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Ausgangspunkt für die Verhandlungen
war der dringende Bedarf der BVB an
U-Bahn-Fahrzeugen, um die Verlängerung der Großprofilstrecke nach Hönow am 1. Juli 1989 in
Betrieb nehmen
zu können. Da die BVG über fahrfähige, aber bereits abgeschriebene rund 30
Jahre alte Fahrzeuge verfügt, bemühten
sich die BVB aus zeitlichen und finanziellen Gründen um die Übernahme
dieser alten U-Bahn-Wagen der BVG.
Als Gegenleistung wollte die BVG den
von ihr vor allem aus betrieblichen
Gründen begehrten S-Bf. Potsdamer
Platz zur Nutzung bekommen, weil dieser bessere Kehrmöglichkeiten für von
Süden kommende Züge bietet, als der
S-Bf. Anhalter Bahnhof. Derzeit wird
Potsdamer Platz von den Zügen der S-Bahn-Linie 2 ohne Halt durchfahren.
Zur selben Zeit bemühte sich der damalige Finanzsenator Günter Rexrodt
(F.D.P.), die Oberfinanzdirektion
(OFD) aus dem Haus Cumberland am
Kurfürstendamm 193 herauszubekommen, um das Gebäude einem privaten
Bauträger zum Umbau als Luxushotel
übergeben zu können. Doch der Senator fand keinen Ersatzstandort für die
OFD. Das Projekt zog sich hin. Da kam
man auf die Idee, der Reichsbahn das
ehemalige Direktionsgebäude am Schöneberger Ufer abzuhandeln. Der Senat
griff geshalb in die U-Bahn-Verhandungen ein und forderte als Gegenleistung für die
Abgabe der Fahrzeuge
statt des S-Bahnhofes Potsdamer Platz
nun das Reichsbahngebäude, um dort
seine OFD unterzubringen, damit diese
den Kurfürstendamm für das Luxushotel verläßt. Auf der Strecke blieben
dank Henn Rexrodt die Interessen der
S-Bahn-Fahrgäste. Besonders pikant
ist, daß dieser Deal nun von einem rot-grünen Senat zum Abschluß gebracht
wurde.
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S-Bahnhof Ptsdamer Platz. Der ohne Halt von den West-Berliner S-Bahn-Zügen durchfahrene Bahnhof wäre von West-Berlin aus zugänglich und damit nutzbar. Doch um das Lieblingsprojekt des ehemaligen Finanzsenators Rexrodt, ein neues Luxushotel am Kurfürstendamm, realisieren zu können, mußte ein Ersatzstandort für die dort untergebrachte Oberfinanzdirektion gefunden werden. Deshalb wurde mit der DR deren ehemaliges Direktionsgebäude als Gegenleistung für U-Bahn-Wagen ausgehandelt und nicht der von BVG und IGEB geforderte S-Bahnhof. Abbildungsgrundlage: Verkehrstechnische Woche, 1939 |
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Doch selbst wenn der Senat mit dem S-Bahnhof Potsdamer Platz eine angemessene
verkehrliche Gegenleistung
ausgehandelt hätte, bliebe die emeute
Abgabe von U-Bahn-Wagen der BVG
problematisch. Denn der erfreulichen
Verbesserung der Verkehrsverhältnisse
in Berlin (Ost) steht ein Verlust in Berlin (West gegenüber, der bei Smog-Alarm
oder schon bei einem großen
Erfolg der bevorstehenden Tarifsenkungen bei der BVG zu gravierenden Engpässen,
insbesondere auf der
U-Bahn-Linie 7, führen muß. Sollte
aber - entgegen unserem Kenntnisstand
- die amtliche Auskunft, daß die Abgabe keinen Einfluß auf die Reserve für
Spitzenbelastungen hat, doch richtig
sein, so müssen wir Senat und BVG fragen, wie sie einen solchen kostenträchtigen
Fahrzeugüberhang begründen
können.
Fazit: Eine große zur Chance zur
schnellen Wiedereröffnung des S-Bahnhofes Potsdamer Platz wurde vertan.
Dabei wäre dieser für die Erschließung
des Kulturforums und des südlichen
Tiergartens sowie zum Kehren der hoffentlich schon bald wieder nach
Lichterfelde Süd fahrenden S-Bahn-Züge
sehr wichtig. Stattdessen wurde mit der
Übernahme des ehemaligen Reichsbahn-Direktionsgebäudes zulasten der
BVG und zugunsten eines privaten Luxushotels ein Ersatzstandort für die
vom ehemaligen Finanzsenator Rexrodt
zum Umzug "zwangsverpflichtete"
Oberfinanzdirektion ausgehandelt.
Auch die gleichzeitig angekündigte Öffnung des zweiten Zugangs zum S-Bahn-Wollankstraße
ändert nichts an diesem
für die Fahrgäste so enttäuschenden
Verhandlungsergebnis. Der Vorgang
zeigt aber auch, daß es noch lange dauern kann, bis es dem SPD/AL-Senat
gelingt, die vom CDU/F.D.P.-Senat geegte Spur zu verlassen.
Nachzutragen ist eine erfreuliche Kurskorrektur: Auf Initiative von Finanzsenator
Meisner (SPD) soll nun auf den
kostenträchtigen Umzug der OFD (und
damit auf das Luxushotel) verzichtet
werden. Doch der S-Bf. Potsdamer
Platz bleibt - zumindest vorerst - geschlossen, dank Herrn Rexrodt. IGEB
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