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Was noch vor ein paar Jahren undenkbar schien, hat am 24. März 1995 erstmals
konkrete Formen
angenommen: In Mügeln wurde ein 1:1-Modell eines Schmalspurtriebwagens
vorgestellt. Der bei der
Vorführung noch unmotorisierte Triebwagen wurde vom Wittenberge aus einem
Schmalspurwagen der
Inselbahn Wangerooge konstruiert. Das Fahrzeug soll bei einer Bestellung von
mindestens 10 Exemplaren
unter 1 Mio DM pro Stück kosten, nach einer Frist von etwa neun Monaten könnte
der erste Triebwagen
fertiggestellt sein. Je nach Motorisierung sind Höchstgeschwindigkeiten von 50 bzw.
65 km/h möglich.
Obwohl dieser Triebwagen-Entwurf noch an vielen Stellen weiterentwickelt werden
muß (so z.B. im
Bereich der Türen) und eine Reihe von Fragen für die Serienproduktion noch offen
sind (etwa die
Gestaltung des Wageninneren), wurde bei dieser Vorführung deutlich, daß endlich
ein Anfang für
einen modernen SPNV auf Schmalspurbahnen gemacht wurde.
Im Anschluß an diese Präsentation fand in einem Lokal in der Nähe des Bahnhofes
Mügeln eine Diskussionsrunde über die Zukunft der Schmalspurbahnen der
ehemaligen DDR statt. So erläuterten Vertreter von der DB AG, PRO BAHN, der
Döllnitzbahn GmbH, der Gebietskörperschaften. in denen Schmalspurbahnen bestehen,
sowie vom Verband öffentlicher Verkehrsbetriebe ihre Positionen. Durchweg wurde
großes Interesse an diesen Bahnen bekundet. Bei den Strecken Bad Doberan - Kühlungsborn
West sowie Zittau - Oybin/Jonsdorf sind die Verhandlungen zur Übernahme in
kommunale Regie bereits weit fongeschritten. Von Seiten der DB AG wurde durch
Herrn Martini (Regionalleiter Nahverkehr Sachsen) ein Bestandsschutz zumindest
der sächsischen Schmalspurbahnen bis zum 31.12.1997 zugesichert.
Bei der Diskussion wurde deutlich, daß Schmalspurbahnen nicht nur für Traditionsfahrten,
sondern auch für den modernen SPNV und ggf. Güterverkehr Verwendung finden sollen.
PRO BAHN sprach sich für die Einrichtung eines zentralen Betriebsparkes für die
Schmalspurbahnen aus, damit ließen sich insbesondere die Fahrzeuge rationeller
beschaffen und verwalten (Verbundlösung). Für entscheidend hält PRO BAHN das
Zusammenspiel zwischen Kommunen und Land, auch müssen die Regionen einen
stärkeren Einfluß auf die DB AG erhalten.
Neues von der Döllnitzbahn
Vor der Veranstaltung in Mügeln hatte die Döllnitzbahn GmbH in einer Pressekonferenz
in Oschatz Auskunft über das vergangene Jahr sowie über die künftigen Aktivitäten
gegeben (vgl. SIGNAL 2/95 ). Die Döllnitzbahn GmbH beabsichtigt nicht nur den
Wiederaufbau der Schmalspurbahn vom Abzweig in Nebitzschen bis nach Wermsdorf,
sondern will auch auf der nur noch im Güterverkehr betriebenen Regelspurbahn
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Präsentation eines 1:1-ModeIIes eines modernen Schmalspurtriebwagens in Mügeln am 24. März. Bei Bestellung von mindestens 10 Exemplaren verspricht der Hersteller einen Stückpreis unter 1 Mio DM. Foto: Hansjörg Beyer |
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Torgau - Belgem sowie auf der teilweise auf der Trasse der ehemaligen Schmalspurbahn
nach Strehla verlegten Militärbahn aktiv werden. Für die erstgenannte Strecke hat die
DB AG die Stillegung des Gesamtverkehrs eingeleitet, die letztgenannte Linie wurde
bisher praktisch nur zeitweilig zum Abstellen von Güterwagen genutzt. Bei der
Döllnitzbahn GmbH bestehen Pläne, die beiden Streckenteile in eine durchgehende
Verbindung Oschatz - Torgau einzubeziehen. In diesem Falle müßte zwischen Strehla
und Belgern eine Schienenverbindung konstruiert werden. Moderne Triebwagen würden
dann eine Direktverbindung von Oschatz in die Kreisstadt Strehla anbieten, auch
eine Verlängerung bis
Pretzsch erscheint möglich. Das Kieswerk im südlich von Belgern gelegenen Liebersee
könnte für Güteraufkommen auf der Schiene sorgen. Von Oschatz bis Strehla ließe sich eventuell ein
Dreischienengleis installieren, so daß auch wieder Schmalspurzüge bis in diese kleine Stadt an der Elbe
fahren könnten. Um Mißverständnissen vorzubeugen: Natürlich sind diese Überlegungen
zur Reaktivierung des SPNV auf Regelspurstrecken im Landkreis Oschatz - Torgau
Projekte für die fernere Zukunft.
PRO BAHN
Regionalverband Oschatz
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