Reisen per Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff
können von Verkehrsunternehmen wie von
deren Kunden noch so gut geplant und organisiert
sein: Es kann immer wieder zu Problemen
kommen, die Anlass zur Beschwerde
geben. Wer auf seine Beschwerde keine
zufriedenstellende Antwort bekommt, kann
sich an die söp, die Schlichtungsstelle für den
öffentlichen Personenverkehr, wenden. Sie
erarbeitet dann einen Schlichtungsvorschlag
zur einvernehmlichen und außergerichtlichen
Streitbeilegung. Das erspart allen Beteiligten
Geld, Zeit und Ärger. SIGNAL-Leserinnen
und -Leser können in jeder Ausgabe
anhand eines konkreten Falls einen Einblick
in die praktische Arbeit der söp bekommen.
Aber auch Fahrgäste im Nahverkehr der
Länder Berlin, Brandenburg und Sachsen-
Anhalt können sich jetzt an die söp wenden,
wenn sie auf ihre Beschwerde hin von der
BVG, der S-Bahn Berlin GmbH oder einem
anderen teilnehmenden Verkehrsunternehmen
der Region keine sie zufriedenstellende
Antwort erhalten haben.
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer ist schwerbehindert.
Zur Fortbewegung ist er seit langem auf ein
sogenanntes Behindertendreirad angewiesen.
Dieses nimmt er seit etwa 25 Jahren
auch auf seinen Bahnreisen mit. Bis zum Jahr
2006 gab es für ihn dabei keine Probleme. Das
Verkehrsunternehmen bestätigte ihm zuletzt
2006 die kostenlose Mitnahme seines Dreirades
als orthopädisches Hilfsmittel.
Im Jahr 2008 erhielt der Beschwerdeführer
jedoch die Mitteilung, dass er das Dreirad
nicht mehr kostenlos mitnehmen dürfe. Vielmehr
habe er ein Fahrradticket zu lösen. In
der Zwischenzeit verschlechterte sich seine
Behinderung weiter, so dass er auf das Dreirad
als Fortbewegungsmittel zwingend angewiesen
war und dieses auch als Ersatz für
einen Rollstuhl diente.
Ablehnung
Mit diesen Sorgen wandte sich der Beschwerdeführer
an das Verkehrsunternehmen und
bat um Erteilung einer Ausnahmegenehmigung
für die kostenlose Beförderung seines
Behindertendreirades. Das Verkehrsunternehmen
lehnte das jedoch ab. Bei dem Behindertendreirad
handele es sich nicht um
ein orthopädisches Hilfsmittel, das kostenlos
mitgenommen werden könne. Gemäß „Leitfaden
zur Mitnahme orthopädischer Hilfsmittel“
sei die Mitnahme von Dreirädern wie die Mitnahme
von Fahrrädern in Zügen zu behandeln.
Eine Fahrradmitnahme aber sei kostenpflichtig
und könne nur im Rahmen der technischen
Möglichkeiten und der verfügbaren Kapazitäten
erfolgen. Einen Anspruch auf kostenlose
Mitnahme des Behindertendreirades habe der
Beschwerdeführer also nicht.
Schlichtungsarbeit
Mit dieser Ablehnung einer Ausnahmegenehmigung
wandte sich der Beschwerdeführer
an die söp. Die Prüfung seines Anliegens
ergab, dass es sich bei dem Behindertendreirad
um ein orthopädisches Hilfsmittel nach
§ 33 SGB V (Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch)
handelt. Der Beschwerdeführer ist auf das
Behindertendreirad angewiesen, um eine
Behinderung auszugleichen und um den erheblich
eingeschränkten Bewegungsradius
in geeigneter Weise zu erweitern. Dies gilt
umso mehr, als dass sich die Behinderung
des Beschwerdeführers verschlechtert hat
und das Behindertendreirad zum Rollstuhlersatz
geworden war. Die söp hat auch auf die
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
verwiesen. Dieses hatte entschieden, dass
ein Behindertendreirad kein Gegenstand
des täglichen Gebrauchs ist. Somit hat der
Beschwerdeführer einen Anspruch auf eine
kostenlose Beförderung seines Behindertendreirades.
Die Schlichtungsempfehlung der söp wurde
angenommen. Das Verkehrsunternehmen gestattete
dem Beschwerdeführer die kostenlose
Mitnahme seines Behindertendreirades. Darüber
hinaus änderte das Verkehrsunternehmen
auch die Bestimmungen zur Mitnahme orthopädischer
Hilfsmittel. Nunmehr ist eine kostenlose
Mitnahme möglich, wenn der Reisende
über einen Schwerbehindertenausweis verfügt,
in dem seine Gehbehinderung (Merkzeichen
„G“) nachgewiesen ist – eine gute Lösung
für alle Behinderten, die auf solche Hilfsmittel
angewiesen sind. (Dr. Katja Schmidt)
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Internet: www.soep-online.de söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
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