An die Bürgerinitiative Westtangente. Sehr geehrte Damen und Herren, vielen Dank für Ihr Schreiben
an Herm Minister Töpfer. Er hat mich beauftragt, Ihnen zu antworten.
lm Rahmen der Erarbeitung des Bundesverkehrswegeplanes 1992 (BVWP '92) wurden in den Jahren
1991/92 umfangreiche Untersuchungen zur Eisenbahnkonzeption Berlin durchgeführt. Zunächst
konzentrierten sich diese Untersuchungen auf das sogenannte Achsenkreuz und das Ringmodell.
Am 5. März 1992 präsentierte dann die damalige Deutsche Reichsbahn Vertretern des Senats von
Berlin und dem damaligen Bundesverkehrsminister Prof. Dr. Krause das sogenannte "Pilzkonzept".
Aufgrund der Erklärung der Bahn, daß das Pilzkonzept mit der Nord-Süd-Verbindung über den Lehrter
Bahnhof zu gleichen Kosten und in gleicher Zeit - das heißt ohne zeitliche Beeinträchtigung der
Parlaments- und Regierungsbauten im Spreebogen - wie das Fernbahn-Ringkonzept realisiert werden
kann, erfolgte die Aufnahme des Konzeptes in den BVWP '92 und das Bundesschienenwegeausbaugesetz
(SchWAbG) vorbehaltlich eines positiven Ergebnisses der Wirtschaftlichkeitsberechnungen.
Ihre Berechnungen, daß sämtlicher Fernverkehr (IC, ICE, EC, IR) sowie der Regionalverkehr über die
sanierte Stadtbahn durch Berlin durchgebunden werden könnte, können unter Beachtung der Zugzahlen
mit einem entsprechenden Betriebsprogramm nicht bestätigt werden. Das Ergebnis der
Wirtschaftlichkeitsberechnung liegt vor. Darin erreicht das Eisenbahnprojekt Knoten Berlin ein
Nutzen-Kosten-\/erhältnis von 1,7. Nach Bereinigung modellbedingter, in der Realität voraussichtlich
nicht auftretender negative Effekte für den Güterverkehr wird ein Wert von ?? erreicht. Damit ist der im
Bedarfsplan enthaltene Vorbehalt ausgeräumt. Es ist sinnvoll, diese Eisenbahnkonzeption mit
Nachdruck zu verfolgen. Zur Zeit läuft das Planfeststellungsverfahren und wird voraussichtlich im
September geschlossen sein.
Was die Auswirkungen der Kabinettsitzung vom 5. Juli 1995 zum Haushaltsplan 1996 und zur
mehrjährigen Finanzplanung auf die Realisierung der Eisenbahnkonzeption Berlin (Pilzkonzept) betrifft,
so wird es auch hier zu zeitlichen Streckungen von einzelnen Projektabschnitten kommen die jedoch nicht
zur Behinderung des Umzuges der Bundesregierung nach Berlin führen werden. Welche
Projektabschnitte im einzelnen davon betroffen sein werden, bedarf abschließender Abstimmungen
zu den verkehrspolitischen und unternehmerischen Zielen mit dem Vorstand der DB AG. Diese
Abstimmungen stehen noch aus.
Auch wenn Ihren Ausführungen eine gewisse Logik nicht abzusprechen ist, ist die einvernehmlich
zwischen dem Senat von Berlin, dem Bundesminister Verkehr und der Deutschen Bahn AG getroffene
Entscheidung auch für den Bundesbauminister bindend.
[IGEB] Das Schreiben aus dem Ministerium von Herrn Töpfer sollte man zweimal lesen, um alles zu
erfassen. Bemerkenswert sind vor allem die Offenheit und der lnformationsgehalt, die deutlich über das
hinausgehen, was die Berliner Verwaltungen üblicherweise schreiben. Wer z.B. nach diesen
Ausführungen zur Finanzsituation noch den Berliner Aussagen glaubt, daß bereits im Jahr 2000 oder
spätestens 2002 Züge durch den Nord-Süd-Tunnel fahren werden, muß schon sehr naiv sein. Man braucht gar
nicht auf den Eurotunnel verweisen, es genügt Schon ein Blick auf die beträchtlichen Verzögerungen
beim Umbau des Eisenbahnnordkreuzes im Raum um den S-Bf Bornholmer Straße. Bemerkenswert
sind auch das vorsichtige Lob für die Ausführungen der Bl Westangente und die Betonung, daß der
Bundesbauminister die Entscheidung für des "Pilzkonzept" gebunden ist.
So schreibt keiner, der von der Richtigkeit dieser Planung felsenfest überzeugt ist.
Bundesministerium für Raumordnung. Bauwesen und Städtebau
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