Einige, z.T. schon lange von der IGEB geforderte
Verbesserungen gab es ja, aber viele dringend
notwendige Änderugen unterblieben, Das ist das
Fazit für die zum 26.
November 1990 erfolgten Korrekturen im
BVG-Busangebot.
Geändert wurden die Wegführung und der
Fahrplan bei einigen "grenzüberschreitenden"
Buslinien. Am bemerkenswertesten
war die Einfürug einer neuen Buslinie
100 zwischen Zoo und Alexanderplatz/Mollstraße.
Diese Buslinie ersetzt im ehemaligen
Westteil der Stadt die Buslinie 69,
die jetzt nur noch zwischen Eichkamp und
Zoo verkehrt. Vom Reichstag führt die Buslinie 100
weiter über Clara-Zetkin-Straße,
Otto-Grotewohl-Straße, Unter den Linden,
Karl-Liebknecht-Straße bis zum Straßenbahnknoten an
der Mollstraße. Auf dieser
Linie wird bei der BVG auch erstmals eine
gesonderte Fahrzeit im nachmittäglichen
Berufsverkehr im Fahrplan berücksichtigt.
Eine weitere Differenzierung der Fahrzeit
zu unterschiedlichen Tageszeiten scheint jedoch hier - wie
auch auf vielen anderen
Buslinien - angebracht.
|
Hohe Fahrgastzahlen hat die erst am 26. November eingeführten Busline 100 vorzuweisen. Doch wegen der langen Fahrzeit sowie gravierender Verfrühung und Verspätungen ist die Linie bisher nur für Touristen und Ausflügler interessant. Foto: M. Heller |
|
Nachgebessen werden muß auch hinsichtlich
der Haltestellenstandorte. So hat in
Fahrtrichtung Zoo der zur oder von der U-Bahn-Linie 6
umsteigende Fahrgast die
Wahl zwischen einer Haltestelle an der
Staatsoper und der nächsten am Brandenburger Tor!
Eine zusätzliche Haltestelle im
unmittelbaren Kreuzungsbereich Unter den
Linden Ecke Friedrichstraße ist angesichts
des z.Zt. bestehenden Haltestellenabstandes
von fast einem Kilometer in Richtung Zoo
unbedingt erforderlich.
Die Linie 100 wird erfreulicherweise mit
gleicher Wegführung und gleicher Bezeichnung auch
als Nachtbuslinte geführt. Sie ist
damit die erste Verbindung zwischen den
beiden ansonsten noch immer völlig getrennten
Nachtbusnetzen. Verändert werden sollte
aber die Fahrplanlage in Fahrtrichtung Westen,
um die nur um wenige
Minuten verpaßten Anschlüsse von den Linien 106 und 108
zu ermöglichen und um
gleichzeitig eine günstigere Eintreffzeit am
Bf. Zoo zu erreichen.
Eine etwas verkürzte Wegführung erhielt
die Buslinie 39 von Spandau nach Nauen,
die jetzt über den Brunsbütteler Damm verkehrt.
Zur Erschließung des "eingemeindeten" Westteils
von Staaken wurde außerdem die Buslinie 80
bis Staaken, Nennhauser Damm verlängert.
Geringfügig verlegt
wurde außerdem die Endstelle der Buslinie
64 in der Eberswalder Straße, wodurch eine
verbesserte Umsteigemöglichkeit zu den
Straßenbahnlinien 4, 13 und 21 entstand.
Zum 26, November wurde ferner - entsprechend der
Zunahme der Berufspendlerströme - eine schon
mehrfach von der IGEB geforderte Angebotsverbesserung
durchgeführt: Auf vielen der über die Stadtgrenze
hinaus verkehrenden BVG-Linien wurde
der Betriebsbeginn vorverlegt, so daß auch
Berufspendler aus dem Umland die Chance
haben, ihren Arbeitsplatz in Berlin mit öffentlichen
Verkehrsmitteln zu erreichen.
Warum dies wiederum für die Linien 38 und
98 nicht in gleicher Weise gilt, bleibt uns
unverständlich.
Noch gravierender jedoch sind Versäumnisse der
BVG und BVB an anderer Stelle: So
fehlt bis heute - ein Jahr nach Öffnung der
Mauer - eine öffentliche Verkehrsverbindung
zwischen den beiden Nachbar- und
Partnerbezirken Neukölln und Treptow.
Dies ist umso unverständlicher, weil dadurch
auch das so wichtige Einkaufsgebiet
Karl-Marx-Str./Hermannplatz aus den Ost-Berliner
Nachbarbezirken nicht oder nur
mit unzumutbaren Umwegen erreichbar ist.
Aber auch die öffentlichen Verkehrsverbindungen
zwischen Berlin und dem Umland
müssen an vielen Stellen verbessert werden.
Besondere Kritik erreicht die IGEB immer
wieder von Fahrgästen aus dem Raum Teltow.
Kritisiert wird insbesondere, daß der
Bf. Teltow keine Busanbindung nach (West)
Berlin hat. Obwohl hier eine früher durchgehende
S-Bahn-Verbindung bestand, die
wegen ihrer Bedeutung nach bisheriger Planung
1993 wieder in Betrieb gehen soll, ist
an die Einrichtung eines Vorlaufbetriebes
durch eine Buslinie nicht gedacht.
