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Der Hauptkritikpunkt Ihres Artikels (SIGNAL 6/ 95, Seite 15 ) ist die Innenraumgestaltung. Hier
bemängeln Sie vorrangig die geringe Sitzplatzanzahl (58) in unserern Berliner Niederflurfahrzeug. Die
Sitzplatzgestaltung wurde in enger Abstimmung zwischen dem Hersteller AEG und der BVG
durchgeführt. Hierbei wurde besonders auf die Mitnahme von mobilitätsbehinderten Personen
und Kinderwagen sowie eine Gepäckablage Wert gelegt. Diese BVG-Forderungen und die
konstruktiv bedingte Anordnung der Sitze auf den Radkästen ergibt die in Berlin aus unserer
Sicht fast optimal getroffene Innenraumgestaltung. Vergleicht man unser Fahrzeug z.B. mit
dem der Münchener Verkehrsbetriebe, so stellt man fest, daß die Münchener einen Sitzplatz
mehr, nämlich 59, besitzen, dafür allerdings nur zwei Kinderwagenplätze. Ähnliches Stellt
man im Bremer Fahrzeug fest. Somit halten wir unsere gewählte Sitzplatzanzahl für ausreichend.
Sie vergleichen unser Fahrzeug mit Fahrzeugen, deren Niederfluranteil nur 70% beträgt, mit
Zweirichtungsfahrzeugen sowie mit Fahrzeugen, die
wesentlich andere Fahrzeuglängen aufweisen. Die von Ihnen beispielhaft genannten Fahrzeuge
der Verkehrsbetriebe Halle oder Rostock sind über 3 rn länger, so daß diese Fahrzeuge als
Vergleich hinsichtlich Sitzplatzanzahl nicht heranzuziehen sind.
Fahrgastfluß und Bewegungsfreiheit innerhalb der Türräume sind hochgradig davon abhängig, wie
die Durchgangsbreiten zwischen den Sitzreihen im Innenraum ausgeführt sind. Auch hier schneidet das
Berliner Fahrzeug oft besser ab als Fahrzeuge anderer Hersteller. Bei dem Vergleich, den Sie
heranziehen, handelt es sich um ein Zweirichtungsfahrzeug, das auf beiden Seiten gegenüberliegende
Türen besitzt. Bei dem von Ihnen veröffentlichten Foto (Seite 16) handelt es sich um die sogenannte
Variobahn, die 35 cm breiter, nähmlich 2,65 m, breit ist. Die so herbeigeführte
Vergleiche sind aus unserer Sicht nicht aussagefähig.
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Wie gut ist der neue Straßenbahnzug der BVG? Zwischen dem Verkehrsbetrieb und dem Berliner Fahrgastverband IGEB gibt es hierzu unterschiedliche Auffassungen. Ein Diskussionspunkt ist die Innenraumaufteilung. Auf den ersten Blick scheint sie normal bzw. funktional zu sein. Foto: I. Schmidt |
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Doch sobald sich das Fahrzeug gefüllt hat, wird es z.B. im Türraum des GT6N eng. Ubrigens: Sie haben sicher bemerkt, daß wir in SIGNAL 6/95 auf Seite 15 statt des GT6N versehentlich ein Foto des Innenraumes eines modernisierten Tatra-Zuges abgebildet hatten. Sorry! Foto: I. Schmidt |
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Kürzlich wurde eine Fahrgastbefragung in den neuen Niederflurfahrzeugen durchgeführt. Deren überwiegend Sehr
positive Ergebnisse haben Sie bestimmt der Tagespresse entnommen. Mit der
Anordnung der Sitze waren 77% der Befragten zufrieden.
Die von Ihnen zu Recht kritisierte ungenügende Beinfreiheit, gerade bei Vierersitzgruppierungen, ist
uns bekannt. Hierzu entwickelt die Industrie Lösungen. die den Fußraum auf ca. 600 mm
(zur Zeit nur 460 mm) erweitem. Bei positivem Abschluß dieser Entwicklung wird diese Änderung in
die weitere Lieferung der Fahrzeuge übernommen.
Zum Thema der Kosten für die Beschaffung dieser Fahrzeuge müssen wir Ihnen, wie schon in
unserem Gespräch am 22.08.95, deutlich widersprechen. Die von Ihnen genannten Preisdifferenzen
von bis zu 20% sind für uns trotz intensiver Recherchen bei anderen Verkehrsbetrieben und Herstellern
nicht nachvollziehbar, da man den Preis nicht als absolute Zahl, sondern auch die entsprechenden
Randbedingungen von Liefer- und Leistungsumfang sowie die kaufmännischen Randbedingungen der
Kosten genau kennen muß, um die Preise miteinander zu vergleichen. Wir können Ihnen aber
versichern, daß die BVG im Rahmen Ihrer Auftragsverhandlungen mit dem Hersteller für die
Fahrzeugemarktübliche Preise bezahlt.
Zu Ihrem Vorschlag, die Berliner Straßenbahn z.B. Fahrzeuge aus Rostock oder Kassel zu
verwenden, ist anzumerken, daß diese Fahrzeuge
nach den ersten stattgefundenen Lichtraumuntersuchungen für das Berliner Netz in der Form, wie
sie sich auf dem Markt befinden, nicht geeignet sind.
Abschließend möchten wir nochmals bemerken, daß wir gern schon im Vorfeld zu Ihren
Veröffentlichungen bereit sind, mit Ihnen auch zu Detailproblemen, wie z.B. zur Sitzanordnung,
Gespräche zu führen und möchten Sie hiermit wiederum einladen, von diesem Angebot rechtzeitig
Gebrauch zu machen. Wir glauben, mit
einer derartigen Form des Informationsaustausches lassen sich die positiven Aspekte, aber auch
kritische Punkte der Straßenbahnentwicklung in Berlin, in der Öffentlichkeit besser aufzeigen als
durch nicht umfassend recherchierte Darstellungen.
Dr. Wolfgang Predl,
Direktor und Leiter des Unternehmensbereiches Straßenbahn der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG)
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