|
Die Situation erfordert dringendes
Handeln, denn mit jedem Tag wechseln
mehr und mehr Pendler das Verkehrsmittel,
sprich: steigen auf das Auto um.
Die Berliner Innenstadt verkraftet dies
nicht mehr. Deshalb ist es zu wenig,
wenn jetzt nur Pläne für 1997 oder 2010
entwickelt werden. Spätestens zum
kommenden Fahrplanwechsel im Juni
muß es einschneidende Veränderungen
geben. Erforderlich ist für den Großraum
Berlin ein Angebot von linienmäßigem
Taktverkehr im Umkreis von ca.
80 km um die Stadtmitte (also beispielsweise
bis Rathenow, Neustadt/Dosse, Jüterbog, Frankfurt/O) mit
mindestens zweistündlichem, auf stark
benutzten Strecken stündlichem Betrieb.
Nach Möglichkeit sollten die Regionalzüge
nicht an den S-Bahn-Endbahnhöfen enden, sondern nach Berlin
hineinfahren. Verbunden werden muß
das Angebot mit gutem und agressivem
Marketing, denn was nützt das beste
Regionalbahn-Angebot, wenn es keiner
kennt oder durchschaut?
Zu den notwendigen begleitenden
Maßnahmen gehören vergleichsweise
kleine und doch so wichtige Dinge wie
z.B. Zuglaufschilder auch im Nahverkehr,
Liniennummern, Linien-Fahrplankärtchen für jede Brieftasche,
Aushangfahrpläne auch auf kleinsten Haltepunkten, gut
lesbare Hinweisschilder
auf den Bahnhof auf jedem Bahnsteig
(z.Zt. ist besonders auf kleinen Haltepunkten oft nur
ein einziges, schlecht
einsehbares Schild vorhanden), Unterstände auf allen
Bahnsteigen - auch auf
“Dorf-Haltepunkten", günstige Anschlüsse zum Busverkehr, gemeinsam
mit dem Busverkehr veröffentlichte
Fahrplanhefte und, soweit kurzfristig
möglich, Behinderteneigung.
Die IGEB wünscht sich natürlich die
Einführung eines solchen Angebotes
auf allen Bahnstrecken rund um Berlin.
Doch im Wissen, daß gerade bei einem
zum Großteil schon feststehenden
Fern-Fahrplan die Möglichkeiten zur
Umsetzung eines Gesamt-Konzep
stark eingeschränkt sind, schlägt die
IGEB ein Pilotprojekt auf zunächst drei
Strecken zum kommenden Jahresfahrplan 1991/92 vor.
Ein Jahr später sollte
dann auf allen Strecken im Berliner
Raum ein Angebot nach einem solchen
zukunftsweisenden Konzept eingeführt
werden.
1. Neuordnung des Verkehrs im Raum
Potsdam - Brandenburg
Derzeit fahren stündlich Züge von Berlin-Karlshorst
über Schönefeld - Potsdam Hbf südlich um Berlin herum nach
Werder. Jeder zweite Zug fährt weiter
nach Brandenburg. Da der Abschnitt
Werder - Brandenburg nicht elektrifiziert ist,
muß in Potsdam oder Werder
die Lok gewechselt werden, wodurch
die Züge teilweise bis zu einer halben
Stunde Aufenthalt haben. Die Brandenburger würden
aber inzwischen viel
schneller über Wannsee - Zoo auch in
den Ostteil Berlins gelangen. Deshalb
schlägt die IGEB eine Führung der
heute von Wannsee nach Potsdam Hbf
fahrenden Züge alternierend (jeweils
zweistündlich) ab Potsdam West über
Wildpark und Werder nach Brandenburg sowie direkt, also ohne
Umweg
über Wildgark, von Wannsee nach
Potsdam Hbf vor. Dadurch könnten die
von Berlin-Karlshorst nach Brandenburg fahrenden Züge in
Werder enden
und bräuchten keinen Traktionswechsel,
und die Brandenburger würden auf
kürzerem und schnellerem Wege (mit
einmaligem Umsteigen auf die S-Bahn
in Wannsee) nach Berlin gelangen.
