Wer möchte das nicht: einfach auf und
davon!? Die Sorgen und den Ärger hinter
sich lassen. Doch oft fangen diese mit einer
Fahrradreise im Zug quer durch Europa
(noch nicht einmal um die Welt) erst an. Was
zu beachten ist, und welche Gefahren tariflicher
Natur lauern, wollen wir hier einmal
„anreißen”. Bedingt durch die Vielzahl unterschiedlichster
Regelungen kann nur ein
Teil erwähnt werden. Andernfalls sähe der
Autor sich gezwungen, der „Unendlichen
Geschichte” Konkurrenz zu machen.
Zunächst muss in drei Szenarien unterschieden
werden:
-
Von Deutschland ins Ausland,
-
Im Ausland grenzüberschreitend und
-
Im ausländischen Binnenverkehr (nicht
grenzüberschreitend).
Was alle gemein haben ist, dass jeder Reisende
alleine für sein Fahrrad verantwortlich
ist. Er muss sich rechtzeitig um Tickets und
Reservierungen kümmern,
bei Einfahrt des
Zuges schon an der richtigen Stelle am Bahnsteig
stehen, meist selbst be- und entladen
und sich um die Sicherung kümmern.
Bye-bye Deutschland
Für Fahrten in unsere unmittelbaren Nachbarländer
Belgien (SNCB), Dänemark (DSB),
Luxembourg (CFL), Niederlande (NS), Österreich
(ÖBB), Polen (PKP), Schweiz (SBB),
Tschechien (ČD) sowie weiter nach Italien
(TI), Kroatien (HŽ), Serbien (ŽS), Slowakei
(ZSSK), Slowenien (SŽ) und Ungarn (MÁV)
gibt es eine tarifliche Regelung, die den
Erwerb einer Internationalen Fahrradkarte
vorsieht. Sie kostet in Deutschland 10 Euro.
Kauft man sie im Ausland (beispielsweise für
die Rückfahrt), kann dies günstiger oder teurer
werden. Ein „normales“ Fahrrad oder ein
zusammenklappbarer Anhänger benötigt
jeweils eine Karte, Tandems, Dreiräder oder
Liegeräder benötigen zwei.
Die Geltungsdauer richtet sich nach der
Fahrkarte für den Reisenden. Auch mehrtägige
Unterbrechungen sind möglich, wenn
die Hauptfahrkarte dies zulässt. Problematisch
wird es bei Tageskarten oder Passangeboten,
die Rund- oder Kreuz-und-quer-Fahrten
zulassen. Hier braucht man gegebenenfalls
mehrere Fahrradkarten, da eine nur für
eine Strecke (verkehrsüblicher Weg) auf das
Ziel zulaufend gilt. In Deutschland gilt die Internationale
Fahrradkarte nicht nur für den
grenzüberschreitenden Zug, sondern auch
in allen DB-Zügen mit Fahrradmitnahme im
Vor- bzw. Nachlauf.
In Zügen nichtbundeseigener Eisenbahnen
(NE) gelten internationale Angebote
grundsätzlich nicht. Daher muss bei der
jeweiligen NE-Bahn eine gesonderte Fahrradkarte
erworben werden. Vergleichbare
Probleme kann es auch in den anderen Ländern
geben.
Für Fahrten nach Frankreich (SNCF) ist mit
Ausnahme des CityNightLine (CNL) keine Internationale
Fahrradkarte erforderlich. Für
den deutschen Streckenteil wird dafür eine
reguläre deutsche Fahrradkarte benötigt.
Wem das jetzt zu kompliziert wird, der hat
nach dem Kauf des Tickets das Nachsehen,
denn die Erstattung der internationalen
Fahrradkarte ist ausgeschlossen. Lediglich
ein Umtausch in eine neue ist vor dem ersten
Geltungstag noch möglich.
Von Kreuz nach Quer
Bei grenzüberschreitenden Reisen im Ausland
ist in der Regel auch eine internationale
Fahrradkarte erforderlich. Diese kann jedoch
nicht schon hier in Deutschland erworben
werden, da für die hiesigen Vertriebssysteme
der Start oder Zielbahnhof in Deutschland liegen
muss. Internationale Fahrradkarten, die
im Ausland gekauft werden, sind im Preis abweichend.
