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Erstmals zu den Berliner Schienenverkehrs-Wochen
hat auch die DR an einem Sprechtag für Bahnreisende
teilgenommen. In den vergangenen Jahren
halten lediglich Vertreter der DB den
Reisenden Rede und Antwort gestanden. Die Revolution in der
DDR ermöglichte es nun, daß die Bahnreisenden
erstmals DB- und DR-Vertreter
gleichzeitig zu ihren Problemen befragen konnten.
Anwesend waren diesmal Herr Herz,
Abteilungsleiter Personenverkehr bei
der DB-Verwaltungsstelle Berlin, Herr
Funk, Vizepräsident der Reichsbahndirektion
Berlin, Herr Schultz, Leiter des
Bahnhofs Zoologischer Garten und
Herr Kulling, Leiter des DB-Reisezentrums in der Hardenbergstraße.
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Foto: G. Radke |
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So gut wie nie zuvor war das Podium beim Sprechtag für Bahnreisende. Erstmals war auch die Deutsche Reichsbahn vertreten. Das obere Foto zeigt die Herren Kulling und Herz von der DB, das untere Herrn Funk und Herrn Schulz von der DR. Foto: G. Radke |
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Von den anwesenden Reisenden wurden zahlreiche Probleme
angesprochen,
die teilweise schon seit Jahren bestehen.
So wünschte sich ein Reisender die
Verwendung anderer, geruchsneutraler
Desinfektionsmittel in den Reisezugwagen
der DR. Dies hat die IGEB schon
vor Jahren gefordert, nun bemüht sich
die DR in Zusammenarbeit mit der DB
um die Einführung anderer Mittel und
überhaupt um eine Verbesserung der
Wagenreinigung, die insbesondere im
DR-Binnenverkehr jahrelang vernachlässigt wurde.
In absehbarer Zeit können die Reisenden im DR-Abteil also
wortwörtlich wieder aufatmen, vielleicht
hält ja Zitrone oder Lavendel
Einzug in die Abteile, und auch die
Reinigung der sanitären Einrichtungen
soll verbessert werden.
Die Vertreter von DB und DR berichteten
auch über eine völlige Neuordnung des Fernverkehrs ab nächstem
Sommerfahrplan (gültig ab 2. Juni). In
diesem Zusammenhang forderten einige
Fahrgäste, mehr Züge über die
Stadtbahn zu führen, insbesondere
Züge aus dem Westen, um Fahrzeit
einzusparen, die bei der Umfahrung
Berlins anfällt. Dies wird auch gemacht,
dafür fallen jedoch Züge Richtung Süden weg.
Sie werden ab Lichtenberg
oder anderen Bahnhöfen fahren. Der
Grund: Die Stadtbahn ist dringend sanierungsbedürftig
und wird deshalb
zumindest abschnittsweise bis 1997
(Eröffnung der Schnellfahrstrecke nach
Hannover) eingleisig sein. Durch die
Elektrifizierung es zu Zusätzlichen
Engpässen kommen, die eine generelle
Verstärkung des Verkehrs auf den
Ferngleisen der Stadtbahn vorerst nicht
zulassen.
Ein weiteres Problem stellt immer noch
der Platzkartenverkauf dar. Dafür stehen
zwei Computer-Systeme zur Verfügung. Das eine ist EPA von der DB,
das andere EPLA von der DR. Die
Platzkontingente der ehemaligen Transitzüge
sind ca. 60:40 zugunsten der
EPA aufgeteilt, so daß das Kontingent
der EPLA schnell aufgebraucht ist, da
zahlreiche DDR-Bürger sich einen
Platz über dieses System reservieren
lassen. Da die Reservierungssstelle des
Bahnhofs Zoo mit beiden Systemen
ausgestattet ist. schicken zahlreiche andere
DR-Verkaufsstellen die Reisenden dorthin.
Es entstehen täglich lange
Schlangen im Bahnhof Zoo. Die DB
hat reagiert und weitere EPA-Geräte
beschafft um die Bedienung der Kunden am
Bahnhof Zoo zu beschleunigen.
Ab Oktober sollen nun auch die Bahnhöfe Hauptbahnhof,
Schöneweide und
Lichtenberg ein EPA-Buchungspult erhalten.
Eine generelle Entlastung des
Bahnhofs Zoo wird aber erst erwartet,
wenn Anfang nächsten Jahres die beiden Buchungssysteme EPA und EPLA
gekoppelt werden und damit die Aufteilung der
Plätze in Kontingente abgeschafft wird.
Immer wieder Ärger gibt es auch mit
dem Bahn-Bonus-Heft der Bundesbahn.
Dies ist ein Rabatt für Vielfahrer,
bei dem der DB-Fahrpreis von der Verkaufsstelle
in ein Heft eingetragen wird.
Wenn 1000 DM beisammen sind, gibt
es einen Gratis-Fahrschein. Doch wer
bei der DR seinen Fahrschein kauft
bekommt diese Eintragung nicht, da
nur DB-Stellen den Preis eintragen.
Herr Schultz erklärte daraufhin sofort
die Bereitschaft, auf seinem Bahnhof
die Eintragung vornehmen zu lassen.
Doch Herr Kulling von der DB meinte
daraufhin, die Eintragung ins Heft sei
ein generelles Problem, auch bei ausländischen
Bahnverwaltungen und anderen DR-Bahnhöfen. Deutsche
Bundesbahn und Deutsche Reichsbahn beraten
auch schon ein gemeinsames Tarifsystem,
das ab Anfang nächsten Jahres gültig werden soll, bei dem auch
dieses Problem wohl gelöst werden
könnte. Die Reisenden müssen sich
also weiter gedulden.
Zu einem weiteren Problem hat sich
die Versorgung durch das Bistro-Cafe
im InterRegio gemausert. Immer mehr
Reisende nutzen dieses Angebot, so
daß es zu langen Warteschlangen im
Zug kommt. Richtige Speisewagen sind
jedoch nicht vorhanden und passen
nach Aussage der DB-Vertreter auch
gar nicht “in das Produkt InterRegio”.
dis zum Fahrplanwechsel 1991 müssen
sich die Reisenden also noch gedulden,
dann kommt der InterCity mit seinem
“Produktmerkmal" Zugrestaurant oder
einfacher gesagt: Speisewagen.
Insgesamt kann ein positives Resümee
gezogen werden: Die Reisenden konnten
ihren Arger endlich einmal direkt
"an die richtige Adresse" bringen, den
Vertretern von Bundesbahn und
Reichsbahn wurde der unmittelbare
Kontakt zu den Reisenden ermöglicht,
und so manches Problem dürfte nach
diesem Sprechtag der Vergangenheit
angehören, Daß der Sprechtag nicht so
gut besucht war, könnte ein Hinweis
darauf sein, daß die Bahnreisenden insgesamt
doch zufriedener sind als erwartet,
oder daß Ärgernisse bei der gelegentlichen
Bahnreise eher “geschluckt”
werden, als Argernisse im täglichen
Nahverkehr.
IGEB
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