Schienenverkehrswochen 2010SVW 2010

Sprechtag für BVG-Busfahrgäste 2010

Gibt es bald mehr Daisy-Anzeiger an Bus Haltestellen? Werden Doppeldecker zum neuen Flughafen BBI fahren? Bleibt die Sommerlinie zum Strandbad Wannsee bestehen? Die Antworten in diesem Artikel.

Signal kommt
Unnötiges Erschwernis für die vielen Umsteiger Bahn/Bus am Hauptbahnhof: Eine Anforderungsampel mit langen Rotphasen für die Fußgänger beim Überqueren der Invalidenstraße. Foto: Florian Müller

Die Berichte über die Berliner Fahrgastsprechtage im Rahmen der Schienenverkehrs- Wochen 2010 (vgl. SIGNAL 5 und 6/2010) werden abgeschlossen mit dem gut besuchten Sprechtag für die Busfahrgäste der BVG. Den Fragen des Publikums stellten sich am 21. September 2010 der BVGBetriebsleiter Bus, Detlef Nass und, zum 15. Mal (!), der Leiter Betriebsmanagement Bus, Helmut Graetz. Moderiert wurde die Veranstaltung vom IGEB-Abteilungsleiter- Stadtverkehr, Artur Frenzel.

Im Einführungsvortrag berichtete Helmut Graetz in gewohnt lockerer Art über Software-Probleme bei der Umstellung auf das neue leistungsstärkere RBL-System der BVG, welches so viel mehr können soll als das bisherige, in der Praxis aber an Grenzen stößt. Neben Dienstplanerstellungsproblemen ist es leider nach wie vor nicht möglich, die neuen TFT-Bildschirme so zu programmieren, dass sie ein wirklich sinnvolles Informationssystem für den Fahrgast darstellen. Zunächst bleibt es bei kleinen Schritten und, statt mehrere Haltestellen zu benennen, ist man dankbar, wenn wenigstens die kommende Haltestelle richtig angezeigt wird, wenn auch doppelt auf beiden Bildschirmen.

Weiterhin berichtete Herr Graetz über Programme zum barrierefreien Ausbau von 100 Bushaltestellen für 3,5 Mio. Euro sowie den Umbau des Busbahnhofs am S-Bahnhof Marzahn für 1,0 Mio. Euro. Beim Ausblick auf die inzwischen erfolgten Änderungen im Liniennetz zum Fahrplanwechsel am 12. Dezember 2010 war erfreulich zu hören, dass die Linie 197 von Falkenberg zum Prerower Platz verlängert wird, so dass das Umsteigen in die Straßenbahn für nur wenige Haltestellen entfällt. Damit wurde eine alte IGEB-Forderung erfüllt. Der Preis dafür war allerdings die Einstellung der Linie 359. Der Bereich östlich des S-Bahnhofs Wartenberg wird somit nur noch von einer Linie (256) bedient.

Buskap
Fahrgastfreundlich: Neugebautes Bus-Kap mit „Kasseler Bord“ in Lichtenberg am U-Bf Magdalenenstraße. Foto: Florian Müller

Dann gab Herr Graetz einen Ausblick auf die Änderungen zum 1. Mai 2011. Schlechter wird das Angebot im Industriegebiet Marzahn, Wolfener Straße. Der Bus 192 fährt dann nur noch bis S-Bahnhof Marzahn, der Abschnitt nach Ahrensfelde entfällt. Betroffenen bleibt nur der Fußweg zum S-Bahnhof Mehrower Allee. Dafür fährt die Linie 294 montags bis freitags im Industriegebiet Marzahner Straße zusätzlich über die Bürknersfelder Straße und verbessert die Busbedienung in diesem Bereich. Zwischen Buchholz-West und Buch wird die Linie 251 durch den 259er ersetzt. Während der 251er als Bucher Kietz-Linie nur noch zwischen Zepernicker Straße und Pöllnitzweg verkehrt, übernimmt der bislang am S-Bahnhof Buch endende 259er den Abschnitt nach Buchholz, allerdings im „Überland“-Stundentakt. Bislang hatten Fahrgäste in diesem Bereich einen 20/40-Minuten-Takt.

