Während der Schienenverkehrswochen
ragte der Fahrgastsprechtag Straßenbahn
am 17. September aus der Fülle der Angebote
heraus, denn die BVG präsentierte vor
Beginn des Gesprächs ihren Betriebshof
Lichtenberg. Interessierte konnten einen
Blick hinter die Kulissen werfen und die
Netzleitstelle, den Fahrsimulator oder die
Werkstatt besichtigen. Für die fachkundigen
Führungen sei dem BVG-Unternehmensbereich
Straßenbahn an dieser Stelle nochmals
herzlich gedankt.
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Die Straßenbahn in Friedrichshagen ist oft überfüllt. Foto: Marc Heller |
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In der anschließenden Fragestunde
mit Straßenbahn-Direktor Klaus-Dietrich
Matschke, Betriebsleiter Bernd Lohse und
Angebotsplaner Jürgen Sember trat dann
leider etwas Ernüchterung ein, denn auch
die Straßenbahn wird einem harten Sparkurs
unterworfen. So wurde auf vielen Köpenicker
Linien der Wageneinsatz reduziert,
was zu verschiedenen Tageszeiten zu Überfüllungen
führt. Als Begründung wurde der
niedrige Durchschnittswert der Auslastung
angegeben. Selbst der Einsatz zusätzlichen
Personals im Schülerverkehr für Extrakurse
wird in Kauf genommen, um das Prinzip „nur
Kurzzüge“ durchhalten zu können. Dabei ist
doch gerade die kostensparende Zugbildung
einer der großen Systemvorteile der
Straßenbahn.
Ein weiterer Schwerpunkt war die Organisation
von Schienenersatzverkehren. Dabei
zeigte sich, dass gute Lösungen nicht viel
Geld kosten müssen, wenn bei der Planung
einer Baumaßnahme von Anfang an mitgedacht
wird. Ein Beispiel sind die Haltestellenstandorte
des SEV, ein anderes die Abstimmungen
mit anderen Verkehrsträgern. Besonders
oft sind Brücken über oder unter der
Eisenbahn der Anlass für Baustellen. Wenn
dann auch noch andere Arbeiten dazukommen,
können schon kleine Terminverschiebungen
große Auswirkungen haben.
Pflege und Modernisierung des Bestandsnetzes
bildeten den Schwerpunkt des BVG-Vortrags.
Dass das innerstädtische Kernnetz
nach der Grundsanierung eine gute Zukunft
hat, ist unbestritten. Anders sieht es leider
immer noch für die Stadtrandgebiete im
Norden und Süden aus. Das hat nicht nur
etwas mit den Prioritäten bei den bisherigen
Gleisbauarbeiten zu tun, sondern
auch mit den geplanten Bestellungen von
2,40 m breiten Fahrzeugen. Auf den Stadtrandstrecken
können die breiteren Wagen
nicht verkehren, so dass die GT6-Niederflurfahrzeuge
zum Ersatz der Tatrafahrzeuge
umgesetzt werden müssen. Aber auch für
diese Niederflurwagen sind einige Streckenabschnitte
immer noch nicht tauglich;
darunter auch solche, die nicht mehr auf der
Ertüchtigungsliste stehen, z. B. die Strecke
nach Schmöckwitz.
Ebenso unsicher ist die Situation bei den
Betriebshöfen im Südosten, die ebenfalls
keine GT6 aufnehmen können. Einseitig
kaufmännisch denkende Manager, die es
auch im BVG-Vorstand geben soll, werden
sich wohl kaum von der Notwendigkeit eines
neuen Depots für Strecken überzeugen,
die sie für verzichtbar halten.
Ein leider in Berlin besonders ausgeprägtes
Ärgernis sind der große Vandalismus
und die Verschmutzungen, denen die Straßenbahn
durch eine Minderheit der Kunden
ausgesetzt ist, die aber das Bild des ganzen
Verkehrsmittels erheblich trüben. Dass die
BVG hier keine umfassende Abhilfe bieten
kann, ist verständlich.
Fazit: Die BVG-Straßenbahn ist technisch
in einem einwandfreien Zustand, die Mitarbeiter
aller Ebenen kennen auch den Alltagsbetrieb
und wissen, wo es Probleme
gibt. Und in den meisten Fällen sind sie um
eine gute Fahrgastinformation bemüht. Der
zunehmend härtere Sparkurs hat einerseits
zu einer großen Effizienzsteigerung geführt,
aber andererseits auch schon spürbar negative
Auswirkungen für die Kunden. Ein Betrieb,
der weder personell noch materiell Reserven
hat, ist selbstverständlich anfälliger gegen
jede Störung. Auch die Zusammenarbeit mit
der Verkehrspolizei ist noch ausbaufähig, z. B.
gegen das Zuparken von Gleisen.
Die größte Herausforderung für die Zukunft
ist in Berlin leider noch immer die Verkehrspolitik,
deren verbreitete Anti-Straßenbahn-
Haltung in fast ganz Europa verständnislos
betrachtet wird und die immer wieder Ursache
für viele Alltagsprobleme der ältesten
und größten deutschen Straßenbahn ist.
Symptomatisch dafür ist das Blockieren von
Vorrangschaltungen an Kreuzungen. Trotz
Millionenaufwendungen für den Umbau der
Ampelanlagen erhält die Straßenbahn nur
selten Vorfahrt. Und auch beim Streckenneubau
steht die Straßenbahn unverändert in der
Warteschleife: 18 Jahre nach dem Mauerfall
sind erst zwei Strecken in den einstigen Westteil
verlängert worden. IGEB Stadtverkehr
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