Der Berliner Senat sah in den letzten
Jahren seine Verantwortung der U-Bahn
gegenüber vor allem darin, die BVG mit
neuen, betriebswirtschaftlich teilweise
außerordentlich fragwürdigen Neubauabschnitten
zu „beglücken". Um den Erhalt
und die Reparatur existierender Strecken
kümmerte er sich dagegen kaum - obwohl
auch dieses Feld durchaus geldintensiv zu
betreiben ist.
Nun hat die BVG auch dank der
Unterstützung der IGEB (vgl. Signal 7/98 ,
Seite 4 - „Läßt der Senat die U-Bahn verkommen?")
ein umfangreiches Erneuerngsprogramm initiieren können, das
insbesondere den im Berliner Osten befindlichen
U-Bahnstrecken zugute
kommen soll.
Erster Abschnitt ist die bereits begonnene
Sanierung der U2 in der Stadtmitte.
Weite Abschnitte der Tunnelbauten sind
marode, der gestiegene und immer
schwerere Straßenverkehr verschärfte die
Situation zusätzlich. Unter dem Einfluß
der insbesondere in den 70er Jahren reichlich
eingesetzten Tausalze zerfielen die
Armierungen zu Rost und ließen den
Beton instabil werden. Das Ergebnis sind
Tunneldecken und -wände, die inzwischen
die Konsistenz von nassem Sand haben.
Verständlich ist, daß eine derartige Grundsanierung
nicht ohne Streckensperrungen
ablaufen kann. Schienenersatzverkehr
(SEV) wird für die Kunden der U2 zum alltäglichen
Geschäft gehören. Aber auch bei
der U5, U6 und der U8 werden größere
Baumaßnahmen in den nächsten zehn
Jahren unvermeidlich sein.
Sinnvolle Verwendung der
U5-Gelder
Um in den Genuß von GVFG-Mitteln zu
kommen, mußte zwingend noch in
diesem Jahr mit der Sanierung begonnen
werden. Es ist jedoch absehbar, daß die
weitere Beschaffung von Finanzmitteln
schwierig wird. Hier bietet sich eine sinnvolle
Verwendung der für der U5 eingeplanten
Gelder an. Dabei im Bau der U5-Verlängerung
GVFG-Mittel eingesetzt
werden sollten, lassen sich diese Mittel zumindest
für die Sanierung von U-Bahn-Strecken im Ostteil einsetzen. Und der
Sanierungsbedarf liegt allein hier bei über
anderthalb Milliarden DM.
Gute Fahrgastbetreuung?
Fehlanzeige
Der bereits erfolgte Auftakt läßt für die
Fahrgäste allerdings Schlimmes befürchten.
Die Fahrgastinformation bei den
Wochenend-Sperrungen zwischen den
Bahnhöfen Vinetastraße und Potsdamer
Platz war schlicht unzureichend. Nach
einem undurchschaubaren Schema verstreute
Informationstafeln, Infobroschüren
als „Bückware" und insbesondere im
Bereich Potsdamer Platz eine nicht nachvollziehbare
Buslinienführung stellten die
Fahrgäste auf eine harte Probe. Ansagen
erfolgten je nach Geschmack des vor Ort
eingesetzten Personals, daß heißt, entweder
gar nicht oder weitgehend unverständlich.
Da insbesondere in der Innenstadt
und noch dazu an Wochenenden
ortsunkundige Touristen unterwegs sind,
ist dies ein absolut unhaltbarer Zustand.
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U-Bahnhof Klosterstraße mit den neuen Zugzielanzeiger. Foto: BVG |
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Da man sich auf das mit viel Vorschußlorbeeren
versehene rechnergesteuerte
Informationssystem DAISY nicht verlassen
kann, wird es keine Alternative zum massiven
Einsatz von geschult em Personal
und guten Iinformationsangeboten im
Bereich der Bahnhöfe geben.
Wunder Punkt:
Vorabinformation der Fahrgäste
Ein wunder Punkt ist auch die Vorabinformation
der Fahrgäste: während die S-Bahn
und bei der BVG die Straßenbahn
seit Jahren mit regelmäßig erscheinenden
Informationsbroschüren einen stetigen
Informationsfluß etabliert haben, der
zudem das gesamte Verkehrsgebiet abdeckt,
vertraut der Unternehmensbereich
U-Bahn der BVG weiterhin auf punktuell
verteilte Flyer. Hier muß der kundige Fahrgast
jeweils das Glück haben, im richtigen
Moment am richtigen Ort zu sein, um ein
Exemplar zu erwischen - eine Anforderung,
die dem Durchschnittsfahrgast (und
um den geht es ja) schlicht nicht zuzumuten
ist.
