Aktuell

S-Bahn Zielnetz 2010

Die S-Bahn Berlin GmbH hat ihre Planungen für ihr Zielnetz im Jahre 2010 vorgestellt. Diese fußen auf den Vorgaben des Verkehrsvertrages zwischen dem Land Berlin und der S-Bahn.

Gemäß Verkehrsvertrag muß die S-Bahn 28,97 Millionen Zugkilometer pro Jahr erbringen. Mehrleistungen im bestehenden Netz hat das Unternehmen nicht vorgesehen, nur Umverteilungen. Die Auslastung soll von 30 auf 38 Prozent im Jahr 2009 steigen. Dazu sind 650 Viertelzüge nötig.

Vollring

Bahnhof
Für den Vollringbetrieb ist ein drittes Bahnsteiggleis an einem Ringbahnhof nötig. Der Bahnhof Westend ist dafür geeignet. Die Finanzierung ist aber noch ungeklärt. Foto: Florian Müller

Der Ring soll bereits ab Mai 2006 als Vollring betrieben werden. Die Aufgabe des bisher praktizierten Schneckenkonzepts setzt Zugkilometer auf dem Westring frei, die nach Ansicht der S-Bahn an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt werden können. Allerdings ist für den Vollringbetrieb Voraussetzung, daß die heutigen Baustellen auf dem Ring verschwinden und trotz der bevorstehenden jahrelangen Baumaßnahmen am Ostkreuz die Ringrunde in 60 Minuten zu schaffen ist. Ebenso wäre ein Ringbahnhof mit einer neuen dritten Bahnsteigkante wichtig, um Züge im laufenden Betrieb auswechseln zu können.

Hierfür würde sich zum Beispiel der Bahnhof Westend anbieten. Die meisten von der Görlitzer Bahn (Schöneweide) kommenden Züge würden dann bereits auf dem Südring enden.

Netzausbau

Nach Strausberg Nord soll alle 20 Minuten statt heute alle 40 Minuten gefahren werden. Dazu muß in Hegermühle gekreuzt werden können. Ebenso soll durch den Bau eines zweiten Gleises von Schönholz nach Tegel und von Schöneweide nach Oberspree ein 10-Minuten-Takt möglich werden. Allerdings ist die Finanzierung für all diese Bauvorhaben noch völlig ungeklärt.

Bis 2015 stehen noch die Netzerweiterungen von Spandau nach Falkensee oder Finkenkrug, die S 21 Nord von Wedding über Hautbahnhof/Lehrter Bahnhof (Spitzkehre) nach Westhafen sowie die Flughafenanbindung Schönefeld Süd im Programm. Auch hierbei ist die Realisierung jeweils noch ungewiß.

IGEB-Bewertung

Der geplante Vollringverkehr, den es schon als Kriegsprovisorium zwischen 1944 und 1961 gab, könnte einerseits die Betriebsführung auf dem Ring stabilisieren. Andererseits sind Fahrgäste aus Richtung Schöneweide zum Umsteigen gezwungen. Weil die S-Bahn den Ring mit Dreiviertelzügen im 7/7/6-Minuten-Takt befahren will, befürchtet der Fahrgastverband für den Berufsverkehr Kapazitätsprobleme. Zweckmäßiger wäre ein 5-Minuten-Takt, alternativ sollte der 7/7/6-Minuten-Takt mit Vollzügen betrieben werden.

Linien Grafik
Betriebskonzept S-Bahn Berlin Angebotsplanung nach Verkehrsvertrag Grafik: S-Bahn Berlin GmbH

Ohne einen Ausbau der Infrastruktur auf dem Ring ist das Vollringkonzept kaum stabil fahrbar. Die Ringzüge erreichen auf ihrem Laufweg keine Betriebswerkstatt. Entweder erzeugt jedes Aufsuchen der Werkstatt eine Leerfahrt und ist mangels Zugtauschmöglichkeiten nur nachts möglich. Oder ein Bahnhof im Bereich Südring—Westend—Gesundbrunnen, in dem Züge aus Schöneweide planmäßig enden, erhält mindestens ein drittes Bahnsteiggleis, so daß in jeder Richtung am selben Bahnsteig ein Zugtausch stattfinden kann. So könnten die Fahrgäste am selben Bahnsteig in den Tauschzug umsteigen.

Infobox: Vergleich Ringverkehr 4 Zuggruppen (ZG) mit 3/4-Zügen und 3 ZG mit 4/4-Zügen bieten die gleiche Kapazität beim gleichen Wageneinsatz. Für den Fahrgast sind 4 ZG natürlich attraktiver als 3. Falls außerhalb des Berufsverkehrs diese Kapazität nicht benötigt wird, kann ein differenziertes Modell aus zwei Stammzuggruppen mit Vollzügen und zwei Berufsverkehrs-ZG mit Halbzügen gefahren werden. Das ausgedünnte Angebot gegenüber den ersten beiden Betriebsmodellen macht das differenzierte Modell aus Fahrgastsicht zur zweiten Wahl.

Ungünstig ist auch die Planung, die Züge der S 45 von Schönefeld und S 47 von Spindlersfeld bereits in Tempelhof bzw. in Papestraße enden zu lassen. Während auf dem Ring zusteigende Fahrgäste nie mehr als eine halbe Runde fahren müssen, haben solche aus dem Raum Schöneweide weitere Wege zu ihren Umsteigebahnhöfen, zum Beispiel in die Innenstadt, zurückzulegen. Das zusätzliche Umsteigen vernichtet den Fahrzeitvorteil des Südrings gegenüber der Stadtbahn. Deshalb sollten die Linien S 45 und S 47 mindestens Westkreuz erreichen, besser Westend. Bei einem Endpunkt in Westend bietet sich die Möglichkeit, diesen Bahnhof mittels eines dritten Gleises am vorhandenen aber nicht genutzten zweiten Bahnsteiges zu einem Tauschbahnhof für die Ringzüge auszubauen. Die von der S-Bahn vorgesehenen Endbahnhöfe Tempelhof und Papestraße bieten diese Ausbaumöglichkeit nicht.

Verbesserungswürdig ist ebenfalls das Angebot der heutigen Linien S 8 und S 85 auf dem Ostring. Der Einsatz von Halbzügen führt auch hier im Berufsverkehr zu Überfüllungen. Wir schlagen daher die Führung der S 8 von Zeuthen nach Hennigsdorf mit Dreiviertel-Zügen vor. Die Tageszuggruppe (heute S 85) könnte dann die Fahrten nach Birkenwerder übernehmen.

Nach Angaben der S-Bahn sind die Verkehrsströme von Potsdam auf die Wannseebahn und auf die Stadtbahn etwa gleichmäßig verteilt. Aufgrund des attraktiven RE-1-Angebotes von Potsdam über die Stadtbahn, also parallel zur S 7, sollte die S 1 die Stammlinie nach Potsdam werden. (fm)

IGEB S-Bahn und Regionalverkehr

aus SIGNAL 3/2005 (Juni/Juli 2005), Seite 8-9

 

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