An diesen Beispielen wird deutlich, wie
dringend notwendig die weitere Verknüpfung
und auch Angebotsverbesserungen
der öffentlichen Verkehrsverbindungen
sind. Die IGEB hat dazu bereits im Juni
eine Konzeption zur Anpassung des Busliniennetzes
der Öffentlichkeit vorgestellt
vgl. SIGNAL 5/90 ), in der bei 25 Buslinien
(10 im innerstädtischen Verkehr, 8 im Regionalverkehr
und 7 im Nachtbusverkehr)
Netzverknüpfungen als Sofortmaßnahme
gefordert wurden, von denen ganze 5 bis
zum heutigen Tage realisiert worden sind.
Aber nicht nur im öffentlichen Verkehr zwischen
den beiden Stadthälften sowie zwischen dem
ehemaligen West-Berlin und
dem Umland ist erheblicher Handlungsbedarf, sondern
gerade auch innerhalb des
BVG-Busnetzes. Jüngsten Verlautbarungen
zu Folge soll die nun schon mehrfach verschobene
Einführung des neuen Busliniennetzes
(Busnetz '90), die zuletzt für den
Sommerfahrplan 1991 angekündigt wurde,
nun ganz unterbleiben. Abgesehen von den
Vorteilen durch die mit dem Busnetz '90 erreichbaren
Reisezeitverkürzungen innerhalb
des BVG-Netzes (woran sich auch durch
den Wegfall der Mauer nichts geändert
hat!) ist ein wesentliches Merkmal eben
auch ein sehr viel effizienteres Busnetz.
Stattdessen sollen also nun Wagen und Personal,
die an anderer Stelle dringend benötigt werden,
weiterhin auf immer sinnloser
werdenden, weil nicht der Nachfrage entsprechenden
Wegführungen halbleer im
Zick-Zack-Kurs durch die verstaute Stadt
geschaukelt werden.
|
Nur nach der Maueröffnung war der Bus 24 gut besetzt. Inzwischen verkehren wieder schwach besetzte Eindecker. Ein Beispiel, wie dringend die Neuordnung des Busnetzes ist. Foto: IGEB |
|
Als Beispiel sei in diesem Zusammenhang
die BVG-Buslinie 24 genannt: Schon vor
Öffnung der Mauer eine nur sehr schwach
frequentierte, aber dafür umso kurvenreichere
Linie, die deshalb im Entwurf zum
Busnetz '90 unter Beibehaltung der Flächen
erschließung durch andere Buslinien ersetzt
werden sollte, hat sie ihre Berechtigung
heute völlig verloren. So gelingt es mit der
bestehenden Wegführung nicht nur, weiterhin um
Ost-Berlin herumzufahren, sondern
gleichzeitig wird auch noch geschickt wichtigen
Verknüpfungspunkten mit den Schnellbahnlinien
ausgewichen (weder Umsteigemöglichkeit zur Pankower U-Bahn-Linie
noch zur Stadtbahn). Das ist schwer nachzuvollziehen,
wenn fehlende Netzverknüpfungen an anderer Stelle
mit mangelnden Kapazitäten begründet werden ...
Ein anderes Beispiel: Die Erreichbarkeit
des Märkischen Viertels sollte u.a. mit einer
vom S-Bf. Westkreuz über Jakob-Kaiser-
und Kurt-Schumacher-Platz verkehrenden
Schnellbuslinie deutlich verbessert werden.
Die Reisezeiten für einen erheblichen Teil
der Fahrten aus oder in das Märkische
Viertel wären dadurch deutlich reduziert
worden. Und nicht nur das: Die wesentlich
kürzeren Fahrzeiten (allein auf dem Abschnitt
Märkisches Zentrum - Kurt-Schumacher-Platz wäre
im Vergleich zum Bus 62
ein Fahrzeitgewinn von mindestens 5 Minuten zu erzielen)
würden auch einen deutlich
geringeren Fahrzeug- und Personaleinsatz
erlauben.
Diese beiden Beispiele machen deutlich,
wie sinnvoll und notwendig die Einführung
des Busnetzes 90 ist, um die vorhandenen
Kapazitäten zum Zusammenwachsen der
Verkehrsnetze zwischen Ost und West einzusetzen.
Die überwiegende Mehrzahl der
regelmäßigen Wege der West-Berliner
BVG-Benutzer hat sich auch nach Öffnung
der Mauer nicht verändert. Die Verlängerung einzelner
Buslinien zur Verknüpfung
der noch immer getrennten Verkehrsnetze
steht der Einfühnrng eines atrraktiveren
und effizienteren Netzes im ehemaligen
West-Berlin nicht entgegen. Damit ist nicht
gesagt, daß nicht auch das BVB-Netz dringend
überarbeitungsbedürftig ist. Bis man
jedoch eine genaue Datenbasis für die im
ehemaligen Ost-Berlin bestehenden Verkehrsströme
hat und bis man die Veränderungen bei der BVG vollständig
erfaßt hat,
so daß ein aus wissenschaftlich-methodischer
Sicht einwandfreies Liniennetz entwickelt
(dies hat allein für West-Berlin fast
5 Jahre gedauert) und umgesetzt (!) werden
kann, bis dahin werden dem öffentlichen
Nahverkehr viele Fahrgäste davonlaufen.
IGEB
|