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Kennen Sie vom täglichen S-Bahn-Fahren den
Ruf "Zurückbleiben bitte" oder auch "Bitte Zurückbleiben"?
Dann arbeiten Sie vielleicht in
Frankfurt/Main oder in München, denn dort ist
diese höfliche Form üblich. In Berlin dagegen
herrscht noch immer preußischer Kommandoton:
"Zurückbleim!" heißt es hier. Mehrfach schon
wurde die mangelnde Berliner Freundlichkeit im
Umgang mit den Fahrgästen (bei der BVG: Beförderungsfälle)
beklagt. Doch das freundliche,
aber längere "Bitte", so meinen BVG und Reichsbahn,
scheitere an den kurzen Aufenthaltszeiten
den Bahnhöfen. Bei 24 Sekunden Aufenthalt
pro Bahnhof, so wurde beim letzten S-Bahn-Sprechtag
erläutert, müsse an jeder Silbe gespart
werden, um eine pünktliche Beförderung sicherzustellen.
Dafür hat sicher jeder Verständnis, der rasch an
sein Ziel kommen will. Manchmal jedoch, vor
allem auf der Wannseebahn, befallen den eiligen
Fahrgast leise Zweifel. Da sind alle, die an einer
Station ihre Fahrt beginnen oder beenden, längst
aus- und eingestiegen, als schließlich über den
Bahnsteiglautsprecher der Ruf "Einsteigen" ertönt,
sogar mit einem verschämten "Bitte" hinterher.
Einige Zeit später - niemand ist eingestiegen,
denn der Bahnsteig ist ja bereits leer - kommt dann
der vertraute Ruf "Zurückbleiben". Und wieder
einige Zeit später setzt sich die S-Bahn tatsächlich
in Bewegung.
Der erleichterte Fahrgast, der ob des langen Wartens
schon eine Signalstörung oder einen Motorschaden
befürchtete, fragt sich nun. ob die Berliner
Ansagen vielleicht doch etwas freundlicher
gestaltet werden könnten. Im Mutterland des
formvollendeten Umgangs, in England, sagt man
"Stand clear of the doors, please." Die langen
Stehzeiten auf der Wannseebahn bieten jedoch
ausreichend Möglichkeiten, die Engländer sogar
noch zu übertreffen, etwa mit "Liebe Fahrgäste,
bitte bleiben Sie von den Türen zurück, der Zug
fährt sogleich ab." Oder soll man lieber doch eine
kürzere Aufenthaltszeit auf den Bahnhöfen fordern? IGEB
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