Aus den Verbänden

Ein Leben für den Bahnhof Zoo

Alfred Schultz * 23. Juli 1930 † 29. Januar 2012

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Alfred Schultz Mitte der 1980er Jahre als Vorsteher des Bahnhofs Berlin Zoologischer Garten. Foto: Sammlung A. Schultz

Nach langer schwerer Krankheit ist das IGEB-Ehrenmitglied, der Reichsbahn-Hauptrat a. D. Alfred Schultz gestorben.

Sein Arbeitsleben begann 1944 bei der Deutschen Reichsbahn (DR) in Berlin. Die Ausbildung schloss er 1950 ab und arbeitete u. a. als Dienststellenleiter des Bahnhofs Berlin- Steglitz. 1966 wurde dort die Lage „heiß“: Die DR verweigerte zunächst den Abriss des alten Empfangsgebäudes für das Stadtautobahnprojekt „Westtangente“. Erst mithilfe eines Dienstbefehls aus der Kriegszeit ließen sich die Eisenbahner zur Entfernung von Fernmeldeeinrichtungen verpflichten, was Voraussetzung für den Abbruch war.

Auch 1980 beim Streik von West-Berliner Reichsbahnern stand Alfred Schultz in der ersten Reihe, als die West-Berliner Polizei ihm trotz seiner Funktion als Dienststellenleiter des Bahnhofs Berlin Zoologischer Garten den Zutritt zum besetzten Stellwerk „Zow“ verweigerte.

Nicht diese durch die politischen Bedingungen des Bahnverkehrs in Berlin begründeten Erinnerungen bleiben. Wichtig für die Erinnerung an Alfred Schultz ist seine Arbeit im Interesse der Reisenden und der Eisenbahner. Seit Ende der 1960er Jahre war er zunächst stellvertretender Dienststellenleiter und ab 1977 Leiter des Bahnhofs Zoo. In dieser Rolle lernten wir, der Berliner Schienenverkehrs-Verband (heute DBV Berlin) mit seinen 17 Mitgliedsvereinen, darunter der Berliner Fahrgastverband IGEB, ihn Ende 1983 persönlich kennen. Man traf sich stets inoffiziell. Es ging darum, das vom Senat ignorierte 100-jährige Jubiläum des Fernbahnhofs Zoo 1984 vorzubereiten. „Informationsfahrten“ der DR vom Bf Zoo über Spandau nach Wannsee mit einem dampflokbespannten Zug und eine gleichzeitige Ausstellung des Schienenverkehrs-Verbands „100 Jahre Fernbahnhof Zoo“ in der S-Bahnhalle des Bahnhofs Zoo an der Hardenbergstraße waren das Ergebnis. Man feierte unter einem Dach, aber getrennt, denn gemeinsame öffentliche Veranstaltungen waren undenkbar.

Dieser Kontakt zahlte sich aus. 1985 gelang es gemeinsam, Ideen zu entwickeln, wie der Bahnhof im Interesse der Reisenden und der Eisenbahner modernisiert werden könnte. Alfred Schultz vertrat die Pläne gegenüber der DR, der Fahrgastverband IGEB brachte sie in die West-Berliner Öffentlichkeit. Und so entstand das einzige gemeinsame Ost-West-Projekt zur Berliner 750-Jahr-Feier.

Auch später entwickelte Alfred Schultz selbst und im Dialog mit uns viele gute Ideen zugunsten der Reisenden – vom Hausgepäckservice bei der DR über elektronische Fahrkartenverkaufssysteme, Einrichtung weiterer Fahrkartenverkaufsstellen in den Bahnhöfen Steglitz, Tegel und Spandau, Erweiterung des Zugangebots und Serviceverbesserungen in den Zügen bis zu Sonderfahrten an die Ostsee. Er stand so stellvertretend für viele Eisenbahner in West-Berlin, die den Dienst für die Reisenden im Blick hatten – trotz der Anfeindungen, denen die DR als Verkehrsunternehmen der DDR ausgesetzt war.

Vier Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung ging er 1994 in den Ruhestand, war aber für uns auch weiterhin ansprechbar. Eine letzte Zusammenarbeit mit ihm gab es 2011. Das Berliner S-Bahn-Museum stellte eine Ausstellung über den Bahnhof Zoologischer Garten in der Zeit des Kalten Krieges zusammen. Trotz des wohlverdienten Ruhestandes und schon schwer von der Krankheit gezeichnet, unterstützte Alfred Schultz die Ausstellung im „Amerika-Haus“, unmittelbar neben dem Bahnhof gelegen, mit Rat und wichtigen Dokumenten. Sie wurde so auch eine Würdigung für seine Arbeit und war leider auch sein letzter öffentlicher Auftritt.

Alfred Schultz war stets ein Diplomat; er beherrschte die Kunst des Spagats zwischen den politischen Systemgegebenheiten in Berlin, ohne seine eigentliche Aufgabe zu vernachlässigen – das Wohl der Reisenden und der Eisenbahner. Er war eine wichtige Persönlichkeit des Berliner Eisenbahnwesens.

Wir werden ihn sehr vermissen.

Berliner Fahrgastverband IGEB,
Christfried Tschepe

Deutscher Bahnkunden-Verband,
Gerhard J. Curth

Berliner S-Bahn Museum,
Udo Dittfurth


aus SIGNAL 1/2012 (März 2012), Seite 30

 

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