Sachverhalt
Der Beschwerdeführer war Inhaber einer
Monatskarte seines örtlichen Verkehrsverbundes
zu einem Jahrespreis von 2589,60
Euro für die Strecke von Köln nach Essen.
Am 25. Januar 2012 wollte er mit einem
Nahverkehrszug von Essen nach Köln
fahren. Da dieser Zug jedoch mit einer
erheblichen Verspätung angekündigt war,
nutzte der Beschwerdeführer stattdessen
für seine Fahrt einen Fernverkehrszug. Im
Zug musste er für die Fahrt eine Fahrkarte
zu einem Preis von 29,50 Euro kaufen. In
Köln ließ sich der Beschwerdeführer eine
Verspätung des Nahverkehrszuges von 29
Minuten bestätigen.
Ablehnung
Nach der Rückkehr von der Fahrt machte
der Beschwerdeführer eine Erstattung einer
Kosten für die nachgelöste Fahrkarte
beim Servicecenter Fahrgastrechte geltend.
Das Servicecenter
lehnte die Erstattung
ab mit der Begründung “Nutzung
eines Alternativzuges mit erheblich ermäßigten
Fahrkarten”.
Schlichtungsarbeit
Der Beschwerdeführer zeigte sich mit der
Ablehnung seines Erstattungswunsches
nicht einverstanden und wandte sich an
die söp. Die söp prüfte den Fall zunächst
im Hinblick auf die Beförderungsbedingungen
des Eisenbahnunternehmens.
Danach kann ein Reisender, wenn vernünftigerweise
davon ausgegangen werden
muss, dass er mit einer Fahrkarte der
Produktklasse ICE, IC/EC am Zielbahnhof
mindestens 20 Minuten verspätet ankommen
wird, die Fahrt mit geänderter Streckenführung
bis zum Zielort bei nächster
Gelegenheit fortsetzen. Er kann dabei
auch den Zug einer höherwertigen Produktklasse
nutzen. Reisende mit einer
Fahrkarte für die Produktklasse C (d. h.
Nahverkehrszüge) haben jedoch bei Weiterreise
im Zug einer höherwertigen Produktklasse
zunächst den Fahrpreis für die
benutzte Produktklasse zu zahlen. Die dafür
erforderlichen Aufwendungen werden
erstattet. Dies soll nach den Beförderungsbedingungen
aber nicht gelten, wenn der
Reisende Inhaber einer “Fahrkarte zu einem
erheblich ermäßigten Fahrpreis” war.
Maßgeblich war daher, ob es sich bei der
Monatskarte des Beschwerdeführers um
eine Fahrkarte zu einem erheblich ermäßigten
Fahrpreis handelte.
Die söp kam zu dem Ergebnis, dass dies
nicht der Fall ist. Die Tarifbestimmungen
des örtlichen Verkehrsverbundes enthielten
keine Regelung, dass es sich bei der
Monatskarte um eine Fahrkarte zu einem
erheblich ermäßigten Fahrpreis handelt.
Eine solche ist aber – ausgehend von der
Eisenbahn-Verkehrsordnung (EVO) – erforderlich.
Ist dies nicht geregelt, handelt
es sich um eine “ganz normale” Fahrkarte,
für die ein “normaler” Fahrpreis zu zahlen
ist. Ergänzend wies die söp aber auch
auf die Bestimmung des § 17 Abs. 1 Nr. 1,
Abs. 2 EVO hin. Danach kann der Reisende
seine Fahrt zum vertragsgemäßen Zielort
mit einem anderen Zug durchführen,
wenn vernünftigerweise davon ausgegangen
werden muss, dass der Reisende
mindestens 20 Minuten verspätet am
Zielort ankommen wird. Das war der Fall.
Schließlich hatte der Zug tatsächlich sogar
eine Verspätung von 29 Minuten. Die Voraussetzungen
für eine Erstattung waren
insofern erfüllt. Da der Beschwerdeführer
in Vorleistung getreten war, hatte er
einen Aufwendungsersatzanspruch gem.
§ 17 Abs. 2 EVO in Höhe der nachgezahlten
29,50 Euro.
Die Schlichtungsempfehlung der söp
wurde angenommen. Das Verkehrsunternehmen
entschuldigte sich ausdrücklich
für die fehlerhafte Bearbeitung und
erstattete dem Beschwerdeführer seine
Kosten in voller Höhe. (Dr. Katja Schmidt)
Reisen per Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff
können von Verkehrsunternehmen wie von
deren Kunden noch so gut geplant und
organisiert sein: Es wird immer wieder zu
Problemen kommen, die Anlass zur Beschwerde
geben. Wer auf seine Beschwerde
keine zufriedenstellende Antwort bekommt,
kann sich an die söp, die Schlichtungsstelle
für den öffentlichen Personenverkehr,
wenden. Sie erarbeitet dann einen Schlichtungsvorschlag
zur einvernehmlichen und
außergerichtlichen Streitbeilegung. Das
erspart allen Beteiligten Geld, Zeit und Ärger.
SIGNAL-Leserinnen und -Leser können
in jeder Ausgabe anhand eines konkreten
Falls einen Einblick in die praktische Arbeit
der söp bekommen.
Aber auch Fahrgäste im Nahverkehr der
Länder Berlin, Brandenburg und Sachsen-
Anhalt können sich an die söp wenden,
wenn sie auf ihre Beschwerde hin von der
BVG, der S-Bahn Berlin GmbH oder einem
anderen teilnehmenden Verkehrsunternehmen
der Region keine sie zufriedenstellende
Antwort erhalten haben.
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81
10623 Berlin
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Internet: www.soep-online.de söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
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