Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin organisierte für
den 28.3.2011 bis 31.3.2011 eine Gruppenreise
von Bielefeld nach Krakau und zurück
für insgesamt 60 Reisende. Die Buchung
der Gruppentickets erfolgte bei dem Verkehrsunternehmen
bereits im Dezember
2010. Die Kosten für die Hin- und Rückfahrt
betrugen 7512 Euro zuzüglich Reservierungen
in Höhe von insgesamt 360 Euro.
Auf der Hinfahrt nach Krakau hatten die
Reisenden eine Verspätung von mehr als
60 Minuten, da der Zug von Warschau nach
Krakau nicht fuhr. Die Reisenden mussten
daher mit einem anderen Zug fahren und
erreichten Krakau verspätet.
Auf der Rückfahrt von Krakau nach Bielefeld
mussten die Reisenden erneut Unannehmlichkeiten
in Kauf nehmen, da der
gebuchte Zug von Krakau nach Warschau
zwischenzeitlich aus dem Fahrplan gestrichen
worden war, so dass die Reisenden
auf andere Züge umsteigen mussten. In
Krakau buchten sie Platzkarten für einen
alternativen Expresszug (Kosten 246,38
Euro).
Da in Warschau der Zustieg zu einem
Nachtzug von der polnischen Bahn verweigert
wurde, fuhren die Reisenden mit
dem Expresszug nach Berlin. Während
der Fahrt wurde dieser Zug dann von dem
Nachtzug überholt. Da zu diesem Zeitpunkt
nicht absehbar war, dass der Expresszug
später den Nachtzug überholen
würde, um noch in Berlin den Anschluss
nach Bielefeld zu erreichen, organisierte
die Beschwerdeführerin ein Busunternehmen,
das die Reisenden in Berlin abholen
und nach Bielefeld befördern sollte. Zuvor
hatte sie erfolglos versucht, in Berlin
eine Übernachtungsmöglichkeit für die
60 Reisenden zu finden. Da die Reisenden
anderenfalls bis zum nächsten Morgen
in Berlin auf eine Weiterfahrmöglichkeit
nach Bielefeld hätten warten müssen, sah
sie keine andere Alternative als die Busbeförderung.
Die Reisenden erreichten Berlin mit
dem Expresszug nach 24 Uhr. Wider Erwarten
hatte ihr Zug den Nachtzug zuvor
doch überholen können, so dass nun eine
Weiterfahrt mit dem Nachtzug nach Bielefeld
möglich war. Der Bus wurde daher
nicht in Anspruch genommen. Bielefeld
erreichten sie erst gegen 4 Uhr morgens
mit einer Verspätung von mehr als vier
Stunden.
Ablehnung
Nach der Rückkehr von der Fahrt machte
die Beschwerdeführerin eine Verspätungsentschädigung
für die Gruppenteilnehmer
sowie die Erstattung der Kosten für die
Charterung des Busses i.H.v. 1535,74 Euro bei
dem Servicecenter Fahrgastrechte geltend.
Die Fahrkarten konnte sie nicht vorlegen, da
diese zuvor von den Reisenden aus Verärgerung
vernichtet worden waren.
Das Servicecenter Fahrgastrechte stellte
zwar eine Verspätung auf der Rückfahrt
von 246 Minuten fest, lehnte aber die Zahlung
einer Verspätungsentschädigung ab,
da die Fahrkarten nicht vorgelegt wurden.
Die Hinfahrt wurde überhaupt nicht
beschieden. Der Kundendialog des Verkehrsunternehmens
setzte sich mit der
Beschwerdeführerin in Verbindung und
kompensierte die in Polen erworbenen
Platzkarten in Form eines Reisegutscheins
i.H.v. 250 Euro.
Schlichtungsarbeit
Die Beschwerdeführerin wandte sich an die
söp, nachdem erneut die Übernahme der
Buskosten sowie die Zahlung einer Verspätungsentschädigung
vom Verkehrsunternehmen
abgelehnt worden war.
Die söp setzte sich mit dem Verkehrsunternehmen
in Verbindung und wies darauf
hin, dass zwar grundsätzlich für die Auszahlung
einer Verspätungsentschädigung
nach den Beförderungsbedingungen des
Verkehrsunternehmens die Vorlage der
Fahrkarte oder einer Fahrkartenkopie erforderlich
ist. Doch konnte die Beschwerdeführerin
hier einen Kundenbeleg mit Auftragsnummer
vorzeigen, aus dem sich der
Fahrkartenwert und die Zahlung von 7512
Euro für die Hin- und Rückfahrt ergaben.
Darüber hinaus wurden die Fahrkarten telefonisch
bei dem Verkehrsunternehmen
gebucht, so dass auch dies nachvollzogen
werden konnte.
Die söp schlug daher vor, aus Kulanz
diese Unterlagen für die Geltendmachung
einer Verspätungsentschädigung anzuerkennen
und der Beschwerdeführerin für
die Hin- und Rückfahrt eine Verspätungsentschädigung
zu zahlen.
Hinsichtlich der Mehrkosten für den gecharterten
Bus machte die söp deutlich,
dass zwar ein Anspruch auf Erstattung dieser
Kosten fraglich ist, die Beschwerdeführerin
die Entscheidung, den Bus zu chartern,
aber erst getroffen hatte, als klar war, dass
Bielefeld unter normalen Bedingungen
nicht mehr vor 24 Uhr erreicht werden wird.
Aus Sicht der Beschwerdeführerin gab es
keine andere Möglichkeit, als die Reisenden
mit dem Bus von Berlin nach Bielefeld
zu befördern. Eine Übernachtung im Hotel
war nicht möglich. Nur aufgrund eines Zufalls
und einer Verspätung des Nachtzuges
konnten die Reisenden doch noch den Zug
von Berlin nach Bielefeld erreichen.
Die Schlichtungsempfehlung der söp
wurde angenommen. Das Verkehrsunternehmen
veranlasste die Auszahlung einer
Verspätungsentschädigung für die Hinfahrt
i.H.v. 939 Euro (25 Prozent des Fahrpreises)
und für die Rückfahrt i.H.v. 1878
Euro (50 Prozent des Fahrpreises). Darüber
hinaus wurden der Beschwerdeführerin
Buskosten i.H.v. 500 Euro aus Kulanz erstattet
sowie jedem der 60 Reisenden ein
Reisegutschein i.H.v. 10,00 Euro übersandt.
(Dr. Katja Schmidt)
Reisen per Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff
können von Verkehrsunternehmen wie von
deren Kunden noch so gut geplant und
organisiert sein: Es wird immer wieder zu
Problemen kommen, die Anlass zur Beschwerde
geben. Wer auf seine Beschwerde
keine zufriedenstellende Antwort bekommt,
kann sich an die söp, die Schlichtungsstelle
für den öffentlichen Personenverkehr,
wenden. Sie erarbeitet dann einen Schlichtungsvorschlag
zur einvernehmlichen und
außergerichtlichen Streitbeilegung. Das
erspart allen Beteiligten Geld, Zeit und Ärger.
SIGNAL-Leserinnen und -Leser können in
jeder Ausgabe anhand eines konkreten Falls
einen Einblick in die praktische Arbeit der
söp bekommen.
Aber auch Fahrgäste im Nahverkehr der Länder
Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt
können sich an die söp wenden, wenn
sie auf ihre Beschwerde hin von der BVG, der
S-Bahn Berlin GmbH oder einem anderen
teilnehmenden Verkehrsunternehmen der
Region keine sie zufriedenstellende Antwort
erhalten haben.
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Internet: www.soep-online.de söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
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