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Seit dem 24. Februar 2003 fahren auf der
wichtigen Strecke Berlin-Charlottenburg
- Berlin Zoologischer Garten keine
S-Bahn-Züge, weil dieser Abschnitt
grundlegend erneuert wird. Eigentlich
sollte die Streckensperrung
am 14. Dezember 2003 zu Ende sein. Nun
dauert sie bis mindestens 18. April
2004. Der Tragödie in mehreren Akten
wurde damit ein weiterer Akt hinzugefügt.
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Es kommt noch schlimmer! Am 6. Januar 2004 wird als Folge der Bauarbeiten der Zugang durch das Empfangsgebäude des Bahnhofs Charlottenburg vorübergehend geschlossen. Das Umsteigen zur U 7 ist damit praktisch nicht mehr möglich. Foto: Frank Böhnke |
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Bereits die Planung für den Umbau des
S-Bahnhofs Charlottenburg umfasste mehrere
Akte, die Berlins Verkehrsstaatssekretärin
Maria Krautzberger mit den Worten kommentierte:
„So etwas möchte ich nie wieder erleben."
Als sie das sagte, wusste sie noch nicht,
das die Tragödie noch längst nicht beendet ist.
Im Gegenteil. Eine Chronik der ersten Akte
sparen wir uns. Erinnert sei lediglich, dass die
unterschiedlichen, zum Teil einander entgegengesetzten
Interessen zu erheblichen Verzögerungen
des Planfeststellungsverfahrens
führten. Die wichtigsten Akteure waren neben
der Bahn der Berliner Senat, das Bezirksamt
Charlottenburg-Wilmersdorf, die Parteienvertreter
in beiden Parlamenten und viele Interessengruppen
bzw. Verbände, darunter die
von Anwohnern gebildete Bürgerinitiative
Stuttgarter Platz und natürlich der Berliner
Fahrgastverband IGEB.
Als nach jahrelangen Auseinandersetzungen
das Eisenbahnbundesamt im Dezember
2002 den Planfeststellungsbeschluss fasste,
konnten die Bauarbeiten zwischen Zoo und
Charlottenburg dennoch nicht, wie ursprünglich
geplant, am 6. Januar 2003 beginnen, da
die Erneuerung der Wannseebahn zwischen
Zehlendorf und Wannsee zwei Monate länger
dauerte als geplant und Wannsee wegen der
Betriebswerkstatt immer erreichbar sein muss,
entweder über die Wannseebahn oder über
die Stadtbahn bzw. Wetzlarer Bahn. Deshalb
musste die Unterbrechung auf der Stadtbahn
auf den 24. Februar 2003 verschoben werden.
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Endstation Charlottenburg für die RB 10 aus Nauen. Ab 14. Dezember 2003 werden noch weniger Züge als bisher zum Bahnhof Friedrichstraße durchgebunden. Foto: Frank Böhnke |
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Unmittelbar nach der Sperrung wurden
dann die Baustellen für die Erneuerung des
Streckenabschnitts Zoologischer Garten -
Charlottenburg ebenso wie für die Verlegung
des S-Bahnhofs Charlottenburg eingerichtet.
Doch begonnen wurde nur mit den Streckenarbeiten,
nicht mit den Arbeiten in Charlottenburg.
Da sich Bahn und Senat nicht auf die
landschaftspflegerischen Begleitmaßnahmen
hatten einigen können, hatte das Eisenbahnbundesamt
in seinen Planfeststellungsbeschluss
diesbezüglich bereits Auflagen zur
„Nachbesserung" geschrieben. Auslöser war,
dass der Bezirk die Pläne für ein Hochhaus
und Läden auf den bisherigen Parkplatzflächen
des Stuttgarter Platzes storniert hatte
und der Senat die Bahn zwang, die bisher an
anderer Stelle geplanten naturschutzrechtlichen
Ausgleichsmaßnahmen durch Anlage eines
grünen Stuttgarter Platzes hier zu realisieren.
Und da die Platzflächen der Bahn gehörten,
wollte der Senat ihr den grünen Platz nur
zum Grünlandpreis abkaufen. Aber die wegen
der geplatzten Baulandträume ohnehin
enttäuschte Bahn wehrte sich gegen diese
Wertminderung.
