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Karte: Kartenwerkstatt |
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Eröffnung des neuen Haltepunktes „Ueckermünde Stadthafen“ am 15. August 2009. Von der Verlängerung der Bahnstrecke Jatznick—Ueckermünde zum Hafen profitieren die Bewohner ebenso wie die vielen Ostseeurlauber. Foto: Stadt Ueckermünde |
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Ueckermünde, eine kleine Stadt im Nordosten
Deutschlands, erhielt 1260 das Stadtrecht.
Die Stadt liegt malerisch eingebettet
zwischen Haff und Ueckermünder Heide
und hat heute rund 10 900 Einwohner.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts bestand
seitens der Einwohnerschaft, der Politik
und der Wirtschaft Interesse an einer
Eisenbahnanbindung sowohl nach Berlin
als auch nach Stralsund. Am 25. April 1882
stimmte der Preußische Landtag dem Bau
einer Eisenbahnstrecke von Ueckermünde
nach Jatznick, das an der Bahnstrecke Berlin—
Stralsund liegt, zu. Am 15. September
1884 wurde die Strecke fertiggestellt und
dem öffentlichen Verkehr übergeben.
Der Bau der Strecke kostete rund 1,5 Millionen
Goldmark. Die Strecke hatte bereits
zu diesem Zeitpunkt ihre Bedeutung sowohl
für den Personen- als auch für den Güterverkehr,
vor allem durch die Erweiterung der
Produktion der Eisengießereien in Torgelow
und Ueckermünde. An der Strecke lagen
und liegen heute noch die Stationen Hoppenwalde,
Eggesin und Torgelow. Es entstand
schon zu dieser Zeit Zugverkehr nach
Berlin und Stralsund.
So konnte man laut Fahrplan von 1890
beispielsweise von Berlin Stettiner Bahnhof
um 8.50 Uhr abreisen, war um 12.14 Uhr in
Jatznick, musste dort umsteigen und konnte
um 12.23 Uhr nach Ueckermünde weiterfahren,
wo man um 13.14 Uhr eintraf. Die
Reise nach Ueckermünde kostete damals in
der 2. Klasse 9,90 Reichsmark und in der der
3. Klasse 6,60 Reichsmark. Inwieweit sich die
Bevölkerung eine solche Reise aufgrund der
damaligen Lebensverhältnisse leisten konnte,
bleibt dahingestellt.
Während der Zeit des Nationalsozialismus
wurden Anfang bis Mitte der 1930er Jahre
große unterirdische Anlagen zur Munitionsherstellung
erbaut, wodurch die Strecke
für den Berufsverkehr und zur Abfuhr der
fertiggestellten Munition an Bedeutung
gewann. Ab 1950 schritt die Industrialisierung
im Kreis Ueckermünde voran. Mit dem
Ausbau der Eisengießereien in Torgelow
und Ueckermünde, der holzverarbeitenden
Industrie in Eggesin sowie der Herstellung
von Medizinmöbeln in Torgelow entstand
ein stetig steigender Güterverkehr.
Ab 1952 wurden im Kreis Ueckermünde
Standorte der Nationalen Volksarmee unter
anderem in Torgelow-Spechtberg, Torgelow-
Drögeheide, Eggesin-Karpin und Altwarp
errichtet. Dadurch gewannen die Transporte
von Militärmaterial und Militärangehörigen an
Bedeutung. Hierzu wurde auch eine Verladerampe
für die NVA in Hoppenwalde errichtet.
Durch das Stettiner Haff und seinen weißen
Strand sowie die schöne Ueckermünder
Heide wurde die Gegend seit den 1960er
Jahren zu einem beliebten Urlaubsgebiet.
Es gab zahlreiche betriebliche Ferienobjekte
und Campingplätze, wo sich die Urlauber,
besonders aus den Industriegebieten der
DDR, erholen konnten. Daher waren die Personenzüge,
besonders in der Sommer- und
Ferienzeit, gut ausgelastet.
