1. Besteht die Finanzierungszusage des
Bundes noch, die Grunderneuerung des
Berliner S-Bahnnetzes nach dem Stand
von 1961 zu finanzieren? Und wenn ja:
- Für welche Projekte?
- In welcher Höhe
(spezifiziert nach Projekten)?
- In welchem Zeitraum
(spezifiziert nach Projekten)?
2. Für wann ist der Baubeginn für die
einzelnen Projekte geplant?
Antwort zu 1. und 2.: Die Finanzierungszusage
des Bundes zur Grunderneuerung des
Berliner S-Bahnnetzes besteht fort.
Mit der im Dezember 2002 abgeschlossenen
Finanzierungsvereinbarung „Sammelvereinbarung
Nr. 14/2002 Grunderneuerung
der S-Bahn Berlin" erklären der Bund und die
DB AG die Grunderneuerung der S-Bahn Berlin
fortzuführen. Ziel ist, das Netz der S-Bahn
Berlin zum Bezugszeitpunkt vom 12. August
1961 weitestgehend wiederherzustellen und
das zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung
von der Deutschen Reichsbahn betriebene
Netz zu sanieren und zu modernisieren.
Nach Auskunft der DB AG sind bis November
2002 insgesamt 92 km Strecke und mehr
als 40 Haltepunkte wieder hergestellt bzw.
grunderneuert worden sowie große Teile
des am 3. Oktober 1990 betriebenen Netzes
grunderneuert.
Nach aktueller Auskunft der DB AG werden
im Zeitraum 2003 bis 2007 gemäß Anpassungsvereinbarung
vom November 2004
zwischen Bund und der DB AG über die
Aktualisierung bestehender Finanzierungsvereinbarungen
die Mittel der Sammelvereinbarung
14 für die Grunderneuerung der
S-Bahn Berlin gegenüber dem ursprünglichen
Ansatz um rund 120 Millionen Euro,
von 672 Millionen Euro auf cirka 552 Millionen
Euro reduziert.
Nach Aussage der DB AG können damit
gleichwohl folgende wesentlichen Vorhaben
zur Ausführung kommen:
- S 7: Zoo—Westkreuz, einschließlich Verschiebung
Haltepunkt Charlottenburg
- Lückenschluß S 25 nach Teltow Stadt
- S4 Süd: Oberbauerneuerung (Tempelhof)—Hermannstraße—Neukölln
- Baubeginn Knoten Ostkreuz
- Baubeginn Warschauer Straße
- S9 Süd: Oberbauerneuerung (Treptower
Park)—Schöneweide—Grünau—Königs
Wusterhausen, einschließlich Bahnhofserneuerung
Adlershof
Zum Mitteleinsatz und der zeitlichen Einordnung
der Projekte hat die DB AG keine
Angaben übermittelt.
3. Welche Baumaßnahmen sind über
den Wiederaufbau der im Jahre 1961
bestehenden Strecken hinaus geplant
(z.B. Erschließung des Spandauer Nordens
durch eine Nutzung der Trasse der
Osthavelländischen Eisenbahn)?
Antwort zu 3.: Über die Grunderneuerung
der S-Bahn im Sinne der SV 14/2002
hinausgehende Maßnahme ist nach dem
Stadtentwicklungsplan Verkehr - StEP die
Verbindung vom Nordring zum Hauptbahnhof
Lehrter Bahnhof (S 21). Die Trasse der
Osthavelländischen Eisenbahn (OHE) wird
nach StEP nicht als S-Bahn aktiviert. Eine
Aktivierung dieser Trasse für den Eisenbahnregionalverkehr
ist allerdings nur sehr langfristig
denkbar und ist im StEP-Verkehr daher
für den Zeitraum bis 2030 nur als „Trassenfreihaltung"
enthalten.
4. Inwiefern wird bei der Planung von
Bau und Finanzierung eine Zusammenarbeit
mit dem Land Brandenburg angestrebt?
Antwort zu 4.: Aufgrund der Netzabhängigkeiten
ist die Zusammenarbeit zwischen den
Ländern Brandenburg und Berlin zwingend erforderlich.
Die Länder Brandenburg und Berlin
arbeiten länderübergreifend eng zusammen,
wenn es um die Entwicklung der Verkehrsnetze
in Berlin und im Umland geht. Insbesondere
arbeiten sie bei der Planung und Finanzierung
von Verkehrsbauten und bei der Planung und
Bestellung von SPNV-Leistungen
eng zusammen.
5. Welche Alternativen zu
einer Verlängerung des
Gleichstrombetriebes über
Spandau hinaus wurden
und werden geprüft (z.B.
Duo-S-Bahn)?
6. Inwiefern ist der Bund
bereit, auch ein drittes Regionalverkehrsgleis
zwischen
Spandau und Falkensee
für eine teilweise unter
Wechselstrom fahrende
Duo-S-Bahn bzw. einen
deutlich verdichteten Regionalverkehr
westlich von
Spandau zu finanzieren?
Antwort zu 5. und 6.: Im
Rahmen der vom Bund beauftragten
„Untersuchungen
zum Schienenpersonennahverkehr (SPNV)
im Korridor Spandau—Nauen, Berlin 2001"
wurde auch die Erweiterung des Regionalverkehrskonzeptes
in Verbindung mit einem
dritten Nahverkehrsgleis Spandau—Falkensee
geprüft. Unter den vom Bund und der DB
AG vorgegebenen Randbedingungen wurde
als Ergebnis ein negativer Gesamtnutzen für
diese Infrastrukturmaßnahme ermittelt. Der
Bund sieht daher keinen Handlungsbedarf für
ein drittes wechselstrombetriebenes Gleis.
