Am 24. September stellte sich die neue Geschäftsführung
der S-Bahn Berlin GmbH den
Fahrgästen im Rahmen der Schienenverkehrs-
Wochen 2007. Der Berliner Fahrgastverband
IGEB begrüßte im Fahrgastzentrum
im S-Bahnhof Jannowitzbrücke Dr. Tobias
Heinemann, Sprecher der Geschäftsführung,
und Ulrich Thon, Geschäftsführer Betrieb.
Herr Heinemann löste Anfang Mai Günter
Ruppert in seinem Amt ab. Mit
knapp 100 Teilnehmern war
der S-Bahn-Sprechtag wieder
der am besten besuchte der
Fahrgastsprechtage-Reihe.
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Gut besucht: der Fahrgastsprechtag der S-Bahn im Fahrgastzentrum im S-Bahnhof Jannowitzbrücke. Foto: Raul Stoll |
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Rückblick
Im Jahr 2006 legten die S-Bahn-
Züge 32,5 Millionen km zurück
und beförderten dabei 376 Millionen
Fahrgäste, die eine
durchschnittliche Reiseweite
von 9,5 km aufwiesen. Das entspricht
3,57 Milliarden Personenkilometern.
Für 2007 wird von einem weiteren Anstieg
der Fahrgastzahlen ausgegangen, obwohl
kein Großereignis wie die Fußball-WM 2006
für zusätzliche Fahrgäste sorgt.
Die Pünktlichkeit liegt statistisch bei 96 %
und damit auf dem Niveau der letzten Jahre.
Allerdings setzten in letzter
Zeit mehrfach Stellwerksausfälle,
defekte Züge, Streiks
und erhöhte Krankenzahlen
beim Personal der Pünktlichkeit
zu.
Bei den halbjährlichen Umfragen
zur Kundenzufriedenheit
hat die S-Bahn Berlin im Mai mit 2,45 ihre
bislang beste Note erhalten.
Unter den S-Bahn-Systemen
musste sie sich nur der neuen
S-Bahn Rhein-Neckar im Mannheimer
Raum geschlagen geben.
Die gute Note ist unter
anderem auf den Service, die
aus Fahrgastsicht hohe Fahrthäufigkeit
tagsüber und die
Pünktlichkeit zurückzuführen,
so Heinemann. Gleichwohl
gab es auch Kritik, so z. B. an der
Fahrthäufigkeit abends.
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Baureihe 481. Modernisierung geplant ab 2012. Bild: Signalarchiv / Raul Stoll |
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Baureihe 485. „Optische Auffrischung“ geplant für Einsatz bis 2017. Bild: Signalarchiv / Raul Stoll |
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Baureihe 480. Ebenfalls im Einsatz bis 2017. Bild: Signalarchiv / Raul Stoll |
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Fahrzeuge
Die S-Bahn Berlin verfügt
derzeit noch über 637 Viertelzüge,
davon 500 der Baureihe
481 (Durchschnittsalter
7,1 Jahre, Lebensdauer von 30
bis 35 Jahren angestrebt), 71 der BR 480
(Durchschnittsalter 12,8 Jahre) und 66 der
BR 485 (Durchschnittsalter 16,9 Jahre). Zum
Fahrplanwechsel im Dezember soll die Zahl
unter anderem durch bessere Umlaufgestaltung
und optimierte Werkstattaufenthalte
auf 620 Viertelzüge gesenkt werden.
Bis August 2008 sollen alle noch altlackierten
Fahrzeuge der Baureihen
481 und 485 mit den Farben
rot-ockergelb in traditioneller
Anordnung versehen werden.
Hintergrund dieser Aktion ist
ein für die Fahrgäste einheitliches
Auftreten aller Fahrzeuge,
um die Zugehörigkeit zur
S-Bahn Berlin besser kenntlich
zu machen. Dabei wird die
Traditionsfarbe als Selbstverständlichkeit
angesehen. Den Berliner S-Bahn-Fahrzeugen bleibt damit
das Nahverkehrsrot der DB erfreulicherweise
erspart.
Alle Fahrzeuge erhalten nach und nach
eine einheitliche Fahrzeugkennung in der
Anordnung: grünes S-Bahn-Logo, Text „Bahn
Berlin“ und DB-Logo. Des Weiteren werden
die neuen UIC-Nummern angeschrieben,
auch wenn für die Berliner S-Bahn hierzu
keine Notwendigkeit besteht, können doch
die Züge nur in Berlin – und damit nicht europaweit
– eingesetzt werden.
Im Zeitraum nach 2012 sollen die Züge
der Baureihe 481 einer Modernisierung
und einem Redesign unterzogen werden.
Dabei sollen der Innenraum
überarbeitet und elektrische
Komponenten ersetzt werden.
Gegebenenfalls wird
es eine Nachklimatisierung
geben, um das Problem der
Belüftung in den Griff zu bekommen.
Zur Modernisierung
wird im kommenden Jahr eine
Machbarkeitsstudie erstellt.
Im Anschluss daran sollen
die Arbeiten ausgeschrieben
werden. Ob diese auch in
der S-Bahn eigenen Hauptwerkstatt
Schöneweide stattfinden können, ist
noch unklar.
