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Heute möchte ich Dich ein wenig trösten.
Wegen DAISY. Das heißt, eigentlich nicht
wegen DAISY, denn DAISY ist große Klasse.
Sondern wegen all der Miesmacher,
die an DAISY und Deiner Entscheidung für
das schöne neue System von Fahrtrichtungsanzeigern
herummäkeln.
Diese Kleingeister! Einfach vorher überlegen,
was man braucht und was es
bringt, überprüfen, ob es funktioniert und
mit den örtlichen Bedingungen harmoniert
und die Erfahrungen anderer Städte
auswerten - das kann ja jeder. Du aber,
liebe BVG, gibst Dich zu solch warmduscherisch
vorsichtigem Vorgehen erfahrungsgemäß
nicht her! Du ignorierst die
Provinz (also alle Orte außer Berlin)! Du
spielst immer auf volles Risiko! Du kaufst
erstmal und guckst dann, ob Du das Gekaufte
überhaupt gebrauchen kannst. Du
spielst mit offenen Karten - und besserst
unter den Augen Deiner Fahrgäste nach,
die ruhig mitbekommen sollen, wie Du
dich für sie ins Zeug legst. (Und irgendwo
muß das System ja ausprobiert werden!)
Wer hätte vermutet, daß orangefarbene
Buchstaben auf dunkelgrauem Grund
schlechter zu lesen sind als weiße? Oder
generell solche Lettern, die aus (zu)
wenigen Leuchtdioden zusammengesetzt
sind? Wer konnte ahnen, wie morsch viele
Berliner U-Bahnhofsdecken sind, bloß weil
es da neulich mal ein paar kleine Probleme
am Märkischen Museum, am Platz der
Luftbrücke oder vor Jahren schon mit den
Rabitzdecken in U-9-Teil der Station
Spichernstraße gegeben hatte? Und woher
solltest Du wissen, daß viele Berliner
U-Bahnhöfe ganz niedrig sind, viel
niedriger als in Hamburg, München oder
London? Klar, auf die ganz kleinen,
flachen DAISY-Anzeiger, die man dort nur
anbringen kann, paßt gerade „U 15 Warschauer
Straße in 5 min" („Minuten"
schreib man jetzt wohl nicht mehr groß?).
Aber schließlich hat DAISY den Fahrgästen
sowieso nicht sehr viel mehr zu sagen!
Wie spaßig die Ankündigung, bei Betriebsstörungen
könnte sie „aktuelle Hinweise
mit Alternativverbindungen anzeigen"
(„Tagesspiegel" vom 19. Februar) oder:
„Im Umsteigebahnhöfen sollen die Anzeiger
in Zukunft den Fahrgästen beim Aussteigen
schon die Richtung für ihren
nächsten Zug anzeigen." („Berliner Zeitung"
vom gleichen Tag) Noch nie haben
wir DAISY mit mehr als zwei Zeilen zu uns
sprechen sehen von ihren großen,
stumpfen Scheiben - pardon: „Displays" -,
die uns dann so wertvolle Informationen
vermitteln wie „U 2 Ruhleben in 3 min, U
2 Ruhleben in 8 min".
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Foto: BVG |
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Sicher, auf der neuesten Strecke der
Münchner U-Bahn gibt es Anzeiger, die
teilen noch ein wenig mehr mit, zum
Beispiel: „U 2 Feldmoching in 5 Min., U 2
Feldmoching in 15 Min., U 2 Feldmoching
in 25 Min." Außerdem erfährt man noch
die Länge des Zuges. Aber die ist in Berlin
ja auch mit DAISY leider nicht im voraus
zu bestimmen, ebenso wie Du, liebe BVG,
es schon vor langem aufgegeben hast, die
wichtigsten Umsteigebahnhöfe zu nennen
- auf den Fallblattanzeigern (die Du teilweise
vor wenigen Jahren gekauft hast)
blieb das Feld leer. Erstens, so die offizielle
Begründung, hätte man etwa bei der U 7
oft nicht alle Umsteigestationen nennen
können. Und zweitens, so möchte ich hinzufügen,
förderst Du damit die Kommunikation!
Statt unpersönlicher Information
via Anzeiger, wie bei der doofen S-Bahn,
die auch meint, daß Westkreuz oder Friedrichstraße
ein wenig wichtigere Kreuzungsbahnhöfe
wären als Innsbrucker
Platz oder Hohen Neuendorf, kommen
nun Menschen miteinander ins Gespräch,
wenn tagtäglich Dutzende Male die Frage
gestellt wird: „Fährt dieser Zug zum Zoo?"
Oder: „Geht's hier zum Alex?"
Da kann man darauf verzichten, daß die
Kenn farbe der Linie fehlt, weil DAISY nur
orange leuchtet, kann damit leben, daß
die Buchstaben kleiner und generell
schlechter lesbarer sind als die auf den bisherigen
Anzeigern. Schließlich sind auch
die Uhren oft winziger als jene, die Du nun
demontiert hast.
Da demnächst mehr als zweihundert
Millionen für ganz dringend benötigte Zugangssperren
nötig sind, dürfte es allerdings
nicht mehr ganz reichen, die Decken
vollständig neu zu streichen, so daß die
geflickten Stellen ein klitzekleines bißchen
unschön ins Auge fallen könnten. Aber
das machst Du, liebe BVG, locker wett: Mit
den Einheitsdrahtstühlen, den Einheitspapierkörben,
den Einheitshandläufen,
Einheitskiosken, Einheitsnatursteinfußböden
und nun eben auch Einheitsfahrtrichtungsanzeigern.
Und was soll diese geizhälsige Vorrechnerei,
die DAISY auch deshalb überflüssig
findet, weil Du jetzt ja doch wieder
Personal auf den Bahnhöfen stationieren
willst, nachdem sich die Fahrgäste auf
völlig unvorhersehbarerweise unsicher
fühlen und die Vandalismusschäden steigen?
Jaja, da hätte es nun auch nicht die
Spiegel gebraucht oder die Umrüstung
der Türöffner, und die Anzeiger hätte
auch weiter das Personal umstellen
können, wenn wirklich mal ein Zug nicht
von A nach B fährt, sondern nach C.
Aber dafür ist DAISY „dynamisch". Und
blinkt so schön, wenn der Zug kommt
(und DAISY mal richtig funktioniert). Das
ist schon ein paar Milliönchen wert, findet
Dein Jan Gympel Jan Gympel
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