So kostet sie beispielsweise bei der
ÖBB 12 Euro. Von Ungarn aus wird preislich
differenziert zwischen Slowakei und Slowenien
für 5 Euro, andere Länder (Tschechien,
Deutschland) für 10 Euro. Regionale grenzüberschreitende
Kooperationen (EuRegio)
ermöglichen es, schon für 4 Euro von Ungarn
beispielsweise nach Österreich zu kommen.
Allgemein sollte man für den „kleinen Grenzverkehr“
auf spezielle regionale Angebote vor
Ort achten, die günstiger sein können, als der
„große internationale Tarif“.
Lokalpatrioten vor Ort
Innerhalb eines Landes gelten nicht die Tarifbestimmungen
des internationalen Tarifs
(SCIC), sondern die Binnentarife der jeweiligen
Bahngesellschafft. Das Ausstellen einer
internationalen Fahrradkarte ist hier nicht
erforderlich bzw. möglich. Der Reisende
muss sich vor Ort ein entsprechendes Ticket
für das Rad lösen. Die Preise können
hier von 3,50 Euro in Italien bis 10 Euro in
Österreich variieren. Auch sollte man nach
Ermäßigungen fragen. Die Schweizer Bahnen
bieten ihre „Velo-Tageskarte“ für Reisende
aus dem Ausland, die eine Fahrkarte
aus dem sogenannten Swiss-Travel-System
(STS) erworben haben, ermäßigt für nur 12
statt 18 Franken an. Länder wie Deutschland
und Österreich differenzieren zwischen Fer- nund
Nahverkehrszügen, wobei der Regio-Tarif im
Regelfall günstiger ist – Italien dagegen
ermöglicht ja bisweilen in Fernzügen
die entgeltfreie Mitnahme.
In einigen Ländern wie beispielsweise
den Niederlanden gibt es für die Nutzung
der Züge zeitliche Einschränkungen zu
Hochlastzeiten (Berufsverkehr). Für internationale
Reisen kann es davon aber auch
wiederum Ausnahmeregelungen geben.
Kann nicht, aber Müssen –
das Reservieren
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Foto: Wolfram Däumel |
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Ankunft des EC 100 aus der Schweiz in Bremen Hbf und des Berlin-Warszawa-Express in Berlin Ostbahnhof. Wer auf einer Bahnfahrt von Deutschland ins Ausland (und zurück) das Fahrrad mitnehmen will, benötigt eine Internationale Fahrradkarte. Foto: Wolfram Däumel |
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Im Regelfall sind in den Fernverkehrszügen
die Reservierungen Pflicht. Oft kann man
den Fahrradstellplatz als einzelne Reservierung
entgeltfrei tätigen, wenn man diese
gleichzeitig mit der Fahrradkarte erwirbt. Bei
manchen Bahngesellschaften/-betreibern
(zum Beispiel im EuroNight Amsterdam—
Berlin—Warschau) ist der Fahrradstellplatz
bisweilen an einen Sitzplatz gekoppelt, so
dass hier ein Reservierungsentgelt zwangsweise
anfällt. Einige Länder erheben auch
für das Rad eine Reservierungsgebühr, zum
Beispiel die Schweiz in Höhe von 5 Franken
in den ICN-Zügen. Auch gibt es Züge, insbesondere
im Nachtreiseverkehr, wo die Reservierung
des Stellplatzes ein Entgelt für die
Fahrradkarte beinhaltet. Als Beispiel seien
hier der EuroNight von Hamburg nach Wien
und der CityNightLine von Berlin nach Paris
genannt (Siehe auch unter Besonderheiten).
Schwierig wird die Reiseplanung und
Buchung durch die unterschiedlichen Vorausbuchungsfristen.
In Deutschland können
die Züge im Regelfall 3 Monate im Voraus
reserviert werden, CNL sogar bis zu 6 Monate.
Andere Länder haben für grenzüberschreitende
Züge und Binnenverkehre 2
Monate Vorbuchungsfrist. Züge innerhalb
Polens kann man sogar nur einen Monat
vorher reservieren. Die Reservierung von
Fahrradstellplätzen ist hier aber nur in ausgewählten
internationalen Zügen möglich.
