Bei der Neubaustrecke (NBS) zwischen Frankfurt-Sportfeld
und Mannheim ist die Diskussion
um die günstigsten Trassenvarianten im
Rahmen des laufenden Raumordnungsverfahrens
in vollem Gang. Obwohl zwischen Frankfurt
und Mannheim zwei zweigleisige elektrifizierte
Hauptstrecken zur Verfügung stehen,
gilt die Neubaustrecke als wichtiger Lückenschluss
zwischen den vorhandenen Schnellfahrstrecken
Köln - Rhein-Main und Mannheim
- Stuttgart. Weitere Anschlussstrecken
sind die Ausbaustrecke Mannheim - Karlsruhe
- Basel und die projektierte kombinierte
Neu- und Ausbaustrecke Frankfurt - Fulda.
Ferner kommt dem Lückenschluss internationale
Bedeutung für den Schweiz- und
Frankreichverkehr bei. Die vorhandenen
Strecken zwischen Frankfurt und Mannheim
sind an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt, der
zunehmende Fernverkehr stört den verbliebenen
Regionalverkehr erheblich. Die DB strebt
einen Abschluss des Raumordnungsverfahrens
im Jahr 2004 an.
Die Deutsche Bahn AG favorisiert eine
schnelle Direktverbindung entlang der Autobahnen
A 5 und A 67 mit Vorbeifahrt an den
Hauptbahnhöfen von Darmstadt und Mannheim.
Auf besonderen Widerstand stößt die
Vorbeifahrt an Mannheim, dem Verknüpfungspunkt
unter anderem zur geplanten internationalen
Schnellfahrstrecke Richtung Saarbrücken
und Paris sowie Kern der Rhein-Neckar-Region.
Lediglich über Verbindungsstrecken
soll die Führung einzelner Züge in den Hauptbahnhof
der 325.000 Einwohner zählenden
Stadt möglich sein.
Indes ist auch um die Einbindung bzw.
Nichteinbindung Darmstadts ein heftiger
Streit entbrannt. Mehrere Varianten sehen die
Anbindung Darmstadts vor, allerdings in unterschiedlicher
bzw. unzureichender Qualität.
Neben „Schleifenlösungen" gibt es auch die
sehr problematische Idee einer Führung des
gesamten Hochgeschwindigkeitsverkehrs
durch den Jugendstilbahnhof. Aus ökologischen
Gründen gibt es durchaus gute Gründe
für eine weitgehende Trassenbündelung mit
den Autobahnen. In Kombination damit gibt es
für die Anbindung Darmstadts gute und realistische
Ideen.
|
Linienkarte des Abschnittes Frankfurt/Main nach Mannheim mit verschiedenen Streckenvarianten. Karte: Pro Bahn und Bus |
|
Die Umwelt- und Verkehrsverbände BUND,
VCD und Pro Bahn & Bus bewerten die DB-Linienvarianten
in der vorgelegten Form als
nicht räum- und umweltverträglich. Sie fordern
deutliche Optimierungen, die die besondere
Schutzwürdigkeit des bereits von zahlreichen
Eingriffen beeinträchtigten südhessischen
Planungsraumes und die Lärmbelastung
der Bevölkerung ausreichend berücksichtigen.
Die AG der Naturschutzverbände gab ein externes
Gutachten zur Umweltverträglichkeit
Bahn lässt noch viele Fragen offen
in Auftrag, das deren Stellungnahme ergänzte.
Pro Bahn & Bus hat - in Zusammenarbeit
mit den VCD-Landesverbänden Hessen und
Baden-Württemberg - eine eigene Stellungnahme
zum Raumordnungsverfahren verfasst,
in der besonders auf die Erfordernisse einer
wirklich zukunftsgerechten Einbindung des
Darmstädter Hauptbahnhofes eingegangen
wird.
Pikant dabei ist besonders, dass die „Region
Starkenburg" sich zwar verbal stark für
möglichst viele ICE-Halte in Darmstadt „einsetzt",
kritische Fragen nach deren Zeitlage
und Verknüpfbarkeit mit dem bestehenden
Regionalzugangebot jedoch tunlichst aus dem
Wege geht. Offenbar möchte man nicht in die
Lage kommen, als ICE-Zubringer zusätzliche
Züge bestellen zu müssen ...
Da das Regierungspräsidium Darmstadt
noch zusätzlichen gutachterlichen Klärungsbedarf
sieht, wird sich dessen Empfehlung
voraussichtlich um mehrere Monate verzögern.
Diese Zeit wollen die Verbände nutzen,
um ihre Positionen weiter auszuarbeiten und
in der Region zu diskutieren.
Die Deutsche Bahn AG strebt eine Verkürzung
der Reisezeit Frankfurt - Stuttgart um
17 Minuten, von 70 auf 53 Minuten, an und
sieht in einer möglichst direkten Führung aller
Züge den Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg.
Von den insgesamt fünf Varianten zur
Anbindung Darmstadts kann sich die DB wäh end
eines Erörterungstermines im Rahmen
des Raumordnungsverfahrens daher nur für
die „Direttissima" ohne funktional nutzbare
Anbindung von Darmstadt erwärmen.
Sinnvoll wäre eine solche geradlinige Umfahrung
Darmstadts entlang der Autobahn in
der Tat - allerdings mit zusätzlichem Bau je
einer nördlichen und südlichen Verbindungsspange,
um Züge flexibel in den Darmstädter
Hauptbahnhof und wieder zurück leiten zu
können („Bypass-Lösung"). Aber auch, wenn
sich die Variante mit der Führung aller Züge
entlang des bestehenden Gleisfeldes durch
die Stadt durchsetzt, müsste sichergestellt werden,
dass je zwei Bahnsteigkanten pro Richtung
für den ICE in unmittelbarer räumlicher
Nähe zu den bestehenden Anlagen des
Hauptbahnhofes gebaut werden. Bisherige
Überlegungen der DB sehen aus Platz- und
Kostengründen einfach zu errichtende Bahnsteige
fern der bestehenden Anlagen vor -
und scheren sich überhaupt nicht um eine leistungsfähige
Verknüpfung der NBS mit dem
bestehenden Netz nördlich des Darmstädter
Hauptbahnhofes. Der ICE-Teil des Bahnhofs
müsste aber im Hinblick auf den Integralen
Taktfahrplan so gebaut werden, dass Korrespondenzen
ebenso möglich sind wie Halte
im Blockabstand. Und dafür werden eben dauerhaft
zwei Bahnsteigkanten pro Fahrtrichtung
benötigt.
Insgesamt wird die alleinige Führung durch
Darmstadt ohne Umfahrungsmöglichkeit entlang
der Autobahn jedoch kritisch betrachtet,
unter anderem auch deshalb, weil dann die
gesamte Lärmintensität durchfahrender ICE
und nächtlicher Güterzüge bebautes städtisches
Gebiet belasten würde.
Pro Bahn und Bus Hessen
|