Dem Landkreis Potsdam-Mittelmark wird zur
Zeit gern die Schuld an der Einstellung des
Schienenverkehrs von Brandenburg nach Belzig
gegeben. Durch den unveränderten Weiterbetrieb
der teilweise parallel zur Bahn fahrenden
Buslinien 580 (Belzig - Golzow -Lehnin
- Werder - Potsdam) und 581 (Belzig -
Golzow - Brandenburg) durch den kreiseigenen
Busbetrieb sei die Bahn zu schlecht ausgelastet
und ihr Weiterbetrieb wirtschaftlich
nicht vertretbar.
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Seit Mitte Dezember 2003 fährt kein Zug mehr von Brandenburg nach Belzig. Foto: Florian Müller |
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„Die Prüfung der äußerst leistungsschwachen
Strecken Belzig - Brandenburg und
Rathenow - Neustadt/Dosse ergab, dass eine
Einstellung des SPNV (Schienenpersonennahverkehrs)
zeitnah vorgenommen werden
muss. Hier kann der vorhandene Mobilitätsbedarf
weitaus kostengünstiger durch den Busverkehr
bzw. alternative Verkehrsmodelle abgesichert
werden." - so die von Dr. Karlheinz
Beilner (Referatsleiter für Eisenbahnen, Binnenschifffahrt
und Wasserstraßen im MSWV)
in einem Vortrag am 11. September 2003 in
Frankfurt/Oder gegebene Begründung für die
beiden Streckeneinstellungen.
Im brandenburgischen Landtagsausschuss
für Kreisentwicklung, Planung, Umwelt und
Verkehr setzte Verkehrsamtsleiter Lutz Lorenz
noch eins drauf: „Die Buslinie fährt profitabel
und erreicht die Haushalte besser.", wird er in
der Märkischen Allgemeinen Zeitung (Datum
nicht zu ermitteln) zitiert.
Ein Rückblick ins Jahr 1997: Die
Deutsche Bahn AG gewinnt eine
Ausschreibung
Die Eisenbahn-Linie von Brandenburg nach
Belzig gehörte zu den ersten Strecken im
Land Brandenburg, deren Betrieb durch eine
Ausschreibung vergeben wurde. Sie wurde
von der DB Regio Berlin/Brandenburg gewonnen.
Regio wollte die Strecke unter anderem
im Tourismus bewerben und mit modernen
Triebwagen bedienen. Nachdem dieses Unternehmen
die Ausschreibung mit einem guten
Konzept gewonnen hatte, war dessen Zweck
(mögliche Konkurrenz niederzuhalten?) anscheinend
erfüllt. Jedenfalls war nach dem
DB-Erfolg in der Ausschreibung nie mehr etwas
über Tourismusförderung zu hören oder
zu sehen, und auch moderne Triebwagen
konnten hier erst viele Jahre nach dem Erfolg
in der Ausschreibung beobachtet werden.
1. Dezember 2000: Die Deutsche
Bahn beendet den Schienenverkehr
Das Desinteresse des DB-Konzerns gipfelte in
der Einstellung des Schienenverkehrs auf dieser
Strecke zum 1. Dezember 2000 mit der
Begründung, ein sicherer Personenverkehr sei
ab diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich.
Merkwürdige Logik: Wenn eine Messfahrt von
DB Netz im Oktober 2000 angeblich ergeben
hat, dass ein sicherer Personenverkehr nicht
mehr möglich sei, dann hätte der Betrieb im
Interesse der Sicherheit der Fahrgäste doch
wohl sofort eingestellt werden müssen und
nicht erst zum 1. Dezember 2000?
Wie dem auch sei - dem Land als
Besteller des Schienenverkehrs
wurde empfohlen, die Strecke
abzubestellen
Doch das Land ließ sich damals (noch) nicht
darauf ein und schaltete das Eisenbahn-Bundesamt
ein. Der DB-Konzern wurde gegen seinen
Willen gezwungen, die Strecke wieder
herzurichten und den Eisenbahnbetrieb auf
der RB 52 zum Fahrplanwechsel am 10. Juni
2001 wieder aufzunehmen. Jetzt, am Ende
des Jahres 2003, scheint der DB-Konzern sein
Ziel doch erreicht zu haben. Er hat sich erfolgreich
um den Betrieb einer Bahnlinie beworben
- mit dem Ziel, den Bahnbetrieb auf dieser
Strecke zu beseitigen.
Potsdam-Mittelmark:
Ein unbeweglicher Landkreis?
