Letztmals am 24. September 1995 setzte das Motorschiff "Wamemünde" vom Anleger des
gleichnamigen Fährbahnhofs Reisezugwagen nach Gedser über. 92 Jahre nach der Jungfernfahrt
des Dampfers "Friedrich Franz IV" stellte die älteste Ostsee-Eisenbahnfährlinie ihren Betrieb ein, zugleich
endete die Ära der Direktzüge zwischen Berlin und Kopenhagen anscheinend ersatzlos. Doch offenbar
in letzter Minute einigten sich DB AG und DSB auf einen Kurswagenlauf über Puttgarden. Allerdings
"vergaß" die Bahn, die Offentlichkeit darüber zu informieren. Abgesehen von einem Aushang in
Lichtenberg, fehlt auf den Berliner Fernbahnhöfen jeder Hinweis auf das neue (Ersatz-)Angebot! Auch
in der Tagespresse war nur von Umsteigerelationen via Hamburg oder Lübeck die Rede - ein
unbegreifliches, von der DB AG zumindest hingenommenes Informationsdefizit! Will sie etwa für die nach
massiver Kritik doch noch zustandegekommene, umsteigefreie Verbindung gar nicht erst werben?
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Vorbei. Zum kleinen Fahrplanwechsel am 25. September hat die Bahn die Zugverbindung Berlin - Kopenhagen mit dem Fährabschnitt zwischen Warnemünde und Gedser eingestellt. Unverständlich ist nicht nur diese Entscheidung, unverständlich ist auch, daß ein Ersatzangebot via Puttgarten der Öffentlichkeit verwschiegen wurde. Zwar sind die Kurswagen kein gleichwertiger Ersatz für den Direktzug, aber immerhin eine Alternative zum weiten Umweg über Hamburg. Doch offensichtlich sind eineige Bahnplaner daran ineressiert, daß auch dieses Angebot mangels Nachfrage eingestellt werden kann. Foto: Thomas Billik |
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Gedser Foto: Thomas Billik |
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Täglich verläßt eine aus drei InterRegio-Wagen gebildete Kurswagengruppe mit IC 874 "Max Liebermann"
um 11.28 Uhr Berlin-Lichtenberg. Ab dem ansonsten nicht mit bedachten Bahnhof Büchen fährt sie
um 14.50 Uhr als eigenständiger IR 2134 "Neptun" mit Zwischenstops in Lübeck und Oldenburg (Holstein)
bis Puttgarden (an 16.48 Uhr). Zwei der drei Wagen werden nach Rodby übergesetzt und erreichen mit
EC 186 "Karen Blixen" schließlich um 20.20 Uhr Kopenhagen.
Der Gegenzug EC 187 startet in der dänischen Hauptstadt um 9.20 Uhr. Als IR 2135 nimmt
der "Neptun" dann von Puttgarden (ab 13.00 Uhr)
den Laufweg über Lübeck - Bad Kleinen - Güstrow und trifft um 17.47 Uhr in Berlin-Lichtenberg ein, Der
Fahrpreisberechnung liegt weiterhin die alte Direktroute zugrunde, teurer ist der Umweg also nicht.
Gegenüber dem bisherigen Tageszug über Warnemünde verlängert sich die Fahrzeit nordwärts um
43 Minuten, südwärts um 41 Minuten auf knapp 9 bzw. 8 1/2 Stunden.
Ein Blick in alte Kursbücher erinnert daran, daß es einst noch wesentlich schneller ging. So bewältigte
der als Triebwagen verkehrende "Neptun" im Sommer 1969 die Strecke Berlin Ostbahnhof - Kopenhagen
in 7 Stunden 2 Minuten, zurück in 6 Stunden 46 Minuten. Im Sommer 1974 dauerte die dank Kurswagen
schon ab Bahnhof Berlin Zoologischer Garten umsteigefreie Tagesfahrt 7 Stunden 54 Minuten, in der
Gegenrichtung wiederum bis Zoo 7 Stunden 22 Minuten. Außerdem gab es jahrzehntelang eine
Schlafwagenverbindung im "Ostsee-Express".
Schon in den achtziger Jahren verschlechterten sich die Reisezeiten vor allem tagsüber drastisch.
Ungeachtet dessen erfreuten sich "Neptun" wie "Ostsee-Express" wenigstens in der Sommersaison recht
großen Zuspruchs. Nach dem Fall der Berliner Mauer schnellten die Reisendenzahlen kurzzeitig in die
Höhe. Bald ebbte der Ansturm auf die Züge freilich ab. Umso besser ausgelastet waren auf den Fähren
die Autodecks. Die staatsbahneigenen Motorschiffe "Kong Frederik IX", "Knudshoved" (DSB) und
"Warnemünde" (DR) erhielten zudem Konkurrenz durch neue Fährlinien von und nach Rostock Seehafen.
Zur Bedeutungslosigkeit verkam der für die Reichsbahn einmal sehr lukrative Güterwagentrajekt auf der
alten Stammlinie Warnemünde Gedser. Dagegen boomte der Gütertransport auf der Vogelfluglinie
zwischen Puttgarden und Rodby, einhergehend mit der Verlagerung des Frachtumschlags vom Rostocker
zum Hamburger Hafen.
