Verbesserungen gegenüber dem derzeitigen Tarifkonzept
Die zum 1. Mai 1988 eingeführte Tarifstruktur enthält neben einigen
Verbesserungen auch Elemente, die dringend
einer Korrektur bedürfen. So ist der
Kurzstreckentarif wegen seiner äußerst
komplizierten Anwendung seines geringen Aktionsradius’ und, des extrem
hohen Informationsbedarfs von den
Fahrgästen nicht angenommen worden.
Die IGEB fordert daher im Interesse
einer deutlichen Vereinfachung des Angebotes die Abschaffung des Kurzstreckentarifes.
Die Aufteilung des BVG-Netzes in Tarifgebiete, allerdings nur für die Zeitkartenbenutzer,
brachte ebenfalls eine
starke Verwirrung bei den Fahrgästen,
nicht jedoch den vorher prognostizierten Erfolg. Angesichts der völlig unbefriedigenden
Struktur der Tarifgebiete,
komplizierter und uneinsichtiger Überlappungsregelungen und preislicher
Unattraktivität müssen die Tarifgebiete
wieder abgeschafft werden.
Schließlich müssen alle Sonder- und
Ausnahmetarife im Interesse einer Vereinfachung auch für die Noch-Nicht-Kunden
abgeschafft werden. Untersuchungen haben ergeben, daß eine Marketinstrategie
zur Einführung neuer
Tarife nur dann Erfolg haben kann,
wenn die Tarifstruktur so einfach wie
möglich gehalten ist. Ausflugslinien und
E-Linien sind demzufolge grundsätzlich
nur zum Stadttarif anzubieten. Gepäck
soll in Zukunft ausnahmslos frei befördert werden.
Im IGEB-Konzept werden statt der bisher 33 Tarifgruppen noch 12 vorgeschlagen,
also eine Reduzierung um
fast zwei Drittel - und damit eine wesentliche Verbesserung der Übersichtlichkeit.
Zeitkarten noch attraktiver
Wichtigstes Ziel des IGEB-Tarifkonzeptes ist es, den Anteil der BVG-Kunden zu steigern,
die Zeitkarten benutzen. Dies beschleunigt den Busverkehr
durch weniger Kasieraufgaben des
Fahrers, erleichtert die Abrechnung
und fördert die Benutzung der BVG, da
sie umso preiswerter je öfter man
fährt. Hauptangebot bei der Zeitkarte
ist die übertragbare Monatskarte, die es
auch im Jahresabo zu einem weiter ermäßigten Preis geben soll. Die
Seniorenkarte in ihrer bisherigen Form wird
im IGEB-Konzept abgeschafft und
durch eine Teilnetzkarte für jedermann
ersetzt. Wochenkarte und Tageskarte
bleiben erhalten, bekommen jedoch
eine deutlich verbesserte Gültigkeit. So
können Fahrräder zukünftig bei allen
Zeitkarten kostenlos mitgenommen
werden.
Nachttaxi für Frauen
Bei Einführung des geplanten Modellversuches "Nachttaxi für Frauen" soll
die Umweltkarte eine weitere attraktive
Möglichkeit bieten: Gegen Vorlage des
Tickets (und nur dann) entfällt im Spät- und Nachtverkehr für Frauen, die sich
mit dem Taxi bis vor die Haustür fahren lassen wollen (hoffentlich meist von
einer BVG-Haltestelle aus nach vorhergehender BVG-Benutzung), die
Grundgebühr von z.Zt. DM 3,40. Nur der km-Preis ist zu entrichten. Diese Lösung
vermeidet eine verkehrs- und umweltpolitisch nicht zu verantwortende
Subventionierung des Taxigewerbes aus
Senatsmitteln und macht kurze Taxifahrten attraktiv, lange hingegen teuer,
so daß ein Mißbrauch dieser Einrichtung unwahrscheinlich ist.
