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Wer nach Ruhm und Anerkennung sucht, ist
in der Fahrgastinformation in der falschen
Branche. Denn gute Fahrgastinformation
fällt nicht auf. Sie wird vom Fahrgast
ganz selbstverständlich wahrgenommen
und fällt nur auf, wenn etwas falsch läuft;
wenn sie missverständlich ist oder wenn sie
Falschangaben enthält. Macht man als Verantwortlicher
hingegen alles richtig, dann
fühlt sich das häufig wie die sprichwörtlichen
Perlen vor die Säue an, doch dem ist
nicht so. Unterbewusst nimmt der Fahrgast
sehr wohl war, dass er die Verkehrsleistung
ganz intuitiv benutzen konnte und kommt
dann gern wieder.
Das sollte das Ziel sein, und dabei helfen
Linienverlaufsgrafiken ungemein. Sie stellen
auch komplizierte Routen übersichtlich dar
und ordnen somit das Verkehrsleistungsangebot.
Perlschnüre werden sie deshalb genannt,
weil die Stationen dabei wie Perlen
auf einer Perlenkette aufgereiht sind.
„Ganz einfach!” werden Sie da jetzt sagen
und „Da kann man ja kaum was falschmachen!”
– Doch das stimmt so nicht. Kleine
Fehler und Ungenauigkeiten im Design können
hier die ganze Übersichtlichkeit zerstören
und echte Fehler einbauen. Und da man
aus Schaden bekanntlich klug wird, schauen
wir uns einfach ein paar Gestaltungsunfälle
an, um daraus zu lernen.
Der größte Fehler besteht in einer zu
komplexen Symbolik. In der neuen Berliner
S-Bahn-Baureihe 483/484 sind im Innenraum
erstmals Monitore verbaut, die Linienperlschnüre
anzeigen. Dort haben zunächst
verschiedene Typen von Haltestellen unterschiedliche
Haltestellensymbole erhalten.
Kleiner Kreis, großer Kreis, ausgefüllter Kreis,
nicht ausgefüllter Kreis… Leider hat man
vergessen, irgendwo eine Legende dazuzupacken.
Dadurch blieb dem Beobachter
verborgen, was damit gemeint sein könnte:
große Umsteigestation? Längerer Aufenthalt?
Bei den S-Bahn-Zügen wurde nachgebessert
und alle anderen haben gelernt:
Weniger ist mehr bei der Symbolik.
Eine zu komplexe Symbolik kann auch
zu Inkonsistenzen führen. Dann bedeuten
ähnliche Symbole mal das eine und mal das
andere. Die BVG-Gestaltungssprache ist
aufgrund ihrer vielen Köche voll davon. Da
bedeuten gestrichelte Linien mal „im Bau”,
mal „unterbrochen” oder auch einfach nur,
dass in der Darstellung ein paar Stationen
ausgelassen wurden. Stationen sind mal
viereckige oder kreisrunde Ausbuchtungen
in der Linienfarbe, mal weiße Kreise mit
schwarzer Umrandung. Ist es ein weißes
Dreieck mit schwarzer Umrandung, so bedeutet
es manchmal, dass es sich um eine
Station handelt, die nur in Pfeilrichtung angefahren
wird. Oder es zeigt einfach nur die
Fahrtrichtung ohne Station an – gern auch
beides gemixt in der selben Grafik. Und wir
lernen daraus: Symbol-Inkonsistenzen vermeiden!
Wer Inspiration für seine eigenen Linien-
Perlschnüre benötigt, findet häufig Anleitungen
bei seinem Verkehrsverbund. Der
VBB zum Beispiel hat ein Fahrgastinfo-Handbuch,
welches frei verfügbar ist und gute Anhaltspunkte
für die Gestaltung liefert. Will
man sich in die Hände von Gestaltungsprofis
legen, sollte man auf die Selbstbezeichnung
Informations-Designer achten, denn ein Designer
ohne entsprechende Spezialisierung
macht’s auch nur hübsch und nicht unbedingt
informativ. Und nicht zuletzt kann
man auch Fahrgastvertreter nach Schwachstellen
in den eigenen Perlschnurschöpfungen
fragen. (hm)Berliner Fahrgastverband IGEB
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