Nahverkehr

Busspuren für den Kurfürstendamm

Als einen wichtigen Baustein zur Attraktivierung des BVG-Verkehrs wurde im Koalitionspapier zwischen SPD und AL die Anlage von Busspuren in Hauptverkehrsstraßen festgeschrieben. Berlin hat hier mit seinen bisherigen 9 km verglichen mit anderen Städten (z.B. Paris mit ca. 300 km) einen gewaltigen Nachholbedarf. Auf zahllosen Straßen kommen die Busse vor allem während des Berufsverkehrs nur sehr langsam voran oder bleiben völlig im Stau stecken. Die BVG veröffentlichte nun ein kurzfristig zu realisierendes Busspurnetz von ca 100 km Länge, wovon die knappe Hälfte schon bis zum nächsten Fahrplanwechsel im Oktober befahren werden könnte. Die BVG fordert dabei u.a. vorrangig eine Busspur für den Kurfürstendamm und die Tauentzienstraße. Während für die Mehrzahl der geforderten Straßenzüge eine schnell zu realisierende Busspur am rechten Fahrbahnrand mit geringen Mitteln tatsächlich sofort eine Beschleunigung des Busverkehrs bewirken kann, hält die IGEB diese Lösung bei Kurfürstendamm und Tauentzienstraße für ungeeignet und damit nicht durchsetzbar. Die IGEB fordert daher für diesen Straßenzug Busspuren in der Fahrbahnmitte.

Skizze
Zeichnung
Die IGEB erwartet ein Scheitern der Busspuren auf dem Kurfürstendamm, wenn diese nciht in der Straßenmitte angelegt werden. Die Zeichnungen zeigen die dafür erforderliche Neugestaltung an den Kreuzungen mit Haltestelle. Dank der Mittellage und der Verschwenkung sind ein Mißbrauch der Busspur durch Falschparker, Be- und Enladen von Lieferfahrzeugen, Halten von Taxen und Vorfahren von Abbiegern an Kreuzungen praktisch ausgeschlossen.

Zunächst sollen die besonderen Bedingungen die bei der Anlage von Busspuren auf dem Ku´damm zu berücksichtigen sind, erläutert werden:

  • Die Busse stecken hier beinahe ganztägig im Stau. Hier wäre es also nicht ausreichend, Busspuren anzulegen, die nur in den Zeiten des Berufsverkehrs für die Busse benutzbar wären. Busspuren am rechten Fahrbahnrand müßten jedoch zur Gewährleistung des Lieferverkehrs mindestens bis in die Mittagsstunden für die Busse gesperrt bleiben, und erfahrungsgemäß müßten sie danach von Falschparkern befreit werden, was zunächst einmal eine zusätzliche Behinderung für die Busse darstellt.
  • Ferner würde die Busspur durch die vielen Taxen, die in der City und gerade am Ku’damm zum Aufnehmen und Aussteigen von Taxifahrgästen in der Busspur halten (bezahlen, möglicherweise Gepäck im Kofferraum...), regelmäßig blockiert werden.
  • Ein generelles Problem der Busspuren am rechten Fahrbahnrand sind die rechtsabbiegenden Autos: Sie würden - obwohl die Straßenverkehrsordnung dies nicht zuläßt - regelmäßig die Busspur blockieren und sie damit für den Busverkehr praktisch sinnlos werden lassen, da die Busse permanent in die mittlere Fahrspur wechseln müßten.

Aus all diesen Gründen würde eine Busspur am rechten Fahrbahnrand am Kudamm keine entscheidende Verbesserung gegenüber der jetzigen Situation bringen.

Bei Busspuren in der Fahrbahnmitte jedoch käme der Vorteil einer eigenen Trasse für die Busse voll zum tragen, wobei die im foögenden dargelegte Lösung den Erhalt fast des gesamten Baumbestandes im Mittelstreifen und damit des charakteristischen Straßenbildes ermöglicht.

Die Busspur in der Mitte wird durchgehend an der linken der drei Fahrspuren in jeder Richtung durchgehend vom Henriettenplatz bis zur Urania angelegt und farblich deutlich markiert. Außerhalb der Haltestellenbereiche darf die Busspur auch von mit Fahrgästen besetzten Taxis benutzt werden. Die mittlere Fahrspur verbleibt für den übrigen fließenden Verkehr, die rechte bisherige Parkspur dient ausschließlich zum Be- und Entladen von Lieferfahrzeugen und zum Ein- und Aussteigen in Taxis. Voraussetzung für das Funktionieren dieser Lieferspur ist - wie bei allen anderen Busspurvarianten auch - zumindest in der Einführungsphase eine intensive Überwachung durch die Polizei.

