Chat-Stop entstand in der Auseinandersetzung
um „Sicherheit" in der Stadt und gewann
beim Deutschen Studienpreis der
Körber-Stiftung einen 2. Preis.
„Sicherheit" ist in der gegenwärtigen
Diskussion um die Stadt ein wichtiges
Schlagwort geworden. Wie sicher ist die
Stadt? Wie sichert man Plätze, Unterführungen,
Parkhäuser, U-Bahnen? Englischen
Vorbildern folgend werden in Deutschland
mehr und mehr Videokameras zur
Überwachung solcher Orte eingesetzt, um
so mehr Sicherheit zu gewährleisten.
Dabei findet die Kontrolle durch eine
anonyme, unsichtbare Instanz statt, was
bei vielen Bürgern die Angst vor
umfassender Kontrolle und Überwachung
weckt - das Bild vom „gläsernen Mensch"
entsteht.
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Foto: Preisträger |
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Von diesem Konzept des anonymen,
zentralisierten, polizeistaarlichem Überwachungssystems
distanziert sich das
Projekt Chat-Stop. Chat-Stop setzt Videotechnik
nicht zur zentralen Überwachung,
sondern zur vernetzten Kommunikation
ein. So entsteht ein Kommunikationsnetz,
das eine Art „Selbstüberwachung" ausübt
und gleichzeitig durch die Kommunikation
mit anderen das subjektive Sicherheitsempfinden
erhöht, die Langeweile
beim Warten auf den Bus vertreibt und
auch Spaß macht. Während bei herkömmlicher
Videoüberwachung dem Gefilmten
das eigene Bild nicht zugänglich ist, wird
bei dem Konzept der Videokommunikation
die Technik transparent: das Bild ist
jedem zugänglich und wird für die Kommunikation
untereinander genutzt.
Die Bushaltestelle besteht aus drei
Elementen: einer Kamera, einem Screen
und einem blau leuchtenden Feld. Über
den Bildschirm fließen Bilder aller vernetzten
Bushaltestellen, der Wartende bekommt
einen Überblick, was wo passiert.
Per Trackball oder Touchscreen kann er
anderen Wartenden seine Kommunikationsbereitschaft
signalisieren - tritt der
andere Wartende an den Bildschirm heran
wird - in Großformat - eine direkte Bild/Ton-Verbindung
hergestellt und der Chat
kann beginnen. Gleichzeitig wird das
großformatige Bild von kleinen Bildern der
anderen Bushaltestellen umflossen, so daß
die Gesprächspartner die Funktion als Beobachter
ausüben können.
In der Bushaltestelle befindet sich auch
ein Notknopf, der direkt mit der Polizei
verbunden ist. Da er im Blickfeld der
Kamera liegt, ist er vor Mißbrauch geschützt.
Das blaue Leuchten der
Bushaltestelle signalisiert zweierlei: zum
einen strahlt das blau auf farbpsychologischer
Ebene Ruhe aus und zeigt
von weitem, daß hier ein „sicherer" Ort
ist. Zum anderen macht es dem
Wartenden deutlich, daß er in einer Videohaltestelle
ist (Blue-Screen) und macht so
die Teilnahme am Videokommunikationsnetz
zu einem freiwilligen, bewußten Akt.
Darüber hinaus kann der Screen in der
Bushaltestelle kann auch für Verkehrsleitsysteme,
Fahrgastinformationen und zielgruppengerechte
Werbung genutzt werden.
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Foto: Preisträger |
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Chat-Stop ist der Versuch, durch Einsatz
von interaktiver Videotechnik die Balance
zwischen dem Bedürfnis nach Sicherheit
und der Angst vor Kontrolle zu finden. An
Stelle von Sicherheit durch Überwachung
seitens einer unbekannten, zentralen
Instanz tritt die vernetzte Kommunikation
untereinander: Kommunikation statt
Kontrolle!
Wir - die Preisträger - sehen diese Arbeit
als einen Beitrag zur Diskussion über
Sicherheit in der Stadt und als einen
neuen Ansatz im Umgang mit Videotechnik
im öffentlichen Raum. Deutscher Studienpreis - Forschungswettbewerb der Körber-Stiftung
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