Berlin

Wann fährt die S-Bahn ab Spandau weiter Richtung Westen?

Mehr als 70 interessierte Bürgerinnen und Bürger konnte Ritva Harju, Mitglied der GAL-Fraktion (Grün-Alternative Liste) in der BVV Spandau und Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses, in der Klosterfeld- Grundschule am 16. Mai 2012 begrüßen. Auf der Tagesordnung stand der Inhalt des Koalitionsvertrages für den Berliner Senat zwischen SPD und CDU. Darin heißt es, man wolle „die Verlängerung der S-Bahn ab Bahnhof Spandau nach Westen bis nach Falkensee“ vorbereiten (siehe SIGNAL 5-6/2011 ).

Wie dazu der Stand der Dinge ist, wollten die GAL-Fraktion in der BVV Spandau und die AG Verkehr der AL von S-Bahn-Chef Peter Buchner wissen. Ihm zur Seite saßen die Verkehrspolitiker Stefan Gelbhaar (Grüne) und Daniel Buchholz (SPD), beide Mitglieder im Berliner Abgeordnetenhaus.

Peter Buchner verwies darauf, dass die Streckenkapazitäten für eine Erweiterung des Regionalverkehrs im Havelland und innerhalb Berlins immer geringer würden. Das liege an den gesteigerten Zugangeboten sowohl im Fern- als auch im Regionalverkehr. Um den Menschen in Spandau und im Havelland künftig ein erweitertes Angebot mit mehr Zügen machen zu können, müsse die S-Bahn über den bisherigen Endpunkt am Rathaus Spandau hinaus fahren, so Buchner, denn das S-Bahn-System habe noch Reserven. Laut Buchner sei eine Verlängerung der S-Bahn von Spandau bis zur Berliner Stadtgrenze wirtschaftlich sinnvoll, weil eine Nutzen-Kosten-Analyse einen sehr hohen Faktor von 2,64 ergeben hätte. Erst Richtung Falkensee sei dieser Wert etwas geringer, läge aber immer noch deutlich über der magischen Marke von 1,0. Der Bund finanziere Verkehrsvorhaben erst, wenn dieser Wert überschritten werde, ergänzte Daniel Buchholz.

Karte
Planunterlage: Flächennutzungsplan Berlin
Zeichnung
Der Berliner Fahrgastverband IGEB fordert seit Jahren, die in Spandau möglichen Bahnhofsstandorte in Variantenkombinationen zu untersuchen (siehe u. a. SIGNAL 3/2008). Die Senatsplanung sieht bisher nur die Variante B (Nauener Straße und Endstation Hackbuschstraße) vor. Am Klosterbuschweg besteht aber eine deutlich bessere Anbindung an das BVGBusnetz, und am Bf. Albrechtshof bestehen große Flächen für Park&Ride-Anlagen, die die Chance bieten, dass viele Brandenburger Autofahrer hier auf die S-Bahn umsteigen und damit die Straßen in Spandau entlasten. Zeichnungen: Florian Müller

Buchholz erinnerte darin, dass im Einigungsvertrag von 1990 festgehalten sei, dass der Bund alle bis zum Mauerbau 1961 betriebenen S-Bahn-Strecken in Berlin und im Umland aus eigenen Finanzmitteln wiederherstellen wolle. Zu diesen Strecken gehöre auch der Abschnitt Spandau—Falkensee. Selbst wenn das mehr als 20 Jahre her sei, stünde diese Verpflichtung der Bundesregierung bis heute. Aus der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen Bund und Bahn (LuV) stünden jährlich 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung, womit die Wiederherstellung der bereits 1951 eröffneten S-Bahn-Strecke von Spandau bis Falkensee bezahlt werden könne. Damit würde eine Folge der deutschen Teilung geheilt werden.

Stefan Gelbhaar bemängelte die Uneinigkeit vieler Politiker zur S-Bahn-Verlängerung von Spandau ins Havelland, wo es besonders in Brandenburg Widerstände gäbe. Dass auch 20 Jahre nach dem Fall der Mauer zur S-Bahn-Strecke über Spandau hinaus nur diskutiert und nicht gehandelt werde, sei unverständlich, kritisierte der grüne Politiker.

Eine große Rolle spielten in der Diskussion die Standorte der künftigen S-Bahnhöfe. Besonders der geplante Bahnhof Hackbuschstraße stieß auf vehemente Kritik beim Publikum im überfüllten Saal, weil in seinem Umfeld, das durch Einfamilienhäuser geprägt sei, zu wenig potentielle Fahrgäste wohnen würden. Außerdem sei er als Endbahnhof auf Berliner Gebiet ungeeignet. Viele Diskutanten plädierten stattdessen für einen Endpunkt am heutigen bestehenden Bahnhof Albrechtshof, wenn nicht gleich bis Falkensee weiter gebaut werden könne. Peter Buchner gab zu bedenken, dass bei einer Verlängerung der S-Bahn bis nach Falkensee auf Spandauer Gebiet nicht allzu viele Haltestationen die Fahrzeiten der Züge verlängern sollten. Das sei abzuwägen.

Daniel Buchholz warnte davor, sich jetzt in der Diskussion mit den Bahnhofsstandorten zu verzetteln, und forderte, sich zügig auf eine bestimmte Planung und entsprechende Kompromisse zu einigen. „Kritik wird es immer geben, egal was und wo wir bauen“, befand der SPD-Politiker.

Ritva Harju kündigte an, dass die GALFraktion das Projekt ganz schnell in die BVV einbringen wird, „damit wir in der Planung zügig vorankommen“. Dazu sei eine weitere S-Bahn-Runde seitens der Alternativen Liste vorgesehen. Sein Kommen zu diesem Gespräch, wo es konkret um Bahnhofsstandorte und Streckenplanung gehen soll, hat S-Bahn-Chef Buchner bereits zugesichert.

Manfred Kurt Vormelker, GAL-Fraktion Berlin-Spandau

aus SIGNAL 3/2012 (Juli 2012), Seite 18

 

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