„Die Einführung des Deutschlandtickets für
49 Euro ist eine Revolution in der Entwicklung
der Nahverkehrstarife. Der Preis von
49 Euro ist attraktiv. Aber noch attraktiver
ist die Möglichkeit, mit diesem einen Ticket
Bahnen und Busse des Nahverkehrs in allen
Regionen Deutschlands nutzen zu können.
Das Studium der oft viel zu komplizierten
und überall unterschiedlichen Nahverkehrstarife
ist für Abonnenten des Deutschlandtickets
jetzt Geschichte.“
So stand es im IGEB-Pressedienst am 1. Mai
2023, dem Tag der Einführung des Deutschlandtickets.
|
Logo: VDV |
|
Nach vier Monaten Erfahrung mit dem
neuen Tarifangebot muss von diesen Vorschusslorbeeren
nichts zurückgenommen
werden. Aber es gilt auch unverändert: Es
„muss mit der Einführung des Deutschlandtickets
sofort eine begleitende Evaluation zur
Weiterentwicklung des Tarifes erfolgen. Das
betrifft das Deutschlandticket ebenso wie
den gesamten VBB-Tarif.“
Anerkennung des Deutschlandtickets in Fernzügen mit Nahverkehrstarif
Deutschlandweit gibt es einige Fernzüge,
die das Angebot an Regionalzügen
ergänzen und zur Nutzung mit den Fahrausweisen
der örtlichen Verkehrsverbünde
freigegeben sind, so auch im VBB zum
Beispiel von Berlin über Eberswalde nach
Prenzlau.
In den meisten Fällen wird das Deutschlandticket
in diesen Fernzügen anerkannt,
nicht aber im VBB-Gebiet. Warum das hier
nicht klappt, ist unbekannt, für den Fahrgast
aber auch unwichtig. Es muss hier endlich
eine Lösung geben!
Deutschlandticket für Studierende
Inzwischen gibt es eine Vielzahl von Anpassungs-
und Übergangsregelungen. Das Ziel
sollte aber unverändert sein, dass Deutschlandticket
allen Studierenden in Deutschland
entsprechend den Regelungen des Semestertickets
zu einem angemessenen Preis
semesterweise zur Verfügung zu stellen.
Zwischenzeitlich schien das schon erreicht,
scheiterte dem Vernehmen nach aber am
Bundesland Sachsen-Anhalt.
Kindermitnahme und Schülerticket
Eine weitere Baustelle ist die Möglichkeit, mit
dem Deutschlandticket Kinder mitzunehmen.
Das Thema ist mit zwei anderen verknüpft:
Zusatznutzen und Schülerticket. Gelingt es,
mit einem „Deutschlandticket-Plus“ die Kindermitnahme
zu ermöglichen oder erübrigt
sich das, weil überall ein günstiges Schülerticket
als Deutschlandticket erworben werden
kann? Aufgrund der unterschiedlichen
Zuständigkeiten für die Finanzierung des
Schülerverkehrs ist hier eine schnelle Lösung
unwahrscheinlich. So gibt es allein im VBBGebiet
sehr unterschiedliche Regelungen. In
Berlin gibt es die Schüler-Zeitkarte für Berlin
AB kostenlos und im Landkreis Oberhavel das
Schülerticket als Deutschlandticket für 9 Euro.
Ziel sollte ein solch preiswertes Deutschlandticket
für alle Schüler in ganz Deutschland
sein, aber bis das erreicht wird, sollte für
einige Euro monatlich die Kindermitnahme
als Zusatznutzen zum Deutschlandticket angeboten
werden.
Fahrradmitnahme
Eine kostenlose Fahrradmitnahme gibt es
beim Deutschlandticket nicht. Aber regional
ist sie aufgrund örtlicher Tarifbestimmungen
dennoch möglich. Auch hier muss eine
einheitliche Regelung für ganz Deutschland
erreicht werden. Der Berliner Fahrgastverband
IGEB befürwortet ein Deutschlandticket-
Plus, so dass für einige Euro im Monat
der Zusatznutzen „Fahrradmitnahme“ erworben
werden kann.
Sozialticket
Auch für Fahrgäste, die heute aus sozialen
Gründen einen Ermäßigungstarif nutzen
dürfen, muss es ein Angebot für ein ermäßigtes
Deutschlandticket geben. Dieses ist
aber (weiterhin) aus den entsprechenden
Haushaltspositionen der Länder für Soziales
zu finanzieren.
Fazit
Die erforderlichen Nachbesserungen und
Weiterentwicklungen des Deutschlandtickets
ändern nichts daran, dass der neue Tarif
eine Erfolgsgeschichte ist, die sich noch
vor kurzer Zeit niemand vorstellen konnte.
Deshalb muss alles getan werden, dass keine
Bundesregierung und kein Bundesland
es wagt, das Deutschlandticket wieder abzuschaffen.
Natürlich gibt es bei jedem Projekt auch
Kritik. Als in zahlreichen überfüllten Regionalzügen
an den sommerlichen Wochenenden
chaotische Zustände herrschten, wurde
das von einigen als Bestätigung ihrer Ablehnung
des Deutschlandtickets gewertet: Erst
hätten Infrastruktur und Verkehrsangebot
ausgebaut werden müssen, erst dann hätte
es eine so günstigen Tarif geben dürfen. Das
ist theoretisch richtig, aber praktisch falsch:
Überfüllte Züge beispielsweise von Berlin
zur Ostsee gibt es schon seit Jahrzehnten,
ohne dass für besseren öffentlichen Verkehr
ausreichend getan wurde. Jetzt mit dem gewachsenen
Druck besteht vielleicht endlich
die Chance, dass mehr für den Freizeitverkehr
auf der Schiene getan wird.
Und natürlich wurde und wird immer
wieder die Frage der Finanzierung gestellt.
Die Bundesregierung hat zunächst 1,5 Milliarden
Euro pro Jahr zugesagt. Das ist viel
Geld – ja und nein. Der Klimaschutz wird uns
dauerhaft sehr viel mehr kosten, da sind 1,5
Milliarden für einen sehr effektiven Beitrag
zum Klimaschutz gar nicht mehr so viel Geld.
Im Übrigen kann der Umstieg auf öffentliche
Verkehrsmittel auch viele Investitionen in
den Straßenbau ersparen. Und wer 10 bzw.
5 Milliarden Euro bereitstellt für Industrieansiedlungen
in Magdeburg und Dresden, der
sollte auch 1,5 Milliarden Euro für Millionen
Fahrgäste in Deutschland erübrigen können.
Das Deutschlandticket ist kein Traum,
sondern traumhafte Realität. Nun sind alle
gefordert, am Erhalt und an der Weiterentwicklung
mitzuarbeiten. So manch anderes
Land blickt bereits verwundert und interessiert
auf Deutschland, was in diesem strukturkonservativen
und autofixierten Land
für die Fahrgäste von Bahnen und Bussen
erreicht worden ist. Berliner Fahrgastverband IGEB
|