Reisen per Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff
können von Verkehrsunternehmen wie
von deren Kunden noch so gut geplant
und organisiert sein: Es wird immer wieder
zu Problemen kommen, die Anlass zur Beschwerde
geben. Wer auf seine Beschwerde
keine zufriedenstellende Antwort bekommt,
kann sich an die söp, die Schlichtungsstelle
für den öffentlichen Personenverkehr,
wenden. Sie erarbeitet dann einen Schlichtungsvorschlag
zur einvernehmlichen und
außergerichtlichen Streitbeilegung. Das erspart
allen Beteiligten Geld, Zeit und Ärger.
SIGNAL-Leserinnen und -Leser können in
jeder Ausgabe anhand eines konkreten Falls
einen Einblick in die praktische Arbeit der
söp bekommen.
Aber auch Fahrgäste im Nahverkehr der
Länder Berlin, Brandenburg und Sachsen-
Anhalt können sich an die söp wenden,
wenn sie auf ihre Beschwerde hin von der
BVG, der S-Bahn Berlin GmbH oder einem
anderen teilnehmenden Verkehrsunternehmen
der Region keine sie zufriedenstellende
Antwort erhalten haben.
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer fuhr am 29. August
2011 zusammen mit einem weiteren Reisenden
von Avignon nach Berlin-Wannsee. Die
Fahrt wurde mit einem Autoreisezug durchgeführt.
Mit E-Mail vom 26. August 2011 wurde
dem Beschwerdeführer von dem Verkehrsunternehmen
die Ankunftszeit übermittelt.
Planmäßig sollte er am 30. August 2011 um
14.50 Uhr ankommen.
Auf der Fahrt hatte der Autoreisezug aber
eine erhebliche Verspätung, so dass der
Beschwerdeführer Berlin-Wannsee erst um
16.15 Uhr erreichte. Da sich das Zugpersonal
weigerte, die Verspätung zu bestätigen,
ließ sich der Beschwerdeführer von einem
Mitarbeiter im Abfertigungscontainer die
Verspätung auf der Fahrkarte quittieren.
Der Mitarbeiter notierte auf der Fahrkarte
die Ankunftszeit von 16.15 Uhr.
Ablehnung
Nach der Rückkehr von der Fahrt stellte
der Beschwerdeführer einen Antrag auf
Verspätungsentschädigung beim Servicecenter
Fahrgastrechte. Das Servicecenter
stellte eine Verspätung von 0 Minuten fest
und lehnte die Zahlung einer Verspätungsentschädigung
ab. Der Beschwerdeführer
legte gegen diese Entscheidung mehrfach
Widerspruch ein, aber ohne Erfolg. Das Servicecenter
blieb bei einer Verspätung von „0“
Minuten.
Schlichtungsarbeit
Der Beschwerdeführer wandte sich an die
söp, weil er auf seiner Fahrt eine Verspätung
von mehr als 60 Minuten hatte und ihm nach
seiner Meinung daher 25 Prozent des Fahrpreises
zustehen.
Die söp setzte sich mit dem Verkehrsunternehmen
in Verbindung und wies darauf
hin, dass der Verspätungsbegriff in der Verordnung
(EG) Nr. 1371/2007 (VO) definiert
ist. Dort heißt es in Art. 3 Ziffer 12 VO, dass
Verspätung „die Zeitdifferenz zwischen der
planmäßigen Ankunftszeit des Fahrgastes
gemäß dem veröffentlichen Fahrplan und
dem Zeitpunkt seiner tatsächlichen oder erwarteten
Ankunft“ ist. Der gegenüber dem
Beschwerdeführer veröffentlichte Fahrplan
sah eine Ankunft um 14.50 Uhr vor. Dies
wurde ihm sogar zwei Mal bestätigt. Insofern
muss sich das Verkehrsunternehmen
auch an die Fahrplanauskunft und die von
ihm kommunizierte Uhrzeit halten. Es kann
sich nicht auf zwischenzeitlich eingetretene
Veränderungen berufen, wenn diese nicht
nach außen erklärt wurden. Dies wäre eine
unangemessene Benachteiligung für die
Reisenden.
Nach Auffassung der söp hatte der Beschwerdeführer
daher Anspruch auf eine
Verspätungsentschädigung i.H.v. 25 Prozent
des Fahrpreises (hier: 30 Euro), da er eine
Verspätung von mehr als 60 Minuten hatte.
Im Übrigen wies die söp darauf hin, dass
das Eisenbahnunternehmen nach Art. 18
Abs. 4 VO auf Anfrage des Fahrgastes verpflichtet
ist, auf der Fahrkarte die Verspätung
zu bestätigen.
Die Schlichtungsempfehlung der söp wurde
angenommen. Das Verkehrsunternehmen
zahlte eine Verspätungsentschädigung i.H.v.
30 Euro und übersandte als kleine Wiedergutmachung
auf Anraten der Schlichtungsstelle
zwei Verzehrgutscheine im Gesamtwert von
10 Euro. (Dr. Katja Schmidt)
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Internet: www.soep-online.de
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
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