieblichen Beeinträchtigungen
mehr zu erwarten sind. Bei
der künftigen Baustelle Ostkreuz ist die
S-Bahn optimistisch, dass durch geschicktes
Baumanagement (Verschwenkung der
S-Bahn an den künftigen Regional-Ring-Bahnsteig)
die Störungen auf wenige Tage
begrenzt werden können.
- Zugfahrer-Selbstabfertigung (ZAT) auf
den Ringbahnhöfen. Durch ZAT, das auf
dem Ring ab 2007 voll greifen soll, werden
Verzögerungen bei der Abfertigung
vermieden. So lassen sich ein paar Sekunden
auf jedem Bahnhof sparen. Dieser Beschleunigungseffekt
ist auch vor einigen
Jahren bei der U-Bahn eingetreten.
- Bau einer Zugbildungsanlage zwischen
Papestraße (künftig Südkreuz) und Tempelhof
mit voraussichtlich fünf Gleisen, zu
befahren von Westen und von Osten. Eine
solche Anlage ist für 2008 geplant. Die
alte Wagenhalle ist abgängig und wird
abgerissen. Die Maßnahme ist betrieblich
wichtig zum Austausch von Zügen, die ja
praktisch ununterbrochen ohne Endpunkt
auf dem Ring rotieren.
- Modernisierung des über zwölf Jahre alten
elektronischen Stellwerkes für den
Ring. Auch diese Investition ist für 2008
geplant.
- Bau eines dritten Bahnsteiggleises in Westend
zum bequemen Austausch von Zügen
(noch ohne Termin).
Halbzüge im Berufsverkehr
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Betriebskonzept S-Bahn Berlin Jahresfahrplan ab Mai 2006 Zuggruppenangebot HVZ (Regelangebot)/20-Minuten-Grundtakt Grafik: S-Bahn Berlin GmbH |
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Der Grundtakt soll 10 Minuten betragen anstatt
7/7/6 Minuten wie bisher, dafür werden
8-Wagen-Züge eingesetzt. Nur in der
Hauptverkehrszeit (HVZ) wird der Takt auf
4/6-Minuten verdichtet. Die S-Bahn will die
HVZ-Züge nur mit vier Wagen fahren. Der
Berliner Fahrgastverband IGEB befürchtet
dadurch verlängerte Aufenthaltszeiten auf
den Bahnhöfen, da Fahrgäste unter Umständen
erst 75 Meter über den Bahnsteig spurten
müssen. Hier ist sicher der Einsatz von
6-Wagen-Zügen sinnvoller.
Nordring ausgedünnt
Zusätzlich zu den Vollringzügen fahren auf
dem Süd- und Ostring abschnittsweise die
Linien von und nach Schöneweide. Das ergibt
folgendes Betriebskonzept:
- S41 Vollring im Uhrzeigersinn (2 Zuggruppen
(ZG), in HVZ 4 ZG)
- S 42 Vollring entgegen dem Uhrzeigersinn
(2 ZG, in HVZ 4 ZG)
- S 45 Schönefeld—Hermannstraße
- S 46 Königs Wusterhausen—Westend
- S47 Spindlersfeld—Papestraße (künftiger
Name Südkreuz)
- S 8 Zeuthen—Ostring—Pankow—Birkenwerder
- S 85 Grünau—Ostring—Waidmannslust
Das bedeutet für das Querschnittsangebot
eine Schwächung außerhalb der HVZ gegenüber
dem heutigen Zustand. Besonders trifft
es dabei den Nordring (Westend—Schönhauser
Allee), denn hier kommt außerhalb
der HVZ nur noch alle 10 Minuten ein Zug
pro Richtung. Überlagernde Linien gibt es
hier nicht. Das entspricht nach Ansicht der
IGEB nicht den Erwartungen der Fahrgäste
an eine strukturell so wichtige Strecke wie
den Ring. Wünschenswert ist deshalb eine
Verlängerung der S 46 von Westend nach
Greifswalder Straße.
Wem nutzt der Vollring?
Die grundsätzliche Fragwürdigkeit des Vollringbetriebes
aus Fahrgastsicht wurde bereits
im SIGNAL Heft 3/2005 , Seite 8-9 besprochen,
wo das Zielnetz 2010 vorgestellt wurde.
Der Vollring, bereits von 1944 bis 1961
als Kriegsprovisorium betrieben, erzeugt für
Fahrgäste Richtung Schöneweide zusätzliche
Umsteigezwänge. Wer von Spindlersfeld in die
westliche Innenstadt will, der kommt mit seinem
Zug nicht einmal bis zur U 9 am Bundesplatz.
Keinem normalen Fahrgast nützt eine
volle Ringrunde etwas, denn er wird maximal
eine halbe Runde mitfahren. Für die Betriebsleitung
und die Marketingabteilung der S-Bahn
sowie Eisenbahnfreunde ist der Vollring sicher
ein Gewinn. Den meisten anderen Fahrgästen
bleibt immerhin die Hoffnung auf einen stabilisierten
Ringbetrieb mit pünktlicheren Zügen
und gesicherten Anschlüssen. (fm) IGEB S-Bahn und Regionalverkehr
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