Bis 2017 sollen die Baureihen 480
und 485 im Einsatz bleiben und danach
abgestellt werden. Für ihre
weitere Verfügbarkeit erhalten die
Fahrzeuge eine „technische Stabilisierung“.
Die Baureihe 485 wird darüber
hinaus „optisch aufgefrischt“.
Damit bestätigt sich das Gerücht, die
Baureihe 485 werde spätestens 2008
abgestellt, nicht. Offenbar rechnet
die S-Bahn Berlin GmbH schon fest
mit dem weitergehenden Betrieb
im Nord-Süd-Tunnel unter eigener
Regie. Im Verkehrsvertrag, der 2017
endet, hat sich die Senatsverwaltung
als Bestellerin vorbehalten, das Nord-
Süd-S-Bahnsystem möglicherweise
schon zu 2013 auszuschreiben.
Neues Zugabfertigungssytem
Die Berliner S-Bahn stellt ihr Zugabfertigungssystem
vollständig um. Die Abfertigung
erfolgt künftig fast flächendeckend
nicht mehr durch Bahnsteigaufsichten, sondern
durch den Triebfahrzeugführer selbst.
Für dieses als „Zug-Abfertigung Triebfahrzeugführer“
(ZAT) bezeichnete System werden
vier Kamerabilder des Bahnsteiges über
W-LAN auf einen Monitor im Führerstand
gesendet. Ein Spiegelsystem, wie es die Berliner
U-Bahn verwendet, kommt nicht zur
Anwendung. Als erstes Teilsystem wird im
November 2007 der Ring komplett umgestellt
werden.
Als Ersatz für die Aufsichten, die von den
Bahnsteigen abgezogen werden, erhalten
alle Bahnhöfe Informationssäulen, die jeweils
mit einem von 21 sogenannten Stammbahnhöfen
verbunden sind. Die Mitarbeiter
der Stammbahnhöfe, die Stammaufsichten,
beobachten das Geschehen auf ihren zugehörigen
Bahnhöfen über Monitore und können
bei Vorkommnissen eingreifen und die
Kunden z. B. durch Bahnsteigbeschallung
informieren.
Neues Zugbeeinflussungssystem
Auch das Zugbeeinflussungssystem wird
umgestellt. Das seit der Elektrifizierung der
Berliner S-Bahn in den 20er Jahren des letzten
Jahrhunderts bestehende mechanische
System mit Streckenanschlägen wird auf
ein magnetisches Balisensystem umgestellt,
mit dem auch die Fahrzeuggeschwindigkeit
überwacht werden kann. Rund 650 Fahrzeuge
müssen hierfür umgerüstet werden, darunter
auch zahlreiche Sonderfahrzeuge wie
die Panorama-S-Bahn. Die Finanzierung der
Umrüstung ist bereits sichergestellt.
Sicherheit
Bemerkenswert war Herrn Heinemanns
Ankündigung, dass die S-Bahn nicht vorrangig
auf Videoüberwachung setzen will,
im Gegensatz zur BVG. Bisher habe kein
Verkehrsunternehmen bewiesen, dass es
durch Videoüberwachung Kosten spare, so
Heinemann. Besonders die Auswertung des
Bildmaterials sei sehr aufwändig und personalintensiv
und im Nachhinein auch selten
erfolgreich.
Stattdessen kündigte
er an, mehr Sicherheitskräfte
und mobile
Servicemitarbeiter einzusetzen.
Besonders
nach 20 Uhr soll mehr
Sicherheitspersonal – in
Dienstkleidung und in
Zivil – nach einem operativen
„Wabenkonzept“ in
den Zügen die (subjektive)
Sicherheit erhöhen.
Ihr Einsatz wird von
einer Zentrale gesteuert,
die auf die aktuelle Lage
schnell reagieren kann.
Fahrgastinformation
Im Zusammenhang mit dem neuen Informationssystem
haben die wichtigsten Bahnhöfe,
darunter alle Stadt- und Ringbahnhöfe,
dynamische Fahrzielanzeiger erhalten bzw.
werden diese in naher Zukunft erhalten.
Diese können nicht nur die nächsten Züge
inklusive Zugstärke, sondern auch aktuelle
Informationen als Lauftext anzeigen. Die
momentanen häufigen Anzeigeprobleme
aufgrund einer Vielzahl von Softwareupdates
sollen bis zur vollständigen Inbetriebnahme
des neuen Systems auf dem Ring
behoben werden. Im Endstadium ist eine
Verfügbarkeit von mindestens 99 % angestrebt.
Bahnhöfe, die keine Anzeiger erhalten,
werden mit Blechschildern zur Richtungsangabe
ausgestattet. Dies trifft vor allem Bahnhöfe
an den Außenästen, die planmäßig nur
von einer Linie angefahren werden, so dass
es in der Regel nur ein Fahrziel gibt.