Ebenso sieht es für Binnenreservierungen
beispielsweise in Rumänien, Ungarn oder
den BeNeLux-Staaten aus.
Aus technischen Gründen können in
Deutschland für folgende Züge keine Stellplatzreservierungen
gebucht werden:
-
in Tageszügen für die Rückfahrt nach
Deutschland aus Frankreich, Italien und
Tschechien,
-
für Binnenverkehrsverbindungen beispielsweise
in Frankreich, Finnland, Rumänien
und Ungarn (soweit erforderlich).
Hier ist ausschließlich der Kauf im Ausgangsland
möglich.
In Deutschlands ICEs ist eine Fahrradmitnahme
und Reservierung nicht möglich.
Fahrradfreundlicher sind da die Franzosen.
In den TGV sind Radreservierungen möglich,
jedoch nur bei Agenturen der SNCF
und nicht im DB-Reisezentrum. Beim Thalys
sowie im schwedischen X2000 können nur
verpackte Falträder zusammengeklappt als
„Handgepäck“ entgeltfrei mitgenommen
werden.
In den Eurostar-Zügen von/nach London
kann bei der Betreibergesellschaft für 30
Pfund eine nicht erstattbare Fahrradreservierung
erworben werden. Alternativ kann
auch hier das Farrad auf eine Maximalgröße
von 120×85 cm zerlegt und in einer Fahrradtasche für
10 bis 15 Pfund beim Eurostar-Gepäckservice
aufgegeben werden. Eine
Beförderung wird binnen 24 Stunden garantiert,
also nicht unbedingt für den Zug des
Reisenden, was problematisch wird, wenn
die Reise noch weiter gehen soll.
Die Besonderheiten –
eine kleine Auswahl
Eine Wissenschaft für sich ist der Nachtreiseverkehr.
Zum einen wegen der Reservierung,
denn nicht alle Richtungen lassen sich bei
verschiedenen Kurswagenläufen buchen.
So kann man im CNL 451 aus Paris nach München
Stellplätze reservieren, nach Berlin nur
sonnabends und sonntags und im Zugteil
nach Hamburg gar nicht. Ganz skurril ist der
EN 466 Budapest—Zürich: Hier kann ein
Fahrradstellplatz entgeltfrei von Budapest
bis Wien reserviert werden. Dort werden
Wagen gewechselt, und man kann von Wien
bis Zürich mit integrierter Fahrradkarte von
12 Euro reservieren. Eine durchgehende Reservierung
ist nicht möglich, und man muss
sein Fahrrad in Wien umladen.
Zum anderen muss gezielt auf die Bestimmungen
der einzelnen Züge wegen der
zum Teil in den Reservierungen enthaltenen
Entgelte für die Fahrradkarte geachtet
werden. Zunächst erhebt der Betreiber das
Entgelt für sich selbst. Beim EN 490 muss für
die Züge, die im Vor- und Nachlauf genutzt
werden, eine zusätzliche nationale Fahrradkarte
DB/ÖBB gelöst werden. Dagegen sind
beim CNL von/nach Paris die Anschlusszüge
in Deutschland in der gesonderten Fahrradkarte
bereits inklusiv.
In Italien werden die in Deutschland ausgestellten
internationalen Fahrradkarten
nur im grenzüberschreitenden Zug von/nach
Deutschland anerkannt. Für die Züge
in Italien muss dann vor Ort noch mal eine
separate Fahrradkarte gelöst werden. In gekennzeichneten
Regional- und Vorstadtzügen
kostet diese 3,50 Euro. In den internationalen
Fernzügen wird bei der Reservierung
der Globalpreisfahrkarte des Reisenden in
Italien das Fahrradentgelt (12 Euro) auch bei
Binnenverbindungen mit eingerechnet, wie
zum Beispiel Mailand—Verona ohne Rad:
21,50 Euro und mit Fahrrad 33,50 Euro. Bei
den regulären inneritalienischen Fernzügen
(IC) soll es laut Auskunft der Trenitalia
möglich sein, die Fahrräder verpackt und in
speziellen Fächern verstaut entgeltfrei mitzunehmen.