"Langschläfer-Ticket"
Als Ersatz für die jetzige Seniorenkarte,
die nur an einen bestimmten Personenkreis ausgegeben wird, soll eine neue
Teilzeitkarte eingeführt werden, die
montags bis freitags außerhalb der
Stoßzeiten des Berufsverkehrs, also von
9 bis 14 Uhr und von 17.30 bis Betriebsschluß gilt. Sonnabends und sonntag
gilt diese "Langschläfer-Ticket" genannte Karte ganztägig. Der günstige Preis
von DM 45,- bei monatlichem Wertmarkenkauf oder 38,- in zwölf Monatsraten
oder 440,- bei Zahlung auf einmal
macht diese Karte für diejenigen attraktiv, die außerhalb des Berufsverkehrs
fahren können und wollen. Auch diese
Karte soll übertragbar sein.
Ermäßigte Monatskarten nicht im Jahres-Abonnement
Alle ermäßigten Zeitkarten sollen wie
bisher als persönliche Karten ausgegeben werden. Schüler- und
Auszubildendenkarten werden zusammengefaßt
und für DM 30,- angeboten. Ein Jahresabo hält die IGEB u.a. wegen des
wahrscheinlich geringen Interesses
nicht für sinnvoll.
Die Monatskarte zum Sozialtarif für
Senioren soll bei DM 10,- bleiben.
Attraktive 24-h-Karte auch als Famillen-Karte
Die 24-h-Karte soll zukünftig DM 7,-,
ermäßigt 4,- kosten. Um eine erhöhte
Attraktivität am Wochenende anzubieten, wenn die BVG nicht ausgelastet ist,
gilt diese Karte bei Entwertung am
Sonnabend auch am Sonntag. Grundsätzlich berechtigt diese Karte zur Mitnahme von
bis zu drei Kindern unter 16
Jahren, am Wochenende auch zur Mitnahme eines weiteren Erwachsenen.
Damit würde endlich ein familienfreundliches Ausflugsangebot gemacht,
das bei westdeutschen Verkehrsbetrieben bereits längere Zeit üblich ist. Der
attraktive Tarif böte auch eine zusätzliche Begründung für die Abschaffung
der zahlreichen Waldparkplätze und für
die vom Senat geplante Schließung von
Waldstraßen. Die 24-h-Karte muß zukünftig auch bei den Busfahrern
erhältlich sein.
Fahrausweise über einzelne Fahrten
Durch die Abschaffung der Kurzstreckenfahrausweise wird das Angebot an
Einzelfahrausweisen und Sammelkarten wesentlich übersichtlicher. Für
Einzlelfahrscheine soll grundsätzlich die
Regel "Kaufen/Entwerten/Fahren" gelten. Dies bedeutet, daß auch die bisher
nicht zu entwertenden Einzelfahrscheine aus Automaten oder aus Verkauf
beim Busfahrer von den Fahrgästen
entwertet werden. Nur eine einheitliche
Regelung für alle Fahrausweissorten
kann auch den "Noch-Nicht-Kunden"
nahegebracht werden. Der Preis des
Einzelfahrscheins soll DM 3,- betragen.
Diese Summe ist mit wenigen Münzen
zu realisieren und läßt längere Wartungsabstände bei Fahrkartenautomaten
und kürzere Haltestellenaufenthalte
der Busse zu. Die Erhöhung, mit der
auch eine Leistungsverbesserung einhergeht, ist angemessen, da
Zeitkartenbenutzer, also die Stammkunden der
BVG, noch eindeutiger bevorzugt bzw.
belohnt werden müssen und da möglichst viele Kunden zum Kauf von
Zeitkarten oder zumindest von Sammelkarten angeregt werden sollen.
Der ermäßigte Einzelfahrschein soll
zukünftig DM 2,- kosten.
Die Sammelkarte in ihrer heutigen
Form wird im IGEB-Konzept abgeschafft. Stattdessen werden Einzelfahrscheine
im 4er-Block ausgegeben, der
dann DM 8,- kostet. Damit wird ein im
Vorverkauf gekaufter Fahrschein um
DM 1,- billiger als z.B. beim Busfahrer.
Da es sich um dieselben Fahrscheindrucke handelt, ist der Spareffekt sofort
ersichtlich. Zudem können Fahrgäste
mit den verbilligten Fahrscheinen vom
Block - anders bei der Sammelkarte
- getrennt eine vielleicht gemeinsam
begonnene Fahrt beenden.
Der 4er-Block mit den ermäßigten Einzelfahrscheinen soll künftig DM 5,- kosten.