Um nun die Bahn in die Knie zu zwingen,
entschied Verkehrssenator Peter Strieder, dass
die 5 Mio Euro für die vom Land Berlin bestellte
Verlagerung des S-Bahnhofs Charlottenburg
erst dann an die Bahn überwiesen werden,
wenn diese beim Grundstückspreis für den
grünen Stuttgarter Platz nachgegeben hat. Im
Gegenzug entschied die Bahn, mit den Bauarbeiten
am S-Bahnhof Charlottenburg erst zu
beginnen, wenn das Berliner Geld überwiesen
ist - und sie baute die Baustelleneinrichtungen
am S-Bahnhof wieder ab.
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Bisher konnten die baugeschädigten Fahrgäste in Charlottenburg auch auf den halbstündlichen verkehrenden RE 1 ausweichen. Das ist ab 14. Dezember 2003 vorbei. Foto: Frank Böhnke |
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Als sich die Streithähne dann im Juni 2003
endlich einigten, war längst klar, dass die zum
14. Dezember 2003 geplante Wiederaufnahme
des S-Bahn-Verkehrs wegen der Verzögerungen
am S-Bahnhof Charlottenburg keinesfalls
mehr zu schaffen ist. Dennoch wurden
die Weichen bei der Bahn auf Fortsetzung des
Konfliktkurses gestellt. Es wurde festgelegt,
dass die SEV-Funktion des Regionalverkehrs,
die ein attraktives Umfahren der Baustelle
auf Schienen ermöglicht, zum 14. Dezember
beendet wird. Wie folgenreich diese Entscheidung
für die Fahrgäste war bzw. ist, zeigt der
Blick auf das seit 24. Februar angebotene, gut
durchdachte SEV-Konzept:
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Die Züge der stark frequentierten Regionalexpress-Linien
1 und 3 halten zusätzlich
in Charlottenburg und bieten damit
eine schnelle und attraktive Überbrückung
des gesperrten S-Bahn-Abschnitts.
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Die in Charlottenburg endenden Züge der
aus dem dicht besiedelten Osthavelland
kommenden RegionalBahn-Linie 10 haben
in Charlottenburg Anschluss zum
RE 1, außerdem fahren im Berufsverkehr
mehrere der RB 10-Züge weiter über Zoo
bis Friedrichstraße.
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Die Regionalexpress-Linie 6 von Neuruppin
endet nicht in Charlottenburg, sondern
in Jungfernheide, wo attraktive Anschlüsse
zum S-Bahn-Ring und zur
U-Bahn-Linie 7 geboten werden.
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Wem das alles nicht hilft, der kann den
Abschnitt Charlottenburg - Zoologischer
Garten mit Bussen überbrücken. Diese
fahren in dichter Folge, brauchen aber
natürlich mehr Zeit als der Schienenverkehr.
Dennoch entschied die Bahn, mit Ausnahme
der Busse alle SEV-Angebote zum 14. Dezember
trotzt der seit August 2003 endgültig feststehenden
Verlängerung der S-Bahn-Streckensperrung
zu streichen. Dass darunter nicht der
Berliner Senat oder Senator Strieder zu leiden
haben, sondern ausschließlich die Kunden der
Bahn, schien die Verantwortlichen nicht zu
interessieren. Seither sitzt die Bahn zusammen
mit dem Berliner Senat auf der Anklagebank
wegen Vernachlässigung der Fahrgastinteressen
in einem besonders schweren Fall.
Der Fairness halber muss erwähnt werden,
dass der Berliner Fahrgastverband IGEB mit
seiner Forderung nach uneingeschränkter
Weiterführung des vollständigen SEV-Angebotes
an vielen Stellen offene Türen eingerannt
hat. Allen voran sei die S-Bahn Berlin
GmbH genannt, aber auch Mitarbeiter der
Senatsverkehrsverwaltung, des VBB und der
DB AG haben sich für eine fahrgastfreundliche
Lösung engagiert. Leider (fast) vergeblich.