Das sei kapazitätsabhängig und
eine Reservierung sowie Mitnahmegarantie
gäbe es dafür nicht.
Ein paar Tips für entspanntes Reisen
Buchen Sie frühzeitig!
Auf vielen Strecken sind nur begrenzte Kapazitäten
für die Fahrradmitnahme vorhanden.
Insbesondere zu Ferienzeiten oder an
„verlängerten Wochenenden“ können diese
schnell ausreserviert sein. Beachten Sie die
unterschiedlichen Vorausbuchungsfristen
der Länder: 3, 2 oder 1 Monat(e) vor Reisebeginn.
Planen Sie großzügig!
Mit Fahrrad dauert alles etwas länger. Insbesondere
das Umsteigen hat es in sich. Oft
sind die Wege zum Fahrstuhl länger und Sie
benötigen mehr Zeit, um die richtige Position
des Fahrradwagens zu ermitteln. Ein Reisender
ohne Rad kann, wenn es knapp wird,
einfach in den Zug hopsen und sich dann
durch die Wagen kämpfend seinen Platz zu
suchen. Mit Rad geht das nicht. Geben Sie
bei der Verbindungssuche je nach Bahnhofsgröße
5 bis 15 Minuten mehr Aufenthaltszeit
vor. Auch wenn Sie in Eile sind, ist Schieben
angesagt! Das Radfahren im Bahnhof und
auf den Bahnsteigen ist grundsätzlich verboten
– das Unfallrisiko ist enorm!
Weniger ist mehr!
Das Gepäck muss meist abgeladen werden.
Verwenden Sie idealerweise kompakte Fahrradtaschen
mit „Aufbau“, die Sie als Ganzes
rauf- und runternehmen können. Das verschnüren
vieler Einzelteile kostet viel Zeit
und Geduld. Mehr als zwei oder drei einzelne
Gepäckstücke sollten es nicht sein.
Machen Sie es sich leicht!
Laden Sie die Verantwortung einfach ab. Die
DB bietet in Kooperation mit dem Hermes-
Versand einen Kuriergepäckservice von
Haustür zu Haustür auch nach Luxemburg,
Österreich, Schweiz und Italien an. Die Preise
fürs Rad als Sondergepäck variieren zwischen
25,50 und 53,50 Euro. (Normalgepäck
17,50 bis 44,50 Euro). Das Aufgeben und Abholen
am Bahnhof – und danach kümmert
sich die Bahn um die „Ein-/Um-/Ausladerei“,
wie zu früheren Reichs-/Bundesbahnzeiten –
gibt es nicht mehr.
Sicher ist sicher!
Nehmen Sie nicht nur ein kräftiges Fahrradschloss,
sondern auch ein oder zwei
Zurrbänder zum sicheren Befestigen Ihres
Fahrrades mit. Besonders praktisch sind die
Gummibänder mit den Haken an den Enden.
Ungesicherte Fahrräder können dank
der Fliehkraft schnell zu einer ernsthaften
Gefahr werden!
Angstschweiß –
dein ständiger Begleiter
Bei jedem Ausruf „Fahrkartenkontrolle“
steigt die innere Unruhe, ob alles korrekt
ist, ob nichts fehlt, nichts beanstandet
wird. Schaut man sich die unzähligen tariflichen
Möglichkeiten in Europa an, ist
das Fehlerpotenzial schier unerschöpflich.
Selbst versierte Fahrkartenverkäufer sind
da vor Fehlern nicht gefeit. Auch lässt
die Buchbarkeit in viele Länder zu wünschen
übrig. Je weiter weg es geht, desto
unwahrscheinlicher wird eine einfache
Buchung und Abwicklung der Reise. Mit
zunehmender Liberalisierung des Europäischen
Bahnmarktes und der Verschärfung
des Wettbewerbs wird das noch schwerer
werden.
Der Berliner Fahrgastverband IGEB fordert
deshalb ein Eingreifen der EU, um eine
Vereinheitlichung und Vereinfachung internationaler
Tarife sowie die Anerkennung
durch alle Eisenbahnverkehrsunternehmen
in ganz Europa durchzusetzen. (BfVst)
Berliner Fahrgastverband IGEB
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