Zugzielanzeiger an den Seiten der Fahrzeuge
sind seitens der S-Bahn Berlin durchaus
wünschenswert, aber zurzeit nicht fi-
nanzierbar. Etwa zwei Millionen Euro wären
für einen solchen Einbau nötig. Vor einiger
Zeit wurde versuchsweise ein Fahrzeug mit
einer solchen Anzeige versehen. Inzwischen
ist diese wieder entfernt worden.
Ende 2007 erhält der Flughafen Schönefeld
einen S-Bahn-Verkaufspavillon.
Der Vorschlag eines Fahrgastes, vor allem
bei veränderter Betriebsführung Richtung
Flughafen Schönefeld englischsprachiges
Personal einzusetzen, wurde als gute Anregung
mitgenommen.
Massive Kritik übten Fahrgäste an der momentanen
Bau-Betriebsführung zwischen
Treptower Park, Schöneweide und Neukölln.
Als Antwort kam hier leider nur der Hinweis
auf die Notwendigkeit der Bauarbeiten auf
der Görlitzer Bahn.
Ein Fahrgast schlug vor, an den Bahnsteigkanten
zusätzlich Schilder mit „Richtung
Westen“, „Richtung Süden“ oder „Richtung
Innenstadt“ anzubringen, um die Orientierung
zu erhöhen – ähnlich wie in London.
Das hält die S-Bahn GmbH aber für nicht
erforderlich.
Kundenbeirat S-Bahn Berlin
Im Oktober soll ein Kundenbeirat S-Bahn
Berlin gegründet werden. Über 200 Interessierte
hatten sich auf einen entsprechenden
Aufruf beworben. Der Beirat, bestehend
aus 20 ehrenamtlichen Mitgliedern, soll die
Perspektive des Kunden stärker in die unternehmerischen
Entscheidungen der S-Bahn
Berlin einbinden und unter anderem zu
einer Steigerung der Kundenfreundlichkeit
führen. Das Gremium soll sich mindestens
halbjährlich treffen. Verbände und Institutionen
sind dort nicht vorgesehen.
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Wie Sie sehen, sehen Sie nichts. Bildschirm eines betriebsbereiten S-Bahn Fahrkartenautomaten auf dem S-Bahnsteig Beusselstraße. Standort unter dem Bahnsteigdach, Ausrichtung nach Norden, bedeckter Himmel. Die Blendwirkung auf dem Bildschirm ist enorm, es ist kaum eine Anzeige zu erkennen. Ab 2011 will die S-Bahn eine neue Automatengeneration einführen. Foto: F. Müller |
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Fahrkartenautomaten
Seit Jahren wird auf den S-Bahn-Sprechtagen
kritisiert, dass das Bedienfeld der Fahrkartenautomaten
bei Tageslicht nicht lesbar
ist. Die S-Bahn GmbH will nun versuchen,
die Lesbarkeit zu verbessern, indem einige
Automaten ein neues Display oder einer veränderten
Standort erhalten. Ab 2011 ist die
Einführung einer neuen Automatengeneration
vorgesehen.
Der Kauf von Eintrittskarten großer Messen,
wie zuletzt der Internationalen Funkausstellung
IFA, am Automaten soll fortgesetzt und
weitere Touristeninformationen integriert
werden. Offen blieb die Frage eines Besuchers,
warum an den S-Bahn-Automaten nur
gleitende Monatskarten erhältlich sind.
Netzausbau
Zum Thema Erweiterung des S-Bahn-Netzes
hielten sich die S-Bahn-Manager zurück.
Wenn eine Strecke gebaut und bestellt werde,
fahre die S-Bahn natürlich gern überall,
wo eine passende Stromschiene hängt. Zur
S 21 äußerte Herr Heinemann, dass nur eine
durchgebundene Strecke vom Nordring
über Hauptbahnhof bis zum Potsdamer
Platz sinnvoll sei. Ein kurzer Stich nur bis
Hauptbahnhof sei verkehrlich und betrieblich
nicht sinnvoll. Im Bau sind derzeit nur
die 8 km lange S-Bahn-Verlängerung zum
neuen Flughafenterminal BBI, die 2011 fertiggestellt
sein soll, und der S-Bahnhof Kolonnenstraße,
dessen Inbetriebnahme für
das Frühjahr 2008 geplant ist. Als nächste
große Bau-/Sanierungsmaßnahmen stehen
Ostkreuz, Görlitzer Bahn und Nordbahn an.
Fahrplan
Der auf Anfang Juli vorgezogene Ferienfahrplan
mit erheblich reduziertem Angebot
(s. SIGNAL 4/2007, S. 10) wurde erfreulicherweise
zum Ende der Sommerferien Ende
August aufgehoben, so dass die Züge jetzt
wieder nach dem Regelfahrplan verkehren.
Das war bis August keinesfalls sicher. Hintergrund
für die Kürzungen waren ungewöhnlich
viele Triebfahrzeugführer-Krankmeldungen
nach der Einführung einer neuen
Dienstplanstruktur.
Zum 9. Dezember, wenn der neue DBFahrplan
in Kraft tritt, sind keine strukturellen
Änderungen im Angebot der S-Bahn
geplant – auch keine Kürzungen.
Jens Fleischmann
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