Probleme mit der Software und den Fahrzeugen

In der sich anschließenden Fragerunde spielten natürlich die anhaltenden Probleme des BVG-Busverkehrs eine wesentliche Rolle. Zum einen erwies sich die am 1. Juni 2010 eingeführte neue Dienstplanerstellungssoftware als fehlerhaft. Neben einem teilweisen Chaos in der Dienstplanerstellung hatte der Fehler auch Auswirkungen auf das RBL-System inklusive der Steuerungen der Daisy-Haltestellenanzeiger. Natürlich arbeitet man fieberhaft an der Lösung des Problems und hofft, 2011 zum Normalbetrieb zurückkehren zu können. Zum anderen gibt es weiterhin Einsatzprobleme bei den neuen 3-achsigen Doppeldeckern. Die Busse waren angeschafft worden um den Fahrzeugbestand massiv zu verjüngen und den Wartungsaufwand zu senken. Durch aus Sicht der BVG vom Hersteller verursachte Qualitätsmängel hat sich der Reparatur und Wartungsaufwand jedoch erhöht und die Einsatzbereitschaft der Fahrzeuge ist gesunken, anstatt zu steigen.

Auch zu den Bränden bei den Citaro-Bussen gab es kritische Fragen der Zuhörer. Herr Nass machte verschiedene teilweise noch ungeklärte Ursachen dafür verantwortlich. Er verwies auf die hohen Betriebstemperaturen der eingebauten Motoren, so dass kleinste Risse in Kraftstoff- oder Ölleitungen mitursächlich für die Brände sein könnten und versicherte, dass die BVG alles in ihrer Macht stehende täte, um weitere Brände zu vermeiden. Der Sprechtag fand vor dem Brand eines Citaro-Dreiachsers, einer anderen zuvor nicht von Bränden betroffenen Baureihe, statt. Erst danach veranlasste die neue BVG-Führung eine Untersuchung durch unabhängige Dekra-Gutachter mit wenig schmeichelhaften Erkenntnissen zur Wartung und Pflege der Fahrzeuge durch die BVG-Werkstätten.

Dauerthema „Mangelhafte Busbeschleunigung“

Auch beim Sprechtag 2010 gab es Fragen zum Thema Bus-Beschleunigung, ein jährlich wiederkehrendes, bis heute jedoch nicht zufriedenstellend gelöstes Problem. Als Fahrgast nimmt man den Busverkehr nach wie vor als langsam und unzuverlässig wahr. Ein Grund sind nicht regelmäßig nutzbare Busspuren. Viele sind ständig zugeparkt, andere durch unberechtigte Mitnutzung durch andere Verkehrsteilnehmer überbelegt. Ferner wurden teuer eingebaute Ampelbevorrechtigungsschaltungen zur Fußballweltmeisterschaft 2006 ausgeschaltet und teilweise nicht wieder in Betrieb genommen. Stark verspätungsanfällige und zur Kolonnenbildung neigende Linien sind z. B. M48 und M85.

Fremdbus
Privatbus aus dem Landkreis Teltow-Fläming im Februar 2011 auf der BVG-Linie 344 in Berlin-Neukölln. Wegen des akuten Fahrzeugmangels sind bei der BVG auch Busse anderer Unternehmen im Einsatz. Foto: Marc Heller

Die Linie M29 soll nun zu einer Pilotlinie für die Busbeschleunigung werden. Gemeinsam mit den entsprechenden Verkehrsbehörden wird an einem umsetzbaren Konzept gearbeitet. Um eine wirklich nachhaltige Verbesserung des Problems zu erreichen, plädierte Herr Graetz für eine konsequente Trennung der Busspuren vom übrigen Fahrzeugverkehr. Während die IGEB sich dem anschließen kann, fehlt die Unterstützung der Senatsverkehrsverwaltung. Immerhin sollen im Rahmen des Bus-Beschleunigungsprogramms aus einbehaltenen S-Bahn-Mitteln einige Bus-Kaps und sogenannte Kasseler Borde gebaut werden. Hier gab es offensichtlich eine für Berlin geradezu revolutionäre Haltungsänderung, denn noch vor wenigen Jahren wurden die Bus-Kaps als völlig ungeeignet für die Berliner Verkehrsverhältnisse von den Behörden vehement abgelehnt.

