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"Eine dichtere Fahrplanfolge bei Bussen und
Bahnen" als eine von mehreren "Maßnahmen einer
umweltorientierten Verkehrspolitik", mit denen
"der Senat versucht, die Problematik konkret
zu bewältigen", versprach die Senatsverwaltung
für Stadtentwicklung und Umweltschutz dem
SIGNAL-Leser Gert Worm. Dieser Senatsbrief
vom 10.1.92 kann ein Jahr später bestenfalls als
Satire gewertet werden. Angesichts der jüngsten
Fahrplanverschlechterungen ohne Rücksicht auf
die Umwelt und auf die in den letzten Jahren stark
gestiegenen Fahrgastzahlen wird deutlich, wie
sehr sich bei diesem Senat Worte und Taten widersprechen.
Hauptstadtverkehr im Halbstundentakt
Der Gipfel der Frechheit bei den Fahrplanausdünnungen
zum Jaheswechsel ist der 30-Minuten-Takt auf
innerstädtischen Buslinien. So verkehrt
beispielsweise die Linie 123 abends und sonntags
nur noch alle 30 Minuten. Und die City-Linie 219,
die immerhin den Kurfürstendamm mit dem
Messegelände und der Deutschlandhalle verbindet,
verkehrt sogar wochentags (außer im Berufsverkehr)
im völlig indiskutablen Halbstundentakt.
Bisher galt in Berlin der 20-Minuten-Takt als
"Schmerzgrenze" für die Fahrgäste. Lediglich im
Nachtverkehr zwischen etwa 1.00 und 4.30 Uhr
fahren fast alle Buslinien nur im 30-Minuten-Takt.
Deshalb wird mit der Einführung des 30-Minuten-Taktes
auf Tageslinien in der Innenstadt
eine "Schallmauer" durchbrochen, was von der
IGEB als alarmierndes Signal Für weitere massive
Betriebseinschränkungen und Taktausdünnungen
gewertet wird.
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Citybuslinie 145. Der gut genutzte abendliche 10-Minuten-Takt in Fahrtrichtung Spandau wurde am 1.1.93 montags bis donnerstags durch den 20-Minuten-Takt ersetzt. Dies ist eine indirekte Aufforderung an Kino- oder Theaterbesucher abends wieder auf das Auto umzusteigen. Foto: Christfried Tschepe |
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Ausflugsbuslinie 118. Der bisherige 10-Minuten-Takt am Sonnabend-Nachmittag sowie am Sonntag wurde jetzt durch den 20-Minuten-Takt ersetzt, offensichtlich nach dem Motto: Wer zum Ausflug noch die BVG nutzt, der hat Zeit und kann warten. Foto: Christfried Tschepe |
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Keinerlei Entlastung verschafft sich der Senat mit
dem wiederholten Hinweis, die Fahrpläne würden
lediglich der Nachfrage angepaßt. Wenn es
angesichts allgemein steigender Fahrgastzahlen
ausreicht, innerstädtische Buslinien im 30-Minuten-Takt
verkehren zu lassen, dann ist entweder
die Linienführung völlig falsch, oder die Senatspolitik
der Verhinderung von Busspuren, Vorrangschaltungen
und Buskaps zeigt die erwartete
Wirkung und hält viele Fahrgäste von der Benutzung
des Verkehrsmittels Bus ab.
Doch Für viele Busfahrgäste gibt es keine Ausweichmöglichkeit.
Um sie alle befördern zu können,
muß die BVG in der Innenstadt wegen längerer
Fahrzeiten aufgrund fehlender Busspuren
immer mehr Fahrzeuge einsetzen, um die bisherige
Wagenfolge aufrecht erhalten zu können. Ein
Beispiel: Weil Senator Haase und sein Staatssekretär
Schmitt eine Busspur auf der Potsdamer
Straße mit allen Mitteln verhindern und noch nicht
einmal die Benutzbarkeit des kurzen vorhandenen
Abschnittes sicherstellen, mußte die BVG nun
die Fahrzeit der Buslinie 348 erneut verlängern,
dieses Mal um 6 Minuten.
Bus 160 in Konkurrenz zur Tram 84
Wesentliche Linienänderungen gab es im Zusammenhang
mit der Teilstillegung auf der Tramlinie
84, die durch den Einsatz von Zweirichtungswagen
nun wenigstens noch durch die Dörpfeldstraße
zum S-Bf. Adlershof verkehrt (s. nachfolgenden Beitrag).
Deshalb fährt die seit
1.1.93 von Altglienicke, Kirche zum S-Bf. Köpenick
verlängerte und auf der Teilstrecke zwischen
S-Bf. Adlershof und Alt-Köpenick als
SEV-Linie konzipierte Buslinie 160 nun nicht
durch die Dörpfeldstraße, sondern über Nipkowstraße,
Glienicker Weg und Glienicker Straße. Sie
bedient damit zwar im Bereich Berlin-Chemie
und in der Köllnischen Vorstadt bisher nicht bzw.
unzureichend erschlossene Flächen, ist gleichzeitig
jedoch in der Relation S-Bf. Adlershof - Alt-Köpenick
ein Konkurrenzangebot zur Tram in der
Dörpfeldstraße. Und wie es der Zufall so will,
fährt der Bus 160 während des fast ganztägig
gemeinsamen 20-Minuten-Taktes immer kurz vor
der Tram 84 von den z.T. gemeinsamen Haltestellen
ab. So wird es nicht schwer fallen, der Tram
eines Tages Unwirtschaftlichkeit wegen unzureichender
Fahrgastzahlen zu bescheinigen.