Unmittelbar v o r den Kreuzungen mit einer Haltestelle soll die Busspur in den bisherigen Mittelstreifen verschwenkt werden, um hier Haltestelleninseln für Doppelhaltestellen anlegen zu können. Diese Haltestelleninseln sind bei einer Breite von maximal 3,5 m auf ganzer Länge von den Fahrbahnen abgegrenzt und überdacht, so daß eine Gefährdung und Belästigung der Fahrgäste durch den übrigen Kraftfahrzeugverkehr - auch durch Spritzwasser - weitgehend ausgeschlossen ist. Für die Fahrgäste entstehen durch die Mittellage der Haltestellen im Durchschnitt keine längeren Wege, denn sie müssen dann immer eine Fahrbahn zum Erreichen der Haltestelle überqueren, während sie jetzt einmal keine, dafür spätestens bei der Rückfahrt aber zwei Fahrbahnen überqueren müssen.

Um im Interesse der Anwohner in den Nebenstraßen keinen zusätzlichen "Um-den-Block-Verkehr" durch Abbiegeverbote zu erzeugen, werden separate Rechts- und Linksabbiegespuren (letztere mit besonderer Ampelphase) angelegt. An Kreuzungen ohne Ampelregelung muß - wie das auch jetzt schon an zahlreichen einmündenden Straßen der Fall ist - das Linksabbiegen untersagt werden (durchgehender Mittelstreifen).

Kreuzung
Stets bringen Baustellen für die BVG-Benutzer besondere Ärgernisse, nicht nur dadurch, daß die Busse grade hier besonders häufig im Autostau stecken bleiben, sondern auch durch häufig weit von den Kreuzungsbereichen weg gelegte provisorische Haltestellen, die den Fahrgästen häufig unnötig weite Zugangswege durch das übliche Baustellenchaos zumuten und Umsteigewege deutlich verlängern. Eine neue Variante im Nichtberücksichtigen der Interessen der Busfahrgäste fällt nun in die Ära der neuen Regierung, die sich doch den Vorrang der öffentlichen Verkehrsmittel auf die Fahnen geschrieben hat: Eine der stärkst frequentiertesten Haltestellen der Buslinie 94, die an der Heer- Ecke Plchelsdorfer Str. (Foto), wurde wegen Fahrbahnarbeiten ganz aufgehoben, obwohl provisorische Lösungen in Kreuzungsbereich möglich wären. Tausende von ein- und umsteigendeu Fahrgästen haben so aber täglich einen mindestens um 300m verlängerten Fußweg entlang der Baustelle zurückzulegen. Die Bauarbeiten im Bereich der Heerstr. werden mindestens noch 2 Jahre andauern. lm Interesse der Fahrgäste muß hier jedoch sofort Abhilfe geschaffen werden! Foto: M. Horth

Um auf der Busspur einen ungehinderten Verkehr zu ermöglichen, müssen die vorhandenen Stellplätze im Mittelstreifen abgeschafft werden, womit zugleich dem Senatsziel einer Reduzierung der Stellplätze in der City entsprorchen wird. Ähnlich den bereits bestehenden Abschnitten des Kurfürstendamms zwischen Uhlandstraße und Gedächtniskirche kann im Mittelstreifen zukünftig Rasen wachsen.

Für die Verschwenkung der Busspur an den Haltestelleninseln müssen jeweils 2 bis 3 Bäume im Mittelstreifen von ihrem bisherigen Standort verpflanzt werden. Sie können jedoch nahe der Kreuzung in den 2 m breiten Streifen zwischen den beiden Busspuren wieder eingepflanzt werden (bisher stehen im Bereich ca. 35 m vor und hinter den Kreuzungen keine Bäume im Mittelstreifen).

Das vorgestellte Konzept läßt für besondere Situationen an einigen Kreuzungen Variationsmöglichkeiten zu. So sollte z.B. an der Uhlandstraße wegen des in der Mitte liegenden U-Bahn-Eingangs auf die separate Linksabbiegespur verzichtet werden. An den Kreuzungen Joachimstaler und Adenauerplatz muß durch Berücksichtigung der Schleppkurven und durch besondere Ampelphasen für die abbiegenden Busse der Linien 73 bzw. 9 vom skizzierten Standardentwurf abgewichen werden.

Da der Fahrbahnquerschnitt auf ganzer Länge des Straßenzuges unverändert bleiben kann und nur in den Haltestellen- und eventuell einigen Kreuzungsbereichen Umbauten erforderlich sind, setzt die Realisierung dieses Busspurkonzeptes für den Ku'damm und die Tauentzienstraße - verglichen mit anderen Straßenbauprojekten - nur geringe Investitionen voraus, die sich jedoch wegen der hier sehr viel größeren Kosteneinsparungen im täglichen Betrieb gegenüber den konventionellen Busspuren am rechten Fahrbahnrand binnen kürzester Frist amortisieren. Unverzichtbar für dieses Konzept sind Ampeln an den Haltestellen, die jedoch mitneiner Ausnahme (Bleibtreustraße) bereits überall existieren.

IGEB

aus SIGNAL 5/1989 (Juni 1989), Seite 8-10

 

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