Die Diskussion um die Einführung von
Busspuren auf dem Kurfürstendamm
und der Tauentzienstraße hat nach der
Vorstellung des IGEB-Konzeptes im
Mai (s. SIGNAL 5/89 ) eine rege Fortführung gefunden. Verschiedene Organisationen
traten mit eigenen Vorschlägen zur Realisierung von Ku’damm-Busspuren an die Öffentlichkeit.
So fordert der gewerkschaftsnahe Automobilclub von Europa (ACE) ebenfalls
Busspuren auf dem linken Fahrstreifen,
die allerdings entgegen der Fahrtrichtung des übrigen Verkehrs angelegt
werden sollen, womit ein permanentes
Freihalten der Busspur gewährleistet
wäre und auch die Haltestelleninseln
im Mittelstreifen großzügiger angelegt
werden könnten. Die vorgeschlagenen
Linksabbiegeverbote für den Individualverkehr würden jedoch eine merkliche
zusätzliche Verkehrsbelastung in
den Nebenstraßen durch den dann entstehenden "Um-den-Block-Verkehr"
bedeuten, was dort alle Ansätze zur
Verkehrsberuhigung verhindern würde.
Problematisch erscheinen hierbei auch
die Überquerungsmöglichkeiten für
Fußgänger: Nicht nur ortsunkundige
Touristen würden sich hier einem deutlich erhöhten Unfallrisiko ausgesetzt
sehen, da auf beiden Fahrbahnen Fahrzeuge aus beiden Fahrtrichtungen zu
beachten wären.
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Bus 19 auf dem Kurfürstendamm. Mit den Busspuren am rechten Fahrbandrand macht der Senat aus dem Bummelboulevard eine leistungsfähige Durchgangsstraße, die zum Rasen verleitet. Foto: M. Horth |
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Die Arbeitsgemeinschaft City, die sich
noch vor kurzem gegen Busspuren aussprach, und die Alternative Liste Charlottenburg
wollen dagegen die bisherige
mittlere Fahrspur für den Busverkehr
reservieren. Der linke Fahrstreifen verbliebe danach für den Individualverkehr,
der rechte Fahrstreifen soll
gleichzeitig zum Be- und Entladen, zum
Halten von Taxen und auch für den
(fließenden!) Radverkehr dienen. Unklar bleibt hier die Aufteilung der Fahrstreifen
vor den Ampeln und inwieweit
das Halten in zweiter Spur (in diesem
Falle dann also auf der Busspur) verhindert werden kann.
Am weitesten geht der Vorschlag des
Verkehrsclubs Deutschlands (VCD)
und der Fahrgastinitiative Berlin (FIB):
Sie fordern die Sperrung von Ku’damm
und Tauentzienstraße zwischen Wittenbergplatz und Olivaer Platz für den motorisrerten
Individualverkehr, da parallel die Kant- und die Lietzenburger
Straße für den Verkehr zur Verfügung
stünden. Je Fahrtrichtung soll der Fahrbahnquerschnitt hier auf jeweils nur
einen Fahr- und einen Ladestreifen reduziert werden. Auf dem oberen
Ku’damm zwischen Olivaer Platz und
Rathenauplatz dagegen soll die Busspur
ähnlich dem Konzept der AL Charlottenburg auf den mittleren Fahrstreifen
gelegt werden. An Kreuzungen würden
jedoch 2 Fahrspuren für den Individualverkehr zur Verfügung gestellt werden.
Senatskonzept nicht sinnvoll
So sehr sich die hier skizzierten Konzepte für die Beschleunigung des
BVG-Verkehrs auf dem Kurfürstendamm
auch unterscheiden, so wird doch deutlich, daß niemand das Verwaltungskonzept
mit konventionellen Busspuren am
rechten Fahrbahnrand für den
Ku’damm als geeignet ansieht.
Erstens ist fraglich, ob es funktioniert.
Denn der Gefahr, daß rechts abbiegende Pkw‘s entgegen den Vorschriften der
Straßenverkehrsordnung die Busspuren
blockieren, kann auch durch vereinzelte
Abbiegeverbote nicht grundsätzlich entgengewirkt werden. Und die auf dem
Ku’damm sehr zahlreich zum Ein- und
vor allem Aussteigen (bezahlen, Gepäck ausladen) haltenden Taxis und
Reisebusse könnten bewirken, daß die
BVG-Busse permanent in die mittlere
und möglicherweise verstopfte Fahrspur wechseln müssen.
Zweitens sind vom Senatskonzept gravierende stadträumliche Folgen zu erwarten.
Aus der bisher wegen Haltens
in der zweiten Spur faktisch nur einen
freie Fahrspur werden zukünftig drei
Fahrspuren, davon zwei für den Individualverkehr. Dies wird das Geschwindigkeitsniveau
auf dem Ku’damm insgesamt deutlich erhöhen und die Aufenthaltsqualität deutlich vermindern.
Die Überquerungsmöglichkeiten für Fußgänger werden nur noch an Ampelanlagen
gegeben sein, der Charakter des
Bummelboulevards wird endgültig verloren gehen. Ungeklärt ist auch noch,
ob tatsächlich - wie der Abgeordnete
Michael Cramer (AL) befürchtet - die
auf dem Bürgersteig stehenden Bäume
gelichtet oder einzelne sogar ganz gefällt werden müssen. Und schließlich
würde vermutlich dann auch auf dem
Ku’damm das Parken auf dem Bürgersteig zur Regel werden.
Was will der Senat erreichen ?
Es ist zu befürchten, daß der motorisierte Individualverkehr auf dem
Ku’damm durch die vom Verkehrssenator konzipierte Lösung eher noch begünstigt
wird und der Bummelboulevard-Charakter dabei gänzlich verloren
geht, auch weil für die schwächsten
Verkehrsteilnehmer, die Fußgänger,
die Situation eher schlechter wird. Daß
sich der Verkehrssenator trotz der zahlreichen Bedenken und trotz der zahlreichen
anderen Vorschläge dennoch
auch auf dem Ku’damm für Busspuren
am rechten Fahrbahnrand entschieden
hat, stellt seiner Senatsverwaltung ein
Armutszeugms aus und läßt den Verdacht aufkommen, ob am exponierten
Beispiel Kurfürstendamm nicht gerade
die Untauglichkeit von Busspuren zur
Beschleunigunlg des ÖPNV nachgewiesen werden soll. IGEB
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