Die IGEB hatte der BVG kürzlich vorgeschlagen,
wie bei der Straßenbahn ein (bei
Bedarf) monatliches erscheinendes Informationsheft
herauszugeben. Dieses Heft
muß alle vorhersehbaren Baumaßnahmen
im betreffenden Zeitraum enthalten. Da
der Höhepunkt der Sanierung der Straßenbahn
inzwischen vorbei ist, kann man
prüfen, dieses Informationsheft gemeinsam
mit der Straßenbahn herauszugeben.
Das gebaut werden muß, bezweifelt die
IGEB nicht. Jedoch werden die Fahrgäste
von der U-Bahn zu oft "im Regen" stehen
gelassen. Die IGEB wird dran bleiben.
Zugangssperren bei der U-Bahn:
Fehler anderer Metropolen muß man nicht nachmachen!
So notwendig die Sanierung der Baulichkeiten
der Berliner U-Bahn ist, so unsinnig
sind die Planungen zum Einbau von Zugangssperren
auf den Bahnhöfen. Sicherlich
sind Überlegungen zur Senkung der
Schwarzfahrerquote verständlich. Ob die
jetzt bekannt gewordenen Überlegungen
die Attraktivität der U-Bahn steigern, ist
zweifelhaft und wird vom Berliner Fahrgastverband
bestritten.
Neben für die Fahrgäste entstehenden
Unbequemlichkeiten, insbesondere für
solche mit Behinderungen, mit Kinderwagen,
Gepäck oder Fahrrad, ergeben
sich eine Vielzahl ungelöster Probleme. So
sollte der Brand eines S-Bahn-Wagens am
Bahnhof Yorckstraße Warnung genug
sein. Bei allen inzwischen vorhandenen
Sicherheitseinrichtungen wird es im Betrieb
Situationen geben, wo in kurzer Zeit
ein U-Bahnhof geräumt werden muß. Ob
das dann bei eingebauten Sperren möglich
sein wird, muß hoffentlich nie geprobt
werden.
Darüber hinaus liegt auch hier der
Teufel im Detail. Da die U-Bahnhöfe in
Berlin an vielen Stellen nur sehr kleine
Räumlichkeiten im Bereich der Zugangsbauwerke
haben, wird der Einbau sehr
schwierig und kostenintensiv. Oder werden
die Fahrgäste demnächst Vergitterungen
auf den Bahnsteigen bewundern
dürfen?
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Hui und pfui liegen bei der Berliner U-Bahn dicht beieinander. Foto: Marc Heller |
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Ein nächstes Problem stellt sich im Alltag.
Da wie bereits beschrieben an vielen
Stellen Zugangssperren nur sehr schwer
eingebaut werden können, wird die Zahl
der Sperren sehr begrenzt sein. Die Folge
werden „Staus von Fahrgästen" im Untergrund
sein. Ob man mit solchen Aussichten
Autofahrer zur BVG lockt, ist
ziemlich zweifelhaft.
Darüber hinaus ist es notwendig,
Sperren mit Personal zu besetzen. Da die
BVG unter enormen wirtschaftlichem
Druck steht, wird sie nicht ständig alle
Sperren mit Personal besetzen können.
Die Folge wird sein, daß die Zahl der Ausgänge
drastisch reduziert wird, viele nur
temporär offen sein werden und als
Schlußpunkt U-Bahnhöfe nur
noch in der Hauptverkehrszeit
geöffnet sein werden. Schöne
Aussichten!
Aber auch die wirtschaftlichen
Begründungen für den
Einbau von Zugangssperren
erscheinen doch sehr mäßig.
Nach eigenen Angaben verliert
die BVG pro Jahr 25
Millionen DM durch Schwarzfahrer.
Wie groß dabei der Anteil
der U-Bahn ist, ist nicht
bekannt. Die Baukosten für
die Zugangssperren betragen
bis 250 Millionen DM. Damit
sprengt die Amortisation
jeden vernünftigen Rahmen.
Abgesehen davon wird es, auch nach dem
Einbau der Zugangssperren, Schwarzfahrer
geben.
Vorschlag der IGEB: Mehr Personal auf die Bahnhöfe und in die Züge
Wenn es so ist, daß tatsächlich über 200
Millionen DM für die Bekämpfung des
Schwarzfahrens zur Verfügung stehen, so
muß die BVG einen anderen Weg einschlagen.
Ziel sollte sein, die Fahrgäste optimal
auf den Bahnhöfen und in den Zügen zu
betreuen (Erteilung von Auskünften, Verstärkung
des Sicherheitsgefühls). Die
dabei eingesetzten Kräfte können auch im
Kontrolldienst eingesetzt werden. Damit
erhöht sich auch der Kontrolldruck gegenüber
Schwarzfahrern. Es gibt also auch
andere Wege, um die Schwarzfahrerquote
zu senken. IGEB
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