Berlin und Brandenburg befürworten die
Verlängerung der S-Bahn über Spandau hinaus
nach Falkensee als reine Gleichstrom-Bahn,
da nur unter diesen Bedingungen ein
stabiler, von Fern- und Regionalverkehr unabhängiger
Fahrplantakt garantiert werden
kann. Als Voraussetzung für die Finanzierung
im Rahmen der Grundsanierung fordert
der Bund für diese Gleichstrom-S-Bahn den
Nachweis der Wirtschaftlichkeit. Die Länder
Berlin und Brandenburg haben im Einvernehmen
mit dem Bund mit der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung
für die Verlängerung
der Gleichstrom-S-Bahn von Spandau nach
Falkensee begonnen.
7. Wie beurteilt der Senat den Vorschlag,
ab Eröffnung des Nord-Süd-Tunnels bis
zur Wiederinbetriebnahme der herzustellenden
S-Bahn nach Falkensee - die
RB 10 in engerem Takt als bisher durch
den Nord-Süd-Tunnel bis Schönefeld
- und den RE 2 weiterhin über Falkensee
und Spandau über die Stadtbahn zu
führen?
Antwort zu 7.: Bei Eröffnung des Nord-Süd-Tunnels
ist die Anbindung des Bahnhofs
Flughafen Schönefeld durch den Tunnel
wegen fehlender Infrastruktur noch nicht
möglich: Die Dresdner Bahn sowie die Mahlower
Kurve stehen im Jahre 2006 für die
Anbindung des Flughafens Schönefeld noch
nicht zur Verfügung. Eine Führung über die
Anhalter Bahn scheidet ebenfalls aus, weil
die Verbindungskurve Anhalter Bahn/Berliner
Außenring nicht über die erforderliche
Kapazität verfügt, um die Regionalbahn im
30-Minuten-Takt neben den geplanten Fernverkehrsangeboten
zu bewältigen.
Außerdem müssen die Linienführungen
des schienengebundenen Regionalverkehrs
wegen der Inbetriebnahme des Eisenbahn-Nord-Süd-Tunnels
ab Mai 2006 angepaßt
werden. Unter anderem stehen dann die Linien
RE 4 und RE 5 wegen einer veränderten
Linienführung nicht mehr für die Flughafenanbindung
zur Verfügung. Es werden daher
zusätzliche Regionalverkehrsleistungen für
die Anbindung der Berliner Innenstadt an
den Flughafen Schönefeld über die Stadtbahn
erforderlich.
Diese müßten aus Sicht des Landes Berlin
durch Abbestellungen von anderen Regionalverkehrsleistungen
kompensiert werden.
Der Senat hat vorgesehen, dafür u.a. die
RB 10 von Charlottenburg nach Spandau
zurückzuziehen. Auch künftig wird eine RE-Linie,
über Nauen geführt, in Falkensee und
Spandau halten. Diese RE-Linie wird über
den Nord-Süd-Tunnel nach Süden ins Land
Brandenburg geführt. Das konkrete Linienkonzept
2006 (nach Tunnelöffnung) befindet
sich derzeit in Abstimmung mit dem Land
Brandenburg. Nur unter diesen Randbedingungen
kann Berlin ab Mitte 2006 ein attraktives
und nachfragegerechtes Regionalbahnangebot
bestellen und finanzieren.
Berlin, den 5. Januar 2005
Staatssekretärin Maria Krautzberger
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
[IGEB] Es ist immer wieder erstaunlich, daß
wichtige Informationen vom Senat so lange
vorenthalten werden, bis zum Beispiel eine
Kleine Anfrage zur Offenlegung zwingt. Dies
gilt bei den vorstehenden Antworten insbesondere
für die Information, daß „nach aktueller
Auskunft der DB AG ... im Zeitraum
2003 bis 2007 gemäß Anpassungsvereinbarung
vom November 2004 zwischen Bund
und der DB AG ... die
Mittel ... für die Grunderneuerung
der S-Bahn Berlin
gegenüber dem ursprünglichen
Ansatz um rund 120
Millionen Euro, von 672
Millionen Euro auf cirka
552 Millionen Euro reduziert"
wurden. Ungeheuerlich!
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Und was hat der Berliner
Senat dagegen getan? Hat
sich die DB AG gewehrt?
Zugegeben: Geändert
hätte sich im konkreten
Fall wahrscheinlich wenig.
Aber der Bund hätte im
Hinblick auf künftige Auseinandersetzungen
wenigstens spüren müssen, daß
Berliner Senat und DB AG
nicht jede Unverschämtheit
lammfromm abnicken.
Daß der Berliner Senat auch anders kann,
hat er bei den Auseinandersetzungen um
die Verbreiterung der Marienfelder Allee gezeigt,
für die in kürzester Zeit Planungsrecht
geschaffen und eine Finanzierung durch den
Bund erkämpft wurde. Doch wenn es um
den Schienenverkehr geht, bleiben Politik
und Verwaltung passiv.
So bleibt dem frustrierten Fahrgast derzeit
nur die Hoffnung, daß die aktuelle Feinstaubdebatte
den Blick für die Schädlichkeit
des Autoverkehrs und die Notwendigkeit von
attraktivem Schienenverkehr bei den Verantwortlichen
zumindest ein wenig schärft. Claudia Hämmerling (Bündnis 90/Die Grünen),
Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin
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