Die Kombihaltestelle Adlershof ist ein Beispiel
für infrastrukturelle Fehlplanung und
mangelnde Kommunikation zwischen Betriebsbereichen
der BVG mit der Folge einer
betrieblichen Fehlplanung sowie ein Beispiel
für Ignoranz im Umgang mit Kundenanfragen.
Doch der Reihe nach.
Infrastruktureller Engpass
|
Der Bus muss auf die Einfahrt in die Kombihaltestelle am S-Bahnhof Adlershof warten, bis die Straßenbahn abgefahren ist. Oft ist es auch umgekehrt. Bei fahrplanmäßig fast gleichzeitiger Ankunft von mehreren Linien führt das regelmäßig zu Wartezeiten – und damit erheblichen Verspätungen. Foto: Marc Heller |
|
An der Kombihaltestelle am S-Bahnhof Adlershof halten zwei Straßenbahn- und vier Buslinien. Das ist eigentlich ein gutes Angebot – aber nicht, wenn diese fast zeitgleich verkehren. Dann sind Verspätungen vorprogrammiert. Foto: Marc Heller |
|
Über die fahrgastunfreundliche Planung der
BVG-Haltestelle am S-Bahnhof Adlershof
wurde bereits in SIGNAL 4/2011 berichtet.
Hauptkritikpunkt ist hierbei der zu schmale
BVG-Bahnsteig. Ursache für die enge
Planung ist, dass die Mehrkosten für eine
breitere Eisenbahnüberführung durch das
Land Berlin hätten getragen werden müssen.
Für diesen Umstand ist die BVG nicht
verantwortlich. Verantwortlich ist sie jedoch
dafür, dass sie die unzureichende Infrastruktur
auch noch äußerst ungünstig nutzt.
Ausgangssituation beim Linienangebot
Bedingt durch die zahlreichen Ampeln vor
und hinter der Haltestelle und den Umstand,
dass der Fahrgastwechsel bei den einzelnen
Fahrzeugen offiziell nur nacheinander und
nicht gleichzeitig durchgeführt werden
kann, hat die Haltestelle eine Durchlassfähigkeit
von ungefähr einem Fahrzeug je
Minute. Die Haltestelle wird von den Tram-
Linien 60 und 61 sowie den Buslinien 162,
163, 164 und 260 angesteuert. Bis auf die
Linie 260 fahren alle Linien überwiegend
im 20-Minuten-Takt. Die Linien 60 und 61
bilden gemeinsam einen 10-Minuten-Takt.
Umsetzung des Fahrplanangebots
Leider wurde bei der Fahrplanung der unterschiedlichen
Linien nicht die Leistungsfähigkeit
dieser Haltestelle von nur einer Linie
je Minute berücksichtigt. Dies erkennt man,
wenn man sich den Sollfahrplan der einzelnen
Linien anschaut:
- 7:12 Bus 162 vom U-Bf Rudow
- 7:13 Bus 163 vom S-Bf Schöneweide
- 7:13 Bus 164 vom Flughafen Schönefeld
- 7:14 Tram 60 von Karl-Ziegler-Straße
Der Versuch, vier Linien innerhalb von zwei
Minuten durch die Haltestellenanlage mit
verminderter Breite und erheblichem Fahrgastwechsel
durchzuführen,
führt regelmäßig zu
Verspätungen – vor allem
zu Lasten des letzten Verkehrsmittels,
das durch
dieses Nadelöhr muss.
Gleichzeitig können die
Fahrzeuge auf Grund der
kurzen Freiphase über
das Adlergestell hinweg
oft nicht zügig genug die
Haltestelle räumen. Die
Straßenbahnen der Linie
60 bekommen so 2 bis 3
Minuten Verspätung allein
dadurch, dass sie vor
der Haltestelle warten
müssen. Häufig müssen
sie nach Überquerung des
Adlergestells eine weitere
Minute warten, denn nun
ist bereits der Gegenzug in
den eingleisigen Bereich in
der Dörpfeldstraße eingefahren.
Die Straßenbahnen der Linie 60 beginnen
also, obwohl sie bis zum S-Bahnhof
Adlershof ausschließlich auf eigenem Bahnkörper
verkehren, ihre Fahrt nach Friedrichshagen
mit 3 Minuten Verspätung – hausgemacht
durch Fehlplanung der BVG!
Keine Anschlüsse zur S-Bahn
Man könnte vermuten, dass die Linien deswegen
so gedrängt die Haltestelle anfahren,
weil dies die günstigste Ankunfts- bzw.
Abfahrtsminuten bezüglich der Anschlüsse
von und zur S-Bahn wären. Schaut man sich
jedoch die Abfahrtszeiten der S-Bahnen an,
sieht man, dass alle Züge (beide Richtungen)
zu den Minuten 11 bis 14 durchfahren: 11/13
Abfahrt Richtung Stadt, 12/14 Ankunft von
Stadt – also genau zeitgleich zu den Verkehrsmitteln
der BVG!
Es gibt also keine ungünstigere Anschlusssituation
als jetzt, wenn Bus/Straßenbahn
sowie S-Bahn gleichzeitig aus den Haltestellen
ein- und ausfahren. Für spurtstarke Fahrgäste
ergeben sich zwar unter Missachtung
der STVO gelegentlich Zufallsanschlüsse,
doch Anschlussplanung und angenehmes
Umsteigen sehen anders aus!
Anfrage bei der BVG
Da das Problem nur durch Veränderung der
BVG-Fahrpläne lösbar ist, schrieb der Autor
am 15. Mai an die BVG. Am 23. Mai kam
ein Zwischenbescheid: „Zur Bearbeitung
benötigen wir etwas Zeit, bitte haben Sie
Verständnis dafür.“ Die Monate Juni und
Juli vergingen. Nach erneuter Anfrage am
13. August kam am 12. September endlich
die Antwort, fast vier Monate nach der ersten
Anfrage.
Verspätete Antwort und am Thema
vorbei
Wer geglaubt hat, dass die BVG in der langen
Zeit die Problematik geprüft hätte, wurde
enttäuscht. Stattdessen kamen übliche Textbausteine:
„Gestatten Sie uns anzumerken,
dass Verspätungen durch die Verkehrssituation
in einer Großstadt wie Berlin zum Risiko
eines jeden Nahverkehrsbetriebes gehören
und wohl nie völlig auszuschließen sind. Für
die Verärgerung unserer Fahrgäste, denen
dadurch Unannehmlichkeiten entstehen,
haben wir daher auch vollstes Verständnis.“
Eine solche Antwort ist in diesem Fall unverschämt,
denn die Situation entsteht ja
genau dann, wenn alle Linien gemäß BVG-Sollfahrplan
die Haltestelle anfahren. Das
Anliegen wurde also zum einen verkehrsvertragswidrig
erst mit erheblicher Verzögerung
und zum anderen inhaltlich am Thema
vorbei beantwortet.
Die Wartezeit der Straßenbahn hat die IGEB
in einem Video dokumentiert:
www.youtube.com/watch?v=GVAxNDCx5dE IGEB Stadtverkehr
|