Nahverkehr

Dank dem Wahltermin!

Nach nur kurzer Bauzeit wird die Tram in den Wedding fahren

Im Wahljahr 1995 kommt nun doch noch Bewegung in das Thema Straßenbahnverlängerung: Am 3. Februar 1995 ist von der Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe endlich der Planfestetellungsbeschiuß für den Bau der Straßenbahnstrecke von der Bornholmer Straße bis zum Eckernförder Platz ergangen. Festzuhalten ist, daß durch das Engagement vieler Initiativen und Verbände im Planfeststellungsverfahren deutliche Korrekturen an den ursprünglichen Plänen zugunsten einer stärkeren Berücksichtigung stadtgestalterischer und landschaftsplanerischer Belange erreicht wurden (vgl. SIGNAL 9-10/93 ). So ist nunmehr z.B. die Anlage von Rasengleisen vorgesehen, die Zahl der zu fällenden Bäume wurde halbiert, und die Haltestellenlagen konnten verbessert werden. Dieses Beispiel zeigt zum einen, wie sinnvoll und notwendig eine Beteiligung der Bürger bei Planvorhaben der Verwaltungen ist, und zum anderen, daß auch trotz oder wegen der Bürgerbeteiligung die Planungen zügig in die Tat umsetzen werden können, wenn nur der politische Wille dazu vorhanden ist. Und dieser Wille scheint fast untrennbar von der Entfernung zur nächsten Wahl abhängig zu sein.

Baustelle
So schnell kann es gehen, wenn man nur will: Ein gutes halbes Jahr nach dem Planfeststellungbeschluß soll die ca. 2,5 km lange Tram-Naubaustrecke zwischan Bornholmer Straße und Louise-Schroeder-Platz in Betrieb gehen. Niemand zweifelt mehr am Einhalten des Eröffnungstermins 30.9.95, denn drei Wochen später sind Wahlen! Aber weitere Streckenverlängerungen der Straßenbahn in den Westen Berlins, die in den Konzepten van BVG, SPD und natürlich vom Initiativen-Zusammenschluß Berlin" an mindestens sechs Stellen vorgesehen wurden, sind derzeit nicht einmal ansatzweise erkennbar. Foto: I. Schmidt

Nachdem bereits seit Mitte 1994 "bauvorbereitende Maßnahmen" getroffen wurden, wird seit einigen Wochen intensiv gebaut: Bis zum 15. September 1995 Soll die Strecke bis zum Louise-Schroeder-Platz fertig sein, um dann am 30. September in Betrieb zu gehen - drei Wochen vor den Berliner Abgeerdnetenhauswahlen. So schnell kann es also mit der Tram gehen, wenn Berlins Politiker nur wollen. Daß Fünf Jahre nach der Vereinigung Berlins endlich die erste "grenzüberschreitende" Tram fertig wird, ist allerdings mehr dem Bau- als dem Verkehrssenator zu verdanken. Zwar hat sich Herr Haase immer wieder für neue Tram-­Strecken ausgesprochen, aber den Bremsmanövern seiner Partei, der CDU, und vor allem denen seines straßenbahnfeindlichen Staatssekretärs Ingo Schmitt konnte oder wollte Herr Haase wenig entgegensetzen. Daß der Antrieb beim Bausenator Nagel allerdings auch nur bis zu den Wahlen reicht, zeigt eine Informationsbroschü­re seiner Verwaltung: Die Inbetriebnahme des zweiten Verlängerungsabschnittes bis zum Ekkernförder Platz, bisher für 1996 vorgesehen, ist bereits auf 1997 verschoben worden. Angeblich fehlt es an Geld, was nicht glaubwürdig ist, da noch 1995 (vor den Wahlen?) die ersten Bauarbeiten das unsinnige Milliarden­-Projekt U5-Verlängerung beginnen sollen.

IGEB

aus SIGNAL 2/1995 (April 1995), Seite 17-18

 

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