„70 Millionen Euro zusätzliche Entschädigung
für S-Bahn-Kunden“ meldete die Deutsche
Bahn am 28. Januar 2010 und erläuterte: „Als
Ausgleich für die derzeitigen und noch bis
Ende 2010 andauernden Beeinträchtigungen
bietet die S-Bahn Berlin ihren Kunden ein –
im Vergleich zum Vorjahr – doppelt so großes
Zusatz-Entschädigungspaket im Gegenwert
von 70 Millionen Euro an. Danach fahren
Abo- und Jahreskarteninhaber sowie Studenten
der Universitäten in Berlin, Potsdam
und Wildau mit Semestertickets zwei Monate
kostenlos. Inhaber von festen Monatskarten
bzw. Berliner Sozialtickets erhalten für jeweils
zwei Monate eine Bar-Erstattung von 15 Euro.
Für Kunden mit gleitenden Monatskarten der
Tarifbereiche Berlin AB, BC oder ABC verlängert
die S-Bahn Berlin die Gültigkeit um zwei
Wochen. Zusätzlich können alle Kunden an
mehreren Wochenenden 2010 mit einem Einzelfahrausweis
den ganzen Tag fahren – wie
bereits an den vier Adventswochenenden
2009. Diese Regelungen gelten unabhängig
davon, bei welchem Verkehrsunternehmen
des VBB (Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg)
der Fahrausweis gekauft wurde.“
Soweit die gute Nachricht. Die schlechte:
Die Schwerbehinderten mit Gehbehinderung,
die für ein Beiblatt zu ihrem Schwerbehindertenausweis
monatlich 5 Euro zahlen
und dann den öffentlichen Nahverkehr
kostenlos nutzen dürfen, sind offensichtlich
wieder nicht berücksichtigt worden. Deshalb
schrieb Frau M. aus Berlin-Prenzlauer
Berg am 4. Februar an die Berliner S-Bahn:
„Ich möchte wissen, wann und in welcher
Höhe Schwerbehinderte von der S-Bahn
entschädigt werden? Ich gehöre auch zu
diesem Personenkreis und bin auch von
dem Chaos betroffen.“ Am 8. Februar antwortete
ihr die S-Bahn-Kundenbetreuung:
„Eine Entschädigung für die Nutzer des Beiblatts
zum Schwerbehindertenausweis gibt
es leider nicht. Wir haben uns zur Frage, wo
eine Grenze gezogen werden kann, sehr intensiv
beraten. Letztlich geben wir zu, dass
eine allseits akzeptable Gerechtigkeit in
dieser Frage nicht herstellbar ist. Unseres Erachtens
ist ein finanzieller Ausgleich unverhältnismäßig,
da die Nutzer von Schwerbehindertenausweisen
mit Beiblatt den ÖPNV
zu einem sehr geringen Entgelt oder sogar
kostenfrei nutzen können. Unzweifelhaft
ist die Tatsache, dass auch Sie Belastungen
während des eingeschränkten S-Bahn-Verkehrs
ertragen müssen.“
Einige Zeit später änderte die S-Bahn Berlin
GmbH die Wortwahl und spricht jetzt von
„Entschuldigungsleistungen der S-Bahn für
ÖPNV-Nutzer in Berlin.“ S-Bahn-Chef Peter
Buchner: „Als Ausgleich für die andauernden
Beeinträchtigungen bieten wir ein Zusatz-
Entschuldigungspaket im Gegenwert
von 70 Millionen Euro an.“
Der Berliner Fahrgastverband IGEB begrüßt
die neue Wortwahl. Für viele der betroffenen
S-Bahn-Stammkunden sind zwei
Monate freie Fahrt keine wirkliche Entschädigung.
Einige haben mehr Geld für Taxifahrten
ausgegeben, als sie jetzt bekommen.
Für andere wiegt der Zeitverlust so schwer,
dass er nicht durch Geld kompensiert werden
kann. Und Gerechtigkeit gibt es auch
nicht, denn nicht wenige BVG-Kunden bekommen
nun Geld, obwohl sie vom S-Bahn-
Ausfall gar nicht betroffen waren. Deshalb
hat die S-Bahn GmbH Recht: Es geht nicht
um Kompensations- oder Entschädigungs-,
sondern ausschließlich um Entschuldigungsleistungen.
Vor diesem Hintergrund ist es allerdings
zwingend erforderlich, dass sich die S-Bahn
auch bei den Schwerbehinderten mit Gehbehinderung
angemessen entschuldigt. Der
Berliner Fahrgastverband IGEB hat das gegenüber
der S-Bahn GmbH angesprochen
und ist zuversichtlich, dass es auch für diese
Fahrgäste eine Entschuldigungsregelung
geben wird. Schließlich geht es nicht um
große Zahlungen, sondern um eine unmissverständliche
Geste. Berliner Fahrgastverband IGEB
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