Brandenburg

Regionalbahnanbindung des Flughafens BBI ohne Scheuklappen überdenken!

Messe Nord
S-Bahnhof Messe Nord, davor die Gleise des Berliner Innenrings, der hier zweigleisig und elektrifiziert ist, derzeit aber nur von Güterzügen befahren wird. An dieser Stelle könnte der Messebahnhof für Regionalzüge Potsdam Hbf—Berlin Messe—Berlin Hbf—BBI gebaut werden. Foto: Frank Böhnke

Vor Jahren, noch unter der SPD/CDU-Landesregierung, hat sich Brandenburg für eine Flughafenanbindung mit der Regionalbahn entschieden, deren Linienführung über den Berliner Außenring südwestlich der Landeshauptstadt Potsdam für Unmut sorgt. Auf jede Kritik kommt immer die Antwort, man prüfe verschiedenste Varianten zur Abmilderung von Problemen. Doch als Ergebnis dieser Prüfungen sind bisher keine anderen Lösungen erkennbar.

Welche Kritikpunkte gibt es?

Die meiste Kritik kommt von Fahrgästen und Kommunalpolitikern entlang der heutigen Strecken von RE 7 Dessau—Belzig—Michendorf— Potsdam und RB 22 Potsdam— Caputh-Schwielowsee—Michendorf— Schönefeld Flughafen. Die Orte entlang der RB 22 verlieren ihre Direktverbindung zum BBI und die Orte entlang der RE 7 ihre Umsteigemöglichkeit zur RB 22 in Michendorf. Aber auch in Potsdam gibt es Kritik, dass die künftige BBI-Anbindung mit dem Umweg über Golm erfolgen soll, von dort dann aber zum Aufholen der verlorenen Zeit in Potsdam Pirschheide durchgefahren wird.

Wie konnte es zu diesen Planungen kommen?

Das Land Brandenburg bewertet eine direkte Anbindung des Universitätsstandortes Golm an den BBI politisch als vordringlich. Es stellt sich die Frage, wie viele Besucher der Universität diese Anbindung wirklich nutzen? Offiziell sollen es bis zu 800 Fahrgäste täglich sein. Wegen der Anbindung von Golm verstieg man sich auf die Nutzung des südlichen Berliner Außenringes. Mögliche andere Führungen – unter anderem durch Berlin – will man nicht nutzen, denn seit Jahren kann oder will man sich nicht mit Berlin über vernünftige Reglungen zur Finanzierung des Regionalverkehrs einigen.

Gäbe es Alternativen?

Ja, und sie wurden bereits vorgeschlagen! Sie scheiterten jedoch an der „Finanzierungsmauer“ zwischen Berlin und Brandenburg. Durch den Berliner Fahrgastverband IGEB wurde die Führung des Flughafenexpresses von Golm kommend über Potsdam, Wannsee (mit einem optionalen Haltepunkt Messe Nord/ICC) über den nördlichen Berliner Innenring nach Berlin Hauptbahnhof (unterirdischer Bahnhofsteil) vorgeschlagen. Ab hier würden diese Züge weiter zum Flughafen BBI fahren können. Für die Region um Michendorf und die Anschlussbeziehungen aus Richtung Dessau (RE 7) und Jüterbog (MR 33) bliebe die heutige Linienführung der RB 22 bestehen (Umsteigen im Bahnhof Michendorf). Ein weiterer Vorteil: Es ergäben sich eine schnelle Direktverbindung vom unterirdischen Teil des Berliner Hauptbahnhofs von und nach Potsdam; die Fahrzeit wäre nicht länger als heute über die Stadtbahn!

Welches sind die Vorteile dieser Lösung?

Es stellt sich die Frage, wie viele Uni-Nutzer wirklich zum BBI wollen? Vielmehr wird doch die Nachfrage von Potsdam in Richtung Berlin wesentlich höher sein! Mit der Führung der Expresslinie auf dem vorgeschlagenen Weg durch Berlin lassen sich für beide Länder zusätzliche positive Effekte erzielen. Die Messe Berlin und das ICC als Anziehungspunkt wären bei einem späteren Regionalexpress-Halt auch für Reisende vom BBI kommend schnell und umsteigefrei erreichbar. Hier gäbe es Zeitvorteile gegenüber der S-Bahn-Verbindung und eine höhere Reisequalität.

Durch das Land Brandenburg wurden zwei Regionalbahn-Linien über den heutigen Endpunkt Potsdam Hauptbahnhof und Griebnitzsee auf die Stadtbahn bis zum Bahnhof Friedrichstraße verlängert, die ersatzweise in diesen Express über Messe Nord aufgehen können. Somit sinkt die Belastung der Stadtbahn, aber das wichtigste Ziel auf der Stadtbahn, der Hauptbahnhof, würde weiterhin angefahren. Zu erwarten ist zudem, dass bei dieser Linienführung der Express eine wirklich gleichmäßige Auslastung auf der gesamten Strecke hat. Eine gleichmäßige Auslastung bei der Führung über den Außenring ist zu bezweifeln.

Mit dem Weiterbetrieb der RB 22 in der jetzigen Form wird bei Umsetzung des IGEBVorschlages die Erschließung der Region Michendorf und der Anschlüsse an dieser Strecke sichergestellt.

Es gibt also Möglichkeiten, die wachsende Kritik an der BBI-Anbindung gerade aus dem Landkreis Potsdam-Mittelmark zu beenden. Doch dazu muss man eingefahrene politische Wege verlassen. Der DBV hofft, dass die beiden rot-roten Regierungen in Brandenburg und Berlin das Konzept noch einmal überdenken. Nutzer und Arbeitskräfte des Flughafens, die erst einmal zum Auto abgewandert sind, sind nur schwer zurückzugewinnen.

DBV-Regionalverband Potsdam-Mittelmark

aus SIGNAL 3/2010 (Juli 2010), Seite 15

 

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