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Werbung der Deutschen Reichsbahn zu DDR-Zeiten für eine Bahnreise nach Skandinavien mit dem Neptun. |
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Ein IC Berlin Hamburg im Sommer in Hagenow Land, behindert durch Bauarbeiten. Inzwischen dauert die Fahrt noch länger. Deshalb schaltete die Bahn zum kleinen Fahrplanwechsel großformatige Anzeigen und erläuterte: Seit dem 24. September 1995 werden die Baumaßnahmen an der IC-Strecke Berlin - Hamburg intensiviert. Deshalb verlängert sich unsere Fahrzeitvon ca. 3 Stunden vorübergehend um 40 Minuten. Doch schon im Herbst 1996 reduziert sich die Fahrzeit auf 2 Stunden 40 Minuten. Und im Herbst 1997 auf 2 Stunden 15 Minuten. Während dieser Zeit ersetzt der IC die bisher teilweise verkehrenden InterRegios. Die ICs halten auch in Wittenberge und Ludwigslust. Der IC-Zuschlag entfällt. Wir danken unseren Kunden für ihr Verständnis. Ob die seit Jahren geplagten Reisenden zwischen Berlin und Hamburg der Bahn noch Verständnis entgegenbringen, muß sich zeigen. Immerhin hat die DB AG mit dem vorübergehenden Verzicht auf den endlich eine jahrelange Forderung des Berliner Fahrgastverban des IGEB erfüllt. Foto: Ingo Franßen |
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1993 verlor Warnemünde den internationalen Güterverkehr per Schiff/Schiene. lm gleichen Jahr
übernahm die "Deutsche Fährgesellschaft Ostsee" (DFO) die bisher von Reichs- bzw. Bundesbahn
betriebenen Schiffe auf beiden Dänrmark-Routen sowie auf den Schweden-Linien von Rostock und Saßnitz
nach Trelleborg. Anfangs zeigte die DFO - eine Tochter der DB AG durchaus Interesse an Sanierung
und Ausbau des Anlegers in Warnemünde. Anders die Stadt Rostock: Diese ist heute froh, daß sich die
Autos nicht länger durch die City zur Fähre quälen müssen, denn der Rostocker Seehafen hat einen
direkten Autobahnanschluß. Allerdings fehlt unmittelbar am Anleger ein Bahnhof für Reisezüge, die S-Bahn hält
nur in der Nähe.
Da eine finanzielle Beteiligung der Stadt nicht zu erwarten war (und ist), verwarfen DFO und DB AG
ihre Ausbaupläne für Warnemünde. Obendrein bekundete die Dänische Staatsbahn ihre
Absicht, die unrentable Schienenstrecke Gedser - Nykobing stillzulegen.
Damit war auch das Schicksal des Reisezugwagentrajekts besiegelt.
Saßnitz - Trelleborg vor dem Aus
Inzwischen läßt sich sogar die Einstellung der alten "Königslinie" Saßnitz - Trelleborg absehen. Den
Hafen Saßnitz wollen Bahn und Fährgesellschaft zugunsten der benachbarten, bei weitem nicht mehr
ausgelasteten Anlage in Mukran aufgeben (Mukran wurde von der DR einst für den Güterverkehr in die
Sowjetunion großzügig konzipiert). Doch selbst die Zukunft einer Linie Mukran - Trelleborg steht unter
keinem günstigen Stern. Der dominierende Lkw-Verkehr tendiert nach Rostock, und von hier aus will
die DFO ihre kürzlich bestellte, weltweit größte kombinierte Eisenbahn-, Trailer- und Passagierfähre
einsetzen. Ein Übersetzen von Reisezugwagen via Rostock ist indes nicht vorgesehen!
Ob sich ferner die Seeroute zwischen Puttgarden und Rodby gegen die vorraussichtlich 1997/98 in
Betrieb gehende Eisenbahnstrecke über bzw. unter dem Großen Belt
(eine Brücken-/Tunnelkobination) behaupten kann, bleibt abzuwarten.Angesichts der tiefroten
Bilanzen des Eurotunnels unter dem Ärmelkanal
äußern sich die gesellschaften hier zwar optimistisch, doch mindestens teilweise werden die
modernen Schiffe der Vogelfluglinie entbehrlich.
Neue Chancen für Warnemünde - Gedser?
Durch relativ kostengünstigen Ausbau der deutschen wie dänischen Anschlußstrecken ließe sich
die Bahnreisezeit Berlin - Warnemünde - Kopenhagen auf unter sechs Stunden drücken, mithin ein
Wert, der auf der künftig fährlosen Umwegroute über Hamburg und Großen Belt nur nach sehr teurer Hochgeschwindigkeitstrassierung erzielbar wäre. Immerhin hat die dänische Regierung der DSB jüngst
untersagt, die Strecke Gedser - Nykobing komplett stillzulegen. Nach Einstellung des Reisezugverkehrs
ist die Trasse für Güterzüge offenzuhalten, bei Bedarf auch der Fährbetrieb wieder aufzunehmen.
Auf deutscher Seite will die DFO den Anleger in Warnemünde zunächst für zwei Jahre konservieren
und dann eine Reaktivierung prüfen. Neue Schiffe bräuchten jedenfalls nicht vom Stapel zu
laufen, denn es stünden ja auf der Vogelfluglinie freigewordene zur Verfügung. IGEB
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