Brandenburg

Stärkung des Schienenverkehrs im Havelland?

Bundesregierung und Berlin-Hamburger Bahn

Der Bund hat jetzt die Finanzierungsvereinbarung mit der Deutschen Bahn AG (DB AG) zum Hochgeschwindigkeitsausbau der Eisenbahnstrecke Hamburg-Berlin über insgesamt 638,7 Millionen Euro unterzeichnet. Entlang der Strecke wurde im Hamburger Raum auch der S-Bahn-Verkehr verbessert. Vergessen wurde dagegen die Berliner S-Bahn.

Vorgesehen ist ein weitgehender Ausbau der Strecke für eine Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h. Die DB AG strebt einen Abschluss der bereits begonnenen Bauarbeiten im wesentlichen bis Ende 2004 an. Die Fahrzeit für durchgehende ICE-Züge zwischen Hamburg Hbf und Berlin Zoo wird sich dadurch gegenüber der bisherigen Fahrzeit um rund eine halbe Stunde auf weniger als 100 Minuten verkürzen. Bundesregierung und DB AG waren übereingekommen, die Eisenbahnstrecke für Höchstgeschwindigkeiten bis zu 230 km/h auszubauen. Damit wird erstmals in Deutschland auf einer bereits bestehenden Eisenbahnstrecke schneller als Tempo 200 gefahren werden. Im Vorfeld waren hierfür zahlreiche Untersuchungen und technische Versuche erforderlich, die alle erfolgreich abgeschlossen werden konnten.

S-Bahnhof
Regionalzüge können auf Dauer kein Ersatz für eine attraktive S-Bahn-Anbindung des Havellandes sein! Foto: Manfred-Kurt Vormelker, Bahnhof Stresow

Zur Verbesserung des Hamburger S-Bahn-Verkehrs zwischen dem Zentrum und Aumühle wurde die Strecke in diesem Bereich auf bis zu vier Gleise erweitert. Seit dem 26. Mai 2002 verkehrt die S-Bahn auf eigenen Gleisen getrennt vom Fernverkehr. Anders bei der Berliner S-Bahn, deren Verlängerung vom Bahnhof Spandau über Staaken nach Falkensee gefordert wird. Die Länder Berlin und Brandenburg, die Stadt Falkensee, die Spandauer Parteien sowie die Deutsche Bahn sprechen sich für den Bau der S-Bahn-Gleise aus. Nur das Bundesverkehrsministerium weigert, hier die Infrastruktur auszubauen, obwohl die Finanzierung des Wiederaufbaues der S-Bahn-Strecken vom 12. August 1961 zugesagt wurde. Dabei lassen sich mit der S-Bahn die Fahrgastzahlen in dieser Bahnachse bis auf das Dreifache erhöhen. Das bestätigen Untersuchungen des Bundesverkehrsministeriums, die im Zusammenhang mit dem ICE-Ausbau entstanden. Wegen ihrer herausragenden verkehrspolitischen Bedeutung fegt die S-Bahn-Verlängerung alle anderen diskutierten Lösungen vom Tisch.

Der Bahnkunden-Verband Havelland kritisiert die Position des Bundes, der an der auch im Vergleich zu anderen Berliner Randbereichen schlechten Anbindung der Spandauer Wohngebiete und Falkensees festhalten möchte. Bei der Nullvariante des Bundes - nur mit Regionalbahnen auf den vorhandenen Gleisen - lässt sich zukunftssicher kein attraktiver Taktverkehr aufbauen. Zudem fehlen die dringend benötigten zusätzlichen Stationen zur Erschließung des Spandauer Westens. Für diese unattraktive Bahn interessieren sich in Staaken schon heute nur wenige. Denn kaum ein Berliner wartet auf einen nur halbstündlich oder stündlich verkehrenden Regionalzug, während die BVG sich in dichten Bustakten abmüht, den Berufsverkehr zu befördern. Die Bewertung der Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durch das Bundesverkehrsministerium, gar nichts zu machen, geht an den Zielen jeder Verkehrs- und Infrastrukturpolitik vorbei.

Die vom Bund zur Zeit favorisierte Nullvariante ohne Streckenausbau werde im Grundsatz schon am 15. Dezember 2002 realisiert, wenn die Regionalbahn-Linie RB 10 alle 30 Minuten zwischen Nauen und Berlin-Charlottenburg verkehrt. Diese Lösung wurde auch vom DBV gefordert, allerdings als kurzfristige Reaktion, um den chaotischen Verkehrsverhältnissen Herr zu werden. Zwar könnte man theoretisch die RB 10 später einmal auch von Spandau Richtung Lehrter Bahnhof führen, aber zusätzliche parallele Betriebsausgaben zur heute schon vorhandene S-Bahn-Verbindung in Berlin sind langfristig fragwürdig. Unabhängig davon: eine dichtere Zugfolge in das Havelland ist gar nicht möglich. Im Gegenteil: mit Eröffnung der Hamburger Bahn als ICE-Hochgeschwindigkeitsstrecke wird die Zugfolge der RB 10 nicht mehr halbstündlich vertaktet sein. Zum Ausbau der S-Bahn für den 10-Minuten-Takt nach Staaken und weiter im 20-Minuten-Takt nach Falkensee gibt es deshalb keine Alternative. Vom neuen Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe wird eine Entscheidung für den S-Bahn-Ausbau erwartet.

DBV Havelland

aus SIGNAL 5/2002 (November 2002), Seite 30

 

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