Begleitende Maßnahmen zum IGEB-Tarifkonzept
Die bürokratische und unübersichtliche
Verkaufspolitik der BVG ist aufzugeben. Grundsätzlich muß in Zukunft an
jedem personalbesetzten Schalter und
bei jeder privaten Vorverkaufsstelle das
gesamte Angebot der BVG, also auch
die Jahreskarte, erhältlich sein. Die gegenwärtige Differenzierung in fünf verschiedene
Verkaufsschalterarten und
die uneinheitlichen, wenig kundengerechten Öffnungszeiten bedürfen dringend der Korrektur.
Gleichzeitig mit der Einführung neuer,
sehr attraktiver Tarife ist das Verkehrsangebot der BVG im Verhältnis zu ihrem
Hauptkonkurrenten, dem PKW,
attraktiver zu gestalten, So ist endlich
das seit zwei Jahren in Planung befindliche neue Tagesbusnetz zum 1. Oktober 1989
einzuführen. Das bisherige
Netz wird weder dem erweiterten
Schnellbahnnetz noch dem zu erwartenden Fahrgastzuwachs gerecht. Zudem
steht zu befürchten, daß bei einer
weiter verlängerten Planungsphase eine
zu starke Orientierung am stehenden
Netz erfolgt. Als erfolgreiches Beispiel
kann demgegenüber das neugestaltete
Nachtbusnetz angesehen werden, dessen Fahrgastzahlen sich seit Einführung
verdoppelt haben. Durch die Einrichtung umfangreichen Busspurnetzles
bis zum 1. Oktober kann bereits die
angestrebte Taktverdichtung im Busbereich finanziert werden. Durch die höhere
Geschwindigkeit der Busse werden deutliche Reserven für ein verbessertes Angebot frei.
Das im Fahrgastbereich eingesetzte
BVG-Personal muß seine vorgesehenen
Aufgaben auch tatsächlich erfüllen.
Darunter versteht die IGEB einen flexibleren und kundennäheren Einsatz von
Kundenberatern, z.B. bei S-Bahn-Pendelverkehren, eine Fahrplanüberwachung
der Busse an neuralgischen
Knoten und einen mobilen Ordnungsdienst, der das Sicherheitsgefühl der
Fahrgäste auch tatsächlich erhöht. Bei
der derzeitigen Einsatzplanung dieser
Mitarbeiter sind die IGEB-Forderungen leider zum größten Teil unerfüllt.
Solange noch nicht alle Bushaltestellen
mit Kaps als neuem Regeltyp ausgestattet sind, ist auf die Freihaltung der vollen
30 m an jeder Bushaltestelle zu achten. Die Sperrflächen sind zu markieren,
bei Verstoß wird unverzüglich - auch durch die BVG selbst - abgeschleppt.
Die Verkehrspolizei muß ihrer Überwachungsaufgabe endlich gerecht werden,
und die BVG muß gas
Recht erhalten, gegen Verkehrsverstöße in Busspuren und Haltestellenbereichen
selbst vorgehen zu können.
Die kostenlosen Parkmöglichkeiten im
Stadtgebiet sind abzubauen.
Finanzierung
In der Einführungsphase der neuen Tarife ist ein Einnahmeverlust bei der
BVG zu erwarten. Dieser Verlust darf
auf keinen Fall durch globale Überweisung aus dem Landhaushalt gedeckt
werden! Vielmehr ist der BVG pro verkaufter Monatskarte ein festzusetzender
Betrag von ca. DM 30,- zu zahlen,
bei deb Ausbildunggskarten eine entsprechend höhere Summe. Nur durch
dieses Finanzierungsmodell einer Unterstützung pro Karte wird die BVG
motiviert, durch ein verbessertes Angebot, durch besseren Service und durch
freundlichere und besser geschulte Mitarbeiter zum Erfolg der neuen Tarifstruktur
beizutragen. Die bisherige globale "Defizit"-Finanzierung am Jahresende, bei der eine
Kontrolle der erbrachten Leistungen unmöglich ist,
muß schrittweise zugunsten einer genau
zurechenbaren Unterstützung von Angeboten aufgegeben werden.
IGEB
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