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Die Öffnung und Beseitigung der Grenzen und das
Zusammenwachsen der
beiden deutschen Staaten und ihrer
Volkswirtschaften hat erhebliche Auswirkungen auf den
Verkehr. Die Entscheidungen, die jetzt getroffen werden,
haben Konsequenzen für die nächsten
Jahrzehnte. Setzt die Politik nun endlich auf den Ausbau des
Eisenbahnnetzes und des öffentlichen Nahverkehrs,
auf eine menschen- und stadtverträgliche Gestaltung der
Straßen, oder wird
die bisherige bundesdeutsche Verkehrspolitik mit immer mehr
Autobahnen,
Straßen und Parkplätzen und mit der
Bevorzugung und Subventionierung eines sich vervielfachenden
Lkw- und
Pkw-Verkehrs nun als gesamtdeutsche
Politik fortgesetzt?
Zur Zeit scheint alles auf den zweiten
Weg hinzudeuten: Die Zunahme des
privaten Pkw-Bestandes in der DDR
durch “West-Wagen", die Verlegung
des Güterverkehrs auf die Straße (natürlich unter dem
Schlagwort der freien
Marktwirtschaft), die immer neuen
Straßenverbindungen und zugleich die
vielfachen Probleme bei der Verbesserung des öffentlichen
Nahverkehrs
durch fehlende Gleise, Wagen, Personal usw. sind eindeutige
Indizien dafür.
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Stillstand. DDR 1990 heißt: Immer mehr Autos, immer weniger Busfahrgäste. Foto: U. Alexander |
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Genau zu diesem Thema hat Winfried
Wolf, u.a. durch das Buch “Eisenbahn
und Autowahn” bekannt, zusammen
mit Prof. Manfred Rochlitz von der
Verkehrshochschule “Franz List” in
Dresden sowie mit anderen Autoren
aus der bisherigen DDR und BRD ein
Buch mit dem Titel “Neues Denken
oder Neues Tanken? DDR-Verkehr
2000” herausgebracht. Es enthält folgende Themenkomplexe:
- DDR 1989/90, Chancen und Gefahren.
- Der Verkehrssektor als Schlüsselbereich für die ökonomische
und ökologische Wende.
- DDR-Verkehr 1990, eine Bestandsaufnahme.
- DDR-Verkehr 2000, Chaos und Autowahn.
- Die Beschleunigung der totalen Autogesellschaft.
D- ie aktuelle Kritik der Autogesellschaft, eine ökonomische,
ökologische und praktische Bilanz.
- Vision 2000.
Darüber hinaus werden im Anhang
Überlegungen Leipziger Umweltgruppen zum Fahrradverkehr sowie
notwendige Maßnahmen im Eisenbahnverkehr
vorgestellt. Grundlage für die Überlegungen zum Bahnverkehr
ist u.a. eine
Beschreibung ehemaliger und gegenwärtiger
Schienenverbindungen zwischen BRD und DDR sowie in die
CSFR und die Republik Polen.
Einiges in dem Buch ist spürbar mit
“heißer Nadel” gestrickt worden. So
muß z.B. die Überlegung, ob der
“Hauptbahnhof” in Ost-Berlin zum
“zentralen Hauptbahnhof von Berlin”
werden kann oder sollte, angesichts der
Berliner Stadtstruktur, der Bahnhofslage und -kapazitäten doch
verwundern.
Insgesamt bietet das Buch aber eine
Fülle von Informationen, z.B. über Reiseintensität, Transportleistung
und Autobestand, sowie gute Argumente gegen
die nun auch im Osten Deutschlands
durch das Auto bestimmte Verkehrspolitik. Obwohl natürlich noch
keine vollständige und gründliche Aufarbeitung
des gesamten Themenkomplexes vorliegt, so ist das Buch für alle,
die sich
mit lokalen und übergeorneten Verkehrsentwicklungen und -problemen
infolge der deutschen Einheit auseinandersetzen wollen, sehr zu
empfehlen.
Winfried Wolf: Neues Denken oder Neues Tanken? DDR-Verkehr 2000.
isp-Verlag, Frankfurt/M 1990. 167 S., DM 23,-.
IGEB
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