Schienenverkehrswochen 1992

Sorgen Private für mehr Sicherheit?

Wie private Sicherheitskräfte im U- und S-Bahn-Bereich der BVG für Sicherheit sorgen, verrieten Manfred Fleck und Klaus Podratz von der IHS GmbH, dem größten privaten Sicherheitsanbieter für den Öffentlichen Nahverkehr in Berlin. Sie waren am 3. September zu Gast bei den Berliner Schienenverkehrs-Wochen. Zur Verstärkung hatten sie zwei echte Sicherheitskräfte mitgebracht.

Die Betriebsleiter der IHS betonten in ihrem Vortrag, daß zahlreiche Forderungen der IGEB im Konzept "Mehr Sicherheit für Fahrgaste" bereits erfüllt seien. So sind im Frühjahr 1992 Bereitschaften an Schwerpunkten wie Kottbusser Tor, Alexanderplatz oder Zoologischer Garten eingerichtet worden. Eine Eingreiftruppe steht, unabhängig von den patroullierenden Streifen, im Ernstfall zur Verfügung. Eine Abstimmung mit dem Ordnungsdienst der BVG findet inzwischen ebenfalls statt. Mitarbeiter der IHS, die sich beim Schutz der Fahrgäste besonders engagieren, werden belobigt und erhalten Geldprämien. Dabei sei der Schutz der Fahrgäste mit üblichen Wachschutz-Aufgaben nicht zu vergleichen. Nur nach einer umfassenden Ausbildung kommen die IHS-Mitarbeiter zum Emsatz. Gegenwärtig werden 252 Sicherheitskräfte, davon 45 Frauen eingesetzt. Dazu kommen 92 Hunde.

Herr Podratz wies auf die Notwendigkeit des Hundeeinsatzes hin, da die Sicherheitskräfte unbewaffnet sind. Kritik an nicht artgerechter Haltung der Hunde sei völlig unbegründet, da nur ausgebildete Hunde mit Schutzhundprüfung zum Einsatz kommen. Auch werden die einschlägigen Anforderungen der Berufsgenossenschaft in vollem Umfang erfüllt. Beschwerden der Fahrgäste über den Hundeeinsatz gebe es nahezu gar nicht - eine Erfahrung, die IGEB-Abteilungsleiter Norbert Gronau bestätigen konnte.

Die Sicherheitskräfte sind berechtigt, neben dem "Jedermannsrecht", das jedem Bürger zusteht (Notwehr, Nothilfe etc.), im gesamten Schnellbahnbereich der BVG das uneingeschränkte Hausrecht auszuüben. Zudem dürfen sie anlaßbezogene Fahrausweiskontrollen vornehmen. Rechtsgrundlage für die IHS-Mitarbeiter sind die Beförderungsbedingungen der BVG. Bewußt wurde auf eine militärisch wirkende Bekleidung verzichtet. Schließlich soll der Fahrgast die Sicherheitskräfte nicht als notwendiges Übel ansehen, sondern sie positiv tolerieren.

Aufschlußreich waren die Äußerungen der anwesenden Streife vom Kottbuser Tor. Die Sicherheitskräfte schilderten die Einsatzschwerpunkte und Fahrgastreaktionen. Ein Schwerpunkt der Streifengänge hegt in unübersichtlichen Verbindungsgängen, so z.B. zwischen Ul und U6 am Halleschen Tor. Viele Fahrgäste wechseln im Abendverkehr ebenfalls den Wagen, wenn die Sicherheitskräfte dies tun. Die IHS-Mitarbeiter wiesen in diesem Zusammenhang darauf hin, daß durchgehende Übergänge zwischen den Wagen, wie die BVG sie für die U-Bahn-Züge der Baureihe H plant, ihre Arbeit sehr erleichtern würden. Einige Zahlen verdeutlichten, daß die Sicherheitskräfte ihrer Aufgabe gerecht werden. So sind allein im 1. Halbjahr 1992 mehr als 50 Sprayer ergriffen worden.

Die Veranstaltung zeigte, daß die privaten Sicherheitskräfte im BVG-Bereich neben dem Schutz der Fahrgäste vor Gewalt und Vandalismus eine Vielzahl weiterer Aufgaben wahrnehmen, die eigentlich zum Aufgabengebiet der Polizei gehören. Dazu gehört z.B. die Festnahme von Taschendieben. Der Berliner Fahrgastverband IGEB fordert daher, daß der rundum sinnvolle Einsatz privater Ordungskräfte bei der BVG endlich nicht mehr vom Verkehrsunternehmen selbst, sondern vom Innensenator bezahlt wird. Die so gesparten 30 Millionen DM könnten dann dazu verwendet werden, den BVG-Betrieb attraktiver zu gestalten.

In SIGNAL 8/92 und 9/92 können Sie weitere Berichte von den 9. Berliner Schienenverkehrs-Wochen lesen.

IGEB

aus SIGNAL 2/1997 (September 1992), Seite 17

 

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