Schlichtungsstelle söpsöp

Entschädigungsansprüche bei Bahnpauschalreisen

Reisen per Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff können von Verkehrsunternehmen wie von deren Kunden noch so gut geplant und organisiert sein: Es wird immer wieder zu Problemen kommen, die Anlass zur Beschwerde geben. Wer auf seine Beschwerde keine zufriedenstellende Antwort bekommt, kann sich an die söp, die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr, wenden. Sie erarbeitet dann einen Schlichtungsvorschlag zur einvernehmlichen und außergerichtlichen Streitbeilegung. Das erspart allen Beteiligten Geld, Zeit und Ärger. SIGNAL-Leserinnen und -Leser können in jeder Ausgabe anhand eines konkreten Falls einen Einblick in die praktische Arbeit der söp bekommen.

Aber auch Fahrgäste im Nahverkehr der Länder Berlin, Brandenburg und Sachsen- Anhalt können sich an die söp wenden, wenn sie auf ihre Beschwerde hin von der BVG, der S-Bahn Berlin GmbH oder einem anderen teilnehmenden Verkehrsunternehmen der Region keine für sie zufriedenstellende Antwort erhalten haben.

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer buchte für sich und seine Frau eine mehrtägige Bahnpauschalreise bei einem Reiseveranstalter. Der Gesamtpreis der Reise betrug 688 Euro. Diese Reise beinhaltete neben einer Hotelunterkunft in Hamburg auch die Zugfahrt von Stadtroda nach Hamburg und zurück in der 2. Klasse.

Auf der Rückfahrt nach Stadtroda hatten der Beschwerdeführer und seine Frau eine Verspätung von zwei Stunden. Weitere Unannehmlichkeiten neben der Verspätung hat der Beschwerdeführer nicht vorgetragen.

Bearbeitung durch das Verkehrsunternehmen

Nach der Rückkehr von der Reise stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verspätungsentschädigung beim Verkehrsunternehmen. Dieses stellte eine Verspätung von 121 Minuten fest und zahlte ohne Angabe von näheren Erläuterungen eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 20 Euro.

Schlichtungsarbeit

Der Beschwerdeführer wandte sich an die söp, weil er den Entschädigungsbetrag als zu gering empfand. Im Übrigen sei nicht nachvollziehbar, wie sich dieser Betrag zusammensetzt.

Die söp teilte dem Beschwerdeführer mit, dass es sich bei dem von ihm erworbenen Ticket um eine sogenannte RIT-Reise handelt. Eine RIT-Reise (Rail Inclusive Tours) ist ein touristisches Pauschalarrangement von Reiseveranstaltern nach § 7 der Eisenbahn- Verkehrsordnung, so dass der Vertrag auch nur mit dem Reiseveranstalter und nicht mit dem Verkehrsunternehmen zustande kommt. Das Verkehrsunternehmen ist lediglich Kooperationspartner des jeweiligen Reiseveranstalters.

Im Rahmen dieser Kooperationsvereinbarung sind pauschale Entschädigungssummen für die RIT-Reisen festgelegt worden. Hintergrund für diese pauschalen Entschädigungssummen ist vor allem, dass die Vorschriften des Reisevertragsrechts nach § 651a ff. BGB Anwendung finden und nicht diejenigen der neuen Fahrgastrechte aus der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007. Daher ist vorliegend auch keine Entschädigung in Höhe von 50 Prozent des Fahrpreises geschuldet.

Die pauschalen Entschädigungssummen für die RIT-Reisen betrugen bei Bahnreisen in der 2. Klasse zum Reisezeitpunkt 10 Euro pro Person und bei Bahnreisen in der 1. Klasse 15 Euro pro Person. Die an den Beschwerdeführer gezahlte Entschädigung in Höhe von 20 Euro entspricht daher den Vorgaben aus der Kooperationsvereinbarung. Etwaige weitergehende Gewährleistungsansprüche wegen eines „Reisemangels“ könnten allenfalls gegenüber dem Reiseveranstalter geltend gemacht werden, nicht jedoch gegenüber dem Verkehrsunternehmen als einem für die Bahnfahrt eingeschalteten Leistungsträger.

Der Beschwerdeführer reagierte positiv auf die Feststellungen der söp und dankte für die näheren Erläuterungen. Insbesondere wies er darauf hin, dass ihm die Hintergründe der Bahnpauschalreise und die damit verbundenen Regelungen nicht bekannt waren. Die Antwort des Verkehrsunternehmens ist für ihn nun nachvollziehbarer und verständlicher geworden. Die söp kann daher auch in einem solchen Fall durch Klarstellung der Rechtslage zu mehr Transparenz im Entschädigungsverfahren beitragen und den Konflikt zwischen dem Verkehrsunternehmen und dem Kunden lösen. (Dr. Katja Schmidt)

söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.,
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin,
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Internet: www.soep-online.de

söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.

aus SIGNAL 1/2012 (März 2012), Seite 27

 

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