Inzwischen gab es zumindest ein kleines
Erfolgserlebnis. Voraussetzung dafür war die
Einigung zwischen Bahnchef Hartmut Mehdorn
und Berlins Regierendem Bürgermeister
Klaus Wowereit, die sich am 2. Dezember
2003 auf die Grundzüge eines neuen Verkehrsvertrages
für die Berliner S-Bahn einigten,
die seit zwei (!) Jahren ohne Vertrag mit
dem Besteller ihrer Leistungen, dem Land Berlin,
fährt und die seit Juni 2003 auf monatlich
5,5 Millionen von 18,9 Millionen Euro verzichten
musste, weil der Finanzsenator die Überweisungen
überfallartig und einseitig kürzte.
Kein Wunder also, dass die Bahn auf den
Berliner Senat „stinksauer" war und sich zurecht
wiederholt fragte, warum die Berliner
Politik die Bahn, immerhin einer der größten
Investoren und Arbeitgeber der Stadt, dermaßen
unverschämt behandelt. Vergessen darf
man in diesem Zusammenhang auch nicht,
dass der Bahn durch den Verzug der Bauarbeiten
am S-Bahnhof Charlottenburg erhebliche
Mehrkosten entstanden sind bzw. noch entstehen,
die nach Bahnangaben höher sind als
der Betrag, um den beim Grundstückskauf
gestritten wurde, und deren Begleichung
noch nicht geklärt ist.
Worin besteht nun das oben genannte kleine
Erfolgserlebnis? Alle RE3-Züge werden bis
Zur Wiederaufnahme des S-Bahn-Betriebes
weiterhin in Charlottenburg halten. Damit ist
von und zu den Zügen der RB 10 im Wechsel
ein Anschluss RB 10/RE 3 in Charlottenburg
und RB 10/RE 2 in Spandau gegeben. Außerdem
fahren morgens und nachmittags im Berufsverkehr
jeweils drei RB 10-Züge weiterhin
bis Berlin Friedrichstraße.
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S-Bahn-Ersatzverkehr per Bus zwischen Charlottenburg und Zoologischer Garten. Trotz häufiger Fahrten ist das nur die zweitbeste Lösung, zumal die Fahrzeit sich ab 6. Januar 2004 verlängern wird, wenn die Busse zum Bahnhofseingang an der Gervinusstraße fahren müssen. Foto: Frank Böhnke |
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Dieses Ergebnis ist erfreulich, aber keineswegs
befriedigend. Selbst wenn man notgedrungen
anerkennt, dass die Fahrplanlage des
RE 1 weitere Halte in Charlottenburg derzeit
schwierig macht, bleibt Nachbesserungsbedarf
bei der RB 10 und beim RE 6. Vor allem
am frühen Abend müssen weitere
RB 10-Züge über Charlottenburg hinaus fahren.
Und die RE 6 muss weiterhin in Jungfernheide
statt in Charlottenburg enden.
Bestärkt in dieser Forderung sieht sich der
Berliner Fahrgastverband IGEB durch die zum
6. Januar 2004 wegen der Bauarbeiten erfolgende
vorübergehende Schließung des Ausgangs
von den Regionalverkehrs- und S-Bahnsteigen
zum Empfangsgebäude Charlottenburg
am Stuttgarter Platz. Zwar werden die
SEV-Busse dann auf die Südseite des Bahnhofs
zum Eingang an der Gervinusstraße geführt,
aber die Umsteigemöglichkeit zur U 7
geht praktisch verloren bzw. wird äußerst unattraktiv.
Ein weiterer Akt in dieser Tragödie steht
uns also noch bevor und es muss befürchtet
werden, dass es noch nicht der letzte ist. Selten
wurden die Fahrgastbelange derartig mit
Füßen getreten wie am Bahnhof Charlottenburg.
In dieser Situation muss man kein Berufszyniker
sein, um es als konsequent anzusehen,
dass Bahn und Senat für diese außergewöhnliche
Tragödie ab 1. April 2004 deutlich
höhere Eintrittspreise verlangen werden.
Überlange Aufführungen haben eben ihren
Preis.
IGEB
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