Großsiedlung ohne Anschluß
Eine drastische Verschlechterung ergab sich zu
Jahreswechsel im Bereich des Ortsteils Altglienicke.
Nicht genug damit, daß hier die Straßenbahn eingestellt
ist, wurde das von der BVG veränderte
Busliniennetz anscheinend ohne Kenntnis
der lokalen Verkehrsbeziehungen eingeführt.
Zwar ist - drei Jahre nach dem Fall der Mauer -
mit der Buslinie 260 nun endlich eine Verbindung
zum U-Bf. Rudow eingerichtet worden, aber dafür
sind die Verbindungen zu den wichtigsten
Zielgebieten zeitweise oder vollständig gekappt
worden. So sind z.B. von der Hochhaussiedlung
an der Schönefelder Chaussee, in der zwar mehre
tausend Einwohner leben, aber ansonsten praktisch
keine Infrastruktur besteht, die wichtigsten
Zielgebiete nicht mehr erreichbar. Konnte man
aus diesem Bereich bis zum Jahresende mit der
Buslinie 260 sowohl das nächst gelegene Einkaufsgebiet
an der Dörpfeldstraße als auch den S-Bf.
Adlershof als nächst gelegenen Umsteigebahnhof
in Richtung Innenstadt erreichen, so ist
jetzt eine massive Verschlechterung eingetreten:
Das Einkaufsgebiet an der Dörpfeldstraße ist nur
noch mit Umsteigen erreichbar, ohne daß auch nur
ansatzweise eine Fahrplanabstimmung erfolgt ist,
und die S-Bahn in Fahrtrichtung Innenstadt erreicht
man jetzt nur nach großen Umwegen über
Johannisthal(!) am S-Bf. Schöneweide. Und den
Bf. Flughafen Schönefeld, dessen Anbindung
insbesondere wegen seiner Verknüpfungsfunktion
zum Regional- und Fernbahnverkehr unverzichtbar
ist erreicht man abends und am Wochenende
von Altglienicke aus gar nicht mehr, weil die
Buslinie 363 weiterhin nur eingeschränkt verkehrt.
Erfreuliche Verbesserungen
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Der Besuch des Kinderkrankenhauses Lindenhof ist seit dem 1.1.1993 leider nur noch montags bis freitags während des Berufsverkehrs möglich. Andernfalls müssen Sie laufen oder radeln - oder mit dem Auto fahren. Abb.: BVG-Ergänzungsfahrplan |
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Die innerstädtische Buslinie 123 wird abends sowie am Sonntag nur noch im Halbstundentakt befahren, eine Zumutung! Foto: IGEB |
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Im Gegensatz zu Köpenick und Altglienicke sind
alle anderen Linienänderungen positiv zu bewerten.
So verkehrt die Buslinie 167 nun endlich
wieder nach Neukölln - entsprechend dem IGEB-Vorschlag
zum Hermannplatz (vgl. SIGNAL 5/90 ). Eine Zumutung sind
aber (wieder) die unübersichtlichen
Betriebszeiten dieser Linie, die
nur während der Geschäftszeiten nach Neukölln
fährt, ansonsten wie zu Mauerzeiten an der Karl-Kunger-Straße
endet und am südlichen Ende zeitweilig
bis S-Bf. Schöneweide und manchmal bis
Müggelschlößchenweg verkehrt.
Auch die lokalen Linienänderungen z.B. bei den
Bussen 141,177,241 oder N82 stellen kleine, aber
wirkungsvolle und überwiegend kostenneutrale
Verbesserungen dar. Schade nur, daß die BVG zur
Umsetzung eines besseren Busliniennetzes so
lange braucht, wie zum Beispiel bei der überfällig
gewordenen Änderung der Buslinie 154: Fast
2 Jahre dauerte es bis zur Umsetzung des IGEB-Vorschlages,
durch die Vincent-van-Gogh-Straße
zu fahren (vgl. SIGNAL 3/91 ). Dabei waren
keine Tiefbau- oder sonstige Maßnahmen erforderlich.
Aber alle diese erfreulichen Netzverbesserungen
werden überschattet von den gravierenden
Taktausdünnungen. Nach nur 2 Jahren Haase/Schmitt-Verkehrspolitik
ist für viele Fahrgäste die
Benutzung von Bus und Tram zur Zumutung geworden.
Beispielsweise fährt im Ostteil Berlins
kaum eine Buslinie noch öfter als im 20-Minuten-Takt.
die Verspätungen bei Bus und Tram
nehmen allgemein zu, und vor allem bei der Tram
gibt es ständig unkalkulierbare Ausfälle von Fahrten.
So gesehen war es eigentlich nur konsequent,
zum Ausgleich des Ost-West-Gefälles jetzt im
Westteil der Stadt mit der Einführung des 30-Minuten-Taktes
auf innerstädtischen Buslinien zu beginnen. IGEB
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