Viele Fragen – keine blieb offen

Die Fragen der Besucher führten zu vielen unterschiedlichen Themen:

Gibt es bald mehr Daisy-Anzeiger an Bus Haltestellen?

In den Jahren 2011/2012 werden 80 neue Daisy-Anzeiger montiert. Voraussetzung ist allerdings die betriebstaugliche Einführung des neuen RBL-Systems. Aber das wird ja bald (hoffentlich). Kosten je Anzeiger ca. 20 000 Euro.

Was ändert sich 2011 im Busnetz Adlershof bei Inbetriebnahme der Tram zur Wissenschaftsstadt?

Wesentliche Änderungen im Busnetz sind nicht geplant.

Warum wurden trotz der Bus-Krise die Doppeldecker der Baureihe DN überhastet ausgemustert? Gibt es neue 15-Meter Wagen?

Die Instandhaltung der Fahrzeuge vom Typ DN wurde zu teuer. Viele Fahrzeuge wiesen Mängel auf, z. B. Rostschäden. Die vorhandenen 15-Meter-3-Achs-Eindecker werden 2012 auslaufen und nicht mehr neu beschafft. Schwerpunkt in der Fahrzeugbeschaffung sind Doppeldecker. Zurzeit sind 414 DL-Doppeldecker, 328 Gelenkbusse, 114 15-Meter-Busse und 414 Standard-12-Meter- Eindecker im Einsatz. Allerdings muss das Qualitätsproblem bei den Doppeldeckern vom Hersteller gelöst werden. Ist das nicht möglich, wird ein vermehrter Kauf von Gelenkbussen erwogen.

Werden Doppeldecker zum neuen Flughafen BBI fahren?

Geplant ist die Verlängerung der Linie X11 die zurzeit mit Doppeldeckern betrieben wird. Der Fahrzeugeinsatz wird jedoch noch überdacht.

Warum gibt es am U-Bahnhof Alt-Tempelhof für die dort aussetzenden Busse der Linie M46 eine andere Haltestelle als für die Wagen der Stammlinie? Will man nach dem Aussteigen mit dem Tourenwagen weiterfahren, kommt es vor, dass dieser einem von der Stammwagenhaltestelle vor der Nase abfährt.

Die BVG wollte das nicht. Der M46E sollte an der Stammhaltestelle halten und seine Kehrzeit in Alt-Tempelhof nehmen. Die Verkehrsverwaltung verweigerte jedoch die Erlaubnis für diese Endstelle. Die jetzige Lösung ist daher der einzig mögliche Kompromiss. Kommentar aus dem Publikum: Ein typische Beispiel für Berliner Verkehrspolitik: Im Zweifelsfall für den Autoverkehr und gegen die BVGFahrgäste.

Bleibt die Sommerlinie zum Strandbad Wannsee bestehen?

Die Linie ist problematisch. Bei schlechtem Wetter ist die Nutzung zu gering. Bei gutem Wetter sind die Busse gut besetzt, aber die BVG kann oft nicht verlässlich fahren weil die Straßen zugeparkt sind. Räumt die Polizei, wie mal versprochen, klappt es, räumt sie nicht, klappt es nicht. Dennoch soll sie 2011 zumindest in den Ferien wieder fahren.

Die Diskussionsrunde ist hier natürlich nur auszugsweise wiedergegeben. Erfrischend waren sowohl die durch Sachkunde geprägten Fragen aus dem Publikum als auch die wieder sehr kompetenten Ausführungen und Antworten der Herren Graetz und Nass. Mit Beifall ging der Abend zu Ende. (KJU)

IGEB Stadtverkehr

aus SIGNAL 1/2011 (März 2011), Seite 9-10

 

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