Potsdam Hbf würde von Wannsee zwar
nur noch zweistündlich statt stündlich
bedient, doch wird dieser Bahnhof bei
zunehmender Führung von Fernzügen
über Potsdam Stadt und die Berliner
Stadtbahn an Bedeutung verlieren. Die
verbleibenden Züge von Wannsee nach
Potsdam Hbf sollten deshalb noch zusätzliche Aufgaben
übernehmen und
über Potsdam Hbf hinaus verkehren,
womit sie die Erholungsgebiete um Caputh,
Schwielowsee usw. erschließen
würden.
2. Verkehr ins Osthavelland
Der Verkehr in den Raum Nauen/Falkensee/Wustermark ist z.Zt. äußerst
unübersichtlich gestaltet. Steigt man in
Charlottenburg oder Birkenwerder in
einen Zug in diese Richtung ein, so
weiß man nie genau, wo man ankommt.
Dringend erforderlich ist hier ein Linienverkehr
im Takt unter Einbeziehung der Strecken nach Potsdam,
Charlottenburg, Birkenwerder und Rathenow, um den
Fahrgästen ein durchschaubares Verkehrsangebot zu bieten.
3. Regional-Bahn in die Stadt
Z.Zt. bieten sich nur wenige Verbindungen an, die
bis in die Stadt durchzuführen sind. Deshalb sind dringend
Lückenschlüsse auf den durch die Mauer unterbrochenen
Strecken notwendig.
Es gibt allerdings auch jetzt schon
Strecken, bei denen sich eine Führung
des Regionalverkehrs nach Berlin anstatt nur
bis zu den S-Bahn-Endpunkten anbietet. So sollten Eberswalde
(über 50.000 Einwohner), Ludwigsfelde (22000),
Luckenwalde (27.000) und
Jüterbog (Eisenbahnknoten) mit einem
durchgehenden Regionalverkehr an
Berlin angebunden werden. Sinnvoll
scheint ein Zwei-Stunden-Takt auf einer
durchgehenden Linie Eberswalde -
Bernau - Hohenschönhausen - Lichtenberg - Schöneweide - Schönefeld -
Ludwigsfelde - Jüterbog mit Halt auf allen
Bahnhöfen außerhalb des S-Bahn-Bereichs.
Auf dem Abschnitt Ludwigsfelde - Jüterbog sollte
die Linie durch eine
weitere Linıe ab Teltow ergänzt werden, so daß sich
ein Stundentakt ergibt.
Die IGEB unterstützt auch den Vorschlag des PRO
BAHN-Regionalverbandes Berlin - Teltower Land, zwischen
Bf. Teltow und S-Bf. Zehlendorf
per Bus einen Schienenersatzverkehr
einzurichten, bis die Lücke zwischen
Teltow und Priesterweg geschlossen ist.
Diese Linienkostellation erlaubt einen
zum Auto halbwegs konkurrenzfähigen
Verkehr sowohl von Eberswalde als
auch aus Richtung Jüterbog in die östlichen Stadtteile
und - mit Umsteigen in
Bernau auf die S-Bahn bzw. in Teltow
auf den Bus - auch in die westlichen
Stadtteile, insbesondere nach Fertigstellung
des Umsteigebahnhofs Bornholmer Straße.
Dazu ist es allerdings unerläßlich, daß
das Fahrplanangebot gekoppelt mit den
oben beschriebenen begleitenden Maßnahmen
eingeführt wird, damit neu gewonnene Fahrgäste
nicht von schlechten “Nebenleistungen” (wie z.B. Im-Reglen-Stehen,
weil kein Unterstand
vorhanden ist) gleich wieder abgeschreckt werden.
IGEB
|