Es werden Sonderfahrpläne erarbeitet, über
die die Reisenden ungenügend informiert
werden. Wenn Schienenersatzverkehr (SEV)
gefahren wird, dann werden häufig zu
reichliche Fahrzeiten vorgesehen. Damit
kommt es zu unnötigen Anschlußverlusten
und zur zu frühen Abfahrt an den Unterwegshaltestellen.
Am Beispiel des zur Zeit
bestehenden SEV zwischen Potsdam Hauptbahnhof
und Potsdam Pirschheide läßt sich
das verdeutlichen.
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Schienenersatzverkehr in Potsdam mit erheblichen Mängeln. Foto: Frank Böhnke |
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Die Sperrung ist seit dem 4. September
2000 in Kraft und soll bis zum 31. Dezember
2000 andauern. Dennoch bringt es die
DB AG nicht fertig, auf den betroffenen
Bahnhöfen aktualisierte Ankunfts- und Abfahrtstafeln
anzubringen. Die Sonderaushänge
mit „Max, dem Maulwurf" können
ortsfremde Reisende kaum zuordnen. In
den Sonderaushängen werden groß und
deutlich die Liniennummern dargestellt, sie
fehlen jedoch in den - nicht - geänderten
Abfahrts- und Ankunftstafeln. Dagegen
sind die Zugnummern in den Sonderaushängen
nur teilweise vorhanden. Genaue
Orts-, Strecken- und Linienkenntnis ist also
unbedingt Voraussetzung für dieses Puzzle.
Auf der großen Anzeigetafel auf dem
Potsdamer Hauptbahnhof werden die im
SEV gefahrenen Züge der Regionalbahn-Linie
22 einfach weggelassen. Zwar wird in
letzter Zeit in einer gesonderten Zeile auf
den Ersatzverkehr, die früheren Abfahrtszeiten
und die Abfahrt vom Bussteig 8 hingewiesen.
Total daneben ist aber, daß am Zugang
zum Bahnsteig die Züge der RB 22 mit
der Abfahrtszeit laut Kursbuch angezeigt
werden und nur mit dem Hinweis „Schienenersatzverkehr"
versehen sind.
Der Datenbestand der elektronischen
Auskunftsmedien wurde teilweise viel zu
spät berichtigt. Es dauerte einen halben
Monat, bis die Fernverkehrsautomaten endlich
auf den geänderten Datenbestand zugreifen
konnten. Dabei wäre das besonders
wichtig, denn die Automaten verkaufen nur
Fahrkarten für die unterlegte Reiseverbindung.
Bei einer stichprobenhaften Mitfahrt in
den Bussen zeigt sich, daß sowohl die vorgesehenen
Fahrzeiten als auch die Umsteigezeiten
auf dem Bahnhof Potsdam-Pirschheide
meistens nicht gebraucht wurden. Zu
frühe Abfahrten ab Potsdam-Charlottenhof
um bis 4 1/2 Minuten waren die Folge. Stadtauswärts
mußte der Bus eine Umleitung
fahren und kam daher am Bahnhof Park
Sanssouci vorbei; ein Halt war dort nicht
vorgesehen. Das wäre aber angebracht gewesen,
um die Anschlüsse aus Richtung
Magdeburg - Genthin aufrecht zu erhalten.
Dazu hätten auch die betreffenden Züge der
Linie RE 1 einen zusätzlichen Halt bekommen
müssen, und zwar während der Umleitung
des Schienenersatzverkehrs in Potsdam
Park Sanssouci, sonst in Potsdam-Charlottenhof.
Man muß bei der Erstellung der Fahrpläne
für den Ersatzverkehr unbedingt unterscheiden
zwischen der unter normalen Verkehrsverhältnissen
benötigten Fahrzeit und
einem „Stauzuschlag". Der „Stauzuschlag"
darf keinesfalls - wie geschehen - auf die
gesamte Fahrt gleichmäßig aufgeteilt werden.
Vielmehr muß dieser zwischen die vorletzte
und letzte Haltestelle eingeordnet
werden. Anderenfalls kommt es zwangsläufig
zur frühen Abfahrt an den Unterwegshaltestellen
oder zum „Abbummeln" der
Fahrzeit am Anfang der Fahrt während zum
Schluß - wenn tatsächlich Verkehrsbehinderungen
eintreten - die Fahrzeit nicht gehalten
werden kann.
Zur Information der Reisenden sollte
grundsätzlich folgendes beachtet werden:
Der Normalfall wäre, daß die Bautermine
vor d em Fahrplanwechsel feststehen und
daß der Baufahrplan bereits im Kursbuch
veröffentlicht ist. Im genannten Beispiel ist
im Kursbuch zwar ein Hinweis auf den Baumaßnahmen
zu finden, nicht aber der entsprechende
Fahrplan und nicht einmal ein
Hinweis auf die früheren Abfahrtszeiten.
Häufig tritt der Fall ein, daß im Kursbuch
dieselbe Baumaßnahme bei Fernzügen berücksichtigt
ist, bei den Zügen des Nahverkehrs
nicht. Wenn auch der Datenbestand
der elektronischen Auskunftsmedien nicht
oder zu spät berichtigt wird, dann tritt die
groteske Situation ein, daß die Reisenden
wegen der angeblich kürzeren Fahrzeiten
der Nahverkehrszüge auf diese verwiesen
werden (und an den Fernverkehrsautomaten
überhaupt keine Fahrausweise für die
Züge des Fernverkehrs erhalten). Hier drängt
sich die Frage auf, ob im Nahverkehr die
Reisendeninformation weniger wichtig ist.
Ist es im Einzelfall nicht möglich, bereits
zum Fahrplanwechsel den geänderten Fahrplan
zu veröffentlichen, müssen die Änderungen
so gering wie möglich sein:
- Die Umsteigezeiten (insbesondere beim
Umsteigen vom Zug zum Bus) müssen
knapp bemessen sein. Das Bahnpersonal
hat darauf zu achten, daß alle Umsteiger
den Bus erreichen. Bevor nicht alle
Umsteiger den Bus erreicht haben, darf
nicht abgefahren werden.
- Die Fahrzeiten des Ersatzverkehrs sind
denen des Zuges so weit wie möglich
anzunähern. „Stauzuschläge" sind, soweit
notwendig, auf das Ende der Fahrt
zu verlegen.
- Der letzte Zug am Tag sollte niemals früher
abfahren. Hier ist es sinnvoller, Verspätungen
in Kauf zu nehmen. Am
Abend ist es auch meistens möglich, Anschlüsse
abzuwarten.
Deutscher Bahnkunden-Verband,
Bundesverband
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