Auch der Berufsverkehr mit der Eisenbahn
spielte in der Region eine gewisse Rolle. So
mancher Arbeiter und Angestellter, der in
Ueckermünde arbeitete, fuhr mit dem Zug
zum Dienst oder zur Arbeit. Der Fahrpreis
war günstig: Aufgrund der 75-Prozent-
Ermäßigung auf Arbeiter-Rückfahrkarten
kostete die Wochenkarte von Torgelow
nach Ueckermünde hin und zurück, 2,20
DDR-Mark – ein unschlagbar niedriger Preis.
Der Nachteil: Der Bahnhof Ueckermünde lag
am Rande der Stadt und erforderte einen
20-minütigen Fußweg bis in die Innenstadt
von Ueckermünde.
Schon aus diesem Grund bestand der
Wunsch zur Weiterführung der Strecke vom
Bahnhof Ueckermünde zum Hafen beziehungsweise
in die Innenstadt. Der Oberbau,
wenn auch erneuerungswürdig, und die
Gleise waren wegen des Güterverkehrs vorhanden.
Aber seitens der Stadt Ueckermünde,
des Rates des Bezirks Neubrandenburg
und des Ministeriums für Verkehrswesen der
DDR bestand kein Interesse an einer solchen
Weiterführung. Des Weiteren wurde ein Teil
der Strecke als Anschlussgleis von der Eisengießerei
Ueckermünde genutzt.
Erst ab 2003 wurde über eine Weiterführung
der Strecke nachgedacht. Nach vielen
Gesprächen mit den zuständigen Stellen,
einer umfangreichen Planung und Klärung
der Finanzierung war es im Januar 2009
dann endlich soweit. Woran viele Menschen
nicht mehr glaubten, wurde Realität: Mit der
Verlängerung der Strecke Jatznick—Ueckermünde
zum Hafen und in das Zentrum der
Stadt wurde begonnen.
Neue Bahnhöfe für Ueckermünde
Die Station Ueckermünde wurde verlegt
und am Hafen wurde eine neue gebaut. Der
Oberbau der Trasse wurde komplett erneuert,
es wurden 840 Meter neue Gleise verlegt.
Erschwerend für die Neuverlegung waren
der hohe Grundwasserspiegel sowie die
Torfschichten im Untergrund am Stadthafen.
Natürlich wurden auch neue Stationen an
der Strecke errichtet.
Am 15. August 2009 war es dann soweit.
Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung,
die einer wahren Volksfeststimmung glich,
rollte gegen 10 Uhr der erste Zug in die neue
Endstation “Ueckermünde Stadthafen” ein.
Der Zug wurde mit einer zünftigen Blasmusik
empfangen. Dem Zug entstiegen der
Verkehrsminister des Landes Mecklenburg-
Vorpommern, Volker Schlotmann, sowie
der Konzernbevollmächtigte der Deutschen
Bahn für Berlin, Ingulf Leuschel. In den Reden
wurde auf die Bedeutung der Strecke
Jatznick—Ueckermünde—Ueckermünde
Stadthafen für den allgemeinen öffentlichen
Personennahverkehr, insbesondere für
den Tourismus in der Region, hingewiesen.
Die beiden neuen Haltepunkte Ueckermünde
und Ueckermünde Stadthafen sind
mit Bahnsteigbeleuchtung, Wegeleitsystem
sowie Wetterschutz ausgestattet. Die
100 Meter langen Bahnsteige sind über Rampen
auch für Reisende mit Mobilitätseinschränkung
zu erreichen und erleichtern
diesen Reisenden auch den Weg in die Züge.
Dem Reisenden, welcher an der neuen
Endstation ankommt, eröffnet sich nun ein
herrliches Panorama auf die historische
Innenstadt mit Blick auf das Bollwerk, die
Stadtkirche, das Stadtschloss und die parkähnlichen
Hafenanlagen. Nun kann vom
Zug direkt auf ein Schiff der Weißen Flotte
umgestiegen werden – und umgekehrt.
Das, was jahrelang erwünscht und ersehnt
wurde, ist nun in Erfüllung gegangen.
Dieser Bahnausbau ist ein Vorzeigebeispiel,
das hoffentlich seine Nachahmer findet. (jb)
DBV Mecklenburg-Vorpommern
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