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Ursache und Wirkung? Die Stadt Belzig wirbt mit ihrer Lage im Naturpark Hoher Fläming (... für Wanderer und Radwanderer ... ein wahres Paradies.) Die Bahnstrecke von Brandenburg (Havel) nach Belzig fehlt in der Karte, während die hier zur Brandenburgerischen Städtebahn parallel verlaufende Bundesstraße 102 selbstverständlich enthalten ist. Ob der B 102 demnächst auch die Abbestellung durch das MSWV wegen zu hohem Defizits droht? Ach nein, dieses Regeln gelten hierzulande ja nur für die Eisenbahn, während es bei Straßen keine Rolle spielt, ob sie sich rechnen oder nicht. Ein Schelm, wer hinter dieser Verkehrspolitik Absicht vermutet. |
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Der Landkreis Potsdam-Mittelmark hat bis
heute kein integriertes Bahn-Bus-Konzept vorgelegt,
um die Bestellung der Bahn zu sichern,
ohne das eigene Busunternehmen dabei zu
benachteiligen. Warum nur ist man(n) nicht
nur in diesem Landkreis anscheinend völlig
unbeweglich, wenn es um die Entwicklung
einer sinnvollen Aufgabenaufteilung zwischen
Bahn und Bus geht?
Ist es denn nicht vernünftig, einen Bus, der
in gleicher Zeitlage wie ein Zug fährt, entweder
„zwischen" zwei Zügen anzubieten oder
zum Beispiel für ein besseres Busangebot
zwischen Golzow, Lehnin, Werder und Potsdam
zu nutzen? Wäre nicht auch ein besseres
Busangebot von Golzow über Cammer nach
Brück (Mark) vorstellbar?
Kommt der Aufbau von Anrufverkehren
im Anschluss zur Bahn denn
wirklich nirgends in Frage?
In der Schweiz werden Bahnlinien in der Regel
stündlich bedient, und Ortschaften ohne
Bahnhof häufig durch stündlich fahrende
Postautos erschlossen. Wer macht hier eigentlich
etwas falsch? Die Schweizer vielleicht?
Das Land Brandenburg: Ein
Erfüllungsgehilfe des DB-Konzerns?
Für die Verbesserung des Bahnbetriebs liegen
inzwischen genügend Konzepte vor - nur die
Verantwortlichen in Politik und Verwaltung
scheinen sich (mit wenigen Ausnahmen) nicht
mehr für sie zu interessieren - geschweige
denn, sich mit ihrer Umsetzung zu beschäftigen.
Selbstverständlich kann der vorhandene
Mobilitätsbedarf unter den jetzigen Bedingungen
mit dem Bus kostengünstiger abgewickelt
(Entschuldigung, abgesichert) werden,
wie Herr Dr. Beilner vom MSWV behauptet.
Auf der Strecke von Neustadt (Dosse) nach
Rathenow sind zur Zeit drei Zugangsstellen
mit Personal besetzt. Natürlich nicht, um Weichen
für Zugkreuzungen im Personenverkehr
zu stellen (die wurden längst abgeklemmt
bzw. „rückgebaut"; außerdem pendelt ohnehin
nur ein Schienenbus auf diesem Abschnitt
der Städtebahn), sondern für die Bedienung
von Schranken, deren Kosten „natürlich" von
der Bahn bzw. dem Besteller der Eisenbahnleistungen
zu bezahlen sind.
Während die Bahn ihre Fahrwegkosten selbst
erwirtschaften soll, wird er für den Bus
kostenlos gestellt. Unter diesen - von Menschen
geschaffenen und daher veränderbaren
- Rahmenbedingungen wird der Bus in der
Fläche immer kostengünstiger als eine Bahn
zu betreiben sein.
Runder Tisch am 3. Dezember 2003
Der Kreistag Potsdam-Mittelmark hat am
25. September 2003 die Einrichtung eines
„Runden Tisches" über die Zukunft der Schiene
zwischen Brandenburg und Belzig beschlossen,
der erstmals am 3. Dezember 2003
tagen soll. „Auch nach einer Einstellung des
Verkehrs im Dezember werden wir weiter um
die Städtebahn kämpfen!" - schließt eine Information
von Kai-Uwe Schwinzert für die IG
Brandenburgische Städtebahn. Wir wünschen
dieser Initiative den dafür nötigen langen
Atem - und Glück.
Die Interessengemeinschaft Städtebahn
hat übrigens seit einigen
Tagen eine Internet-Adresse.
www.ig-staedtebahn.de .
DBV Brandenburg
IGEB S-